Das Triumvirat der Expokraten – Teil zwei Eine Kolumne von Falk-Ingo Klee

2. Mai 2020

(Der ehemalige ATLAN- und Taschenbuchautor Falk-Ingo Klee erinnert in dieser Kolumne an die verschiedenen Exposéautoren, die er während seiner Zeit als ATLAN-Autor kennengelernt hat. Wegen ihrer Länge erscheint die Kolumne in drei Teilen: gestern Teil eins, heute Teil zwei und morgen Teil drei.)

Die echte Handarbeit beim Schreiben schlug sich auch in den damaligen Romanen nieder. »Das Dröhnen der auf Volllast laufenden Meiler erfüllte das Schiff, die Schotte schlugen knallend zu, überlastet heulten die Andruckabsorber auf ...« Ja, bei solchen Beschreibungen kommt sicherlich bei dem einen oder anderen frühen Fan ein wohliges nostalgisches Gefühl auf.

Aber zurück zum Thema!

Ich lernte Marianne Sydow bei der Autorenkonferenz 1980 in München kennen. Es ging dort darum, wie die ATLAN-Serie ab Band 500 konzipiert werden sollte. Ich war als angehender ATLAN-Autor erstmals eingeladen, an einer solchen Veranstaltung teilzunehmen (siehe dazu auch meine Kolumne »Erinnerung an William Voltz«).

Die sympathische Berlinerin und ich waren fast gleichaltrig, aber Marianne hatte mir einiges voraus. Sie hatte bereits etliche Exposés für die ATLAN-Serie verfasst und war die erste und einzige Frau, die Romane über die Abenteuer des Arkoniden schrieb. Und sie war auch die erste und seinerzeit einzige weibliche Autorin, die für die PERRY RHODAN-Serie tätig war.

Mein erstes Exposé für Band 526 – »Stadt der Außenseiter« – war gleich eine Herausforderung. Es ging durch einen Sumpf, und nur einheimische Führer wussten, welcher Weg sicher war, weil sie die entsprechenden, dafür typischen Pflanzen kannten.

Ich hatte mir die Mühe gemacht, Vertreter dieser Flora hier auf Erden in meiner privaten Bibliothek zu suchen und ihre typischen Charakteristika herauszuarbeiten. Das gelang mir auch, fand sich aber so im Roman nicht wieder (siehe dazu meine Kolumne »Da war die Zeigerpflanze weg«).

Peter Griese, der dann als Exposéautor folgte, legte einen anderen Stil an den Tag. Hatte Marianne es bei ihren Vorgaben eher gemächlicher angehen lassen, also Schritt und Trab bevorzugt, gab Peter dem Exposégaul auch schon mal die Sporen und war gerne im Galopp unterwegs. Mir kam das entgegen, denn William Voltz hatte mir mal gesagt, dass mein Stil auf Action getrimmt sei.

Ins Exposé von Band 542 mit dem Titel »Die Ebenbilder« hatte Peter eine Figur geschrieben, die bisher noch nie aufgetaucht war und weder äußerlich noch charakterlich zum Helden taugte: den Wissenschaftler Hage Nockemann. Ich hielt ihn für eine Eintagsfliege, die in den nächsten Romanen wieder aus der Serie verschwinden würde.

Aber das Thema, das Peter angerissen hatte, lag mir sehr und forderte den Bio-Spezialisten in mir. Da ich allerdings nicht nur einfach Fiction schreiben wollte, sondern auch Science, musste ich diverse biologische Fakten so verständlich wie möglich darstellen. Damit daraus nicht ein langweiliger Bio-Vortrag wurde, sollte die Sache unterhaltsam verpackt werden. Und so erfand ich einen Roboter namens Blödel.

Das Gespann Nockemann/Blödel gefiel anscheinend nicht nur Peter Griese, sondern – und das war viel wichtiger – begeisterte auch die Fans der ATLAN-Serie. Das Scientologen-Team wurde zum Dauerbrenner und erlebte dabei sogar Abenteuer, die Spezialisten der USO zur Ehre gereicht hätten.

Peter Griese hatte Nockemann als unscheinbaren, eher schrulligen Wissenschaftler skizziert, der nur für seine Arbeit lebte und den sonstigen Freuden des Lebens abhold war. So beschrieb ich ihn auch immer. Nun ist es so, dass man eine Figur, die ein anderer Autor eingeführt hat, erst einmal mit spitzen Fingern anfasst, sie nur erwähnt oder sein Äußeres schildert. Charaktereigenschaften werden nicht beschrieben und dazu erfunden, denn damit kann man eigentlich nur etwas falsch machen. Und dann gibt es Schelte vom Exposéautor und/oder Lektor.

Da Nockemann im Laufe der Zeit quasi zum Inventar der Serie gehörte, kam kein Autorenkollege drum herum, sich mit ihm zu befassen. Dabei hatten etliche sichtlichen Spaß daran, Seiten an dem Wissenschaftler zu beschreiben und sogar zu entwickeln, die so weder vorgesehen waren noch erwähnt wurden. Jedenfalls gab es Romane, in denen Nockemann begeistert Wein, Weib und Gesang frönte. Im nächsten Band von mir rückte ich das wieder zurecht und schilderte ihn als Mann, der daran kein Interesse hatte.

Atlan 526: Stadt der Außenseiter
Klee, Falk-Ingo
PERRY RHODAN DIGITAL
ISBN/EAN: 9783845344003
1,49 €
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