Warte bis zum Frühling, Bandini (kartoniertes Buch)

ISBN/EAN: 9783442541966
Sprache: Deutsch
Umfang: 224 S., 1 s/w Illustr.
Einband: kartoniertes Buch
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Die Weihnachtszeit in Rocklin, Colorado, gerät bei den Bandinis, italienischen Einwanderern in ärmlichen Verhältnissen, zur großen Krise. Svevo, der Vater des jungen Arturo Bandini, verliebt sich in die reiche Witwe Hildegarde, und seine Frau kratzt ihm aus Eifersucht beinahe die Augen aus. Und auch der vierzehnjährige Arturo wandelt auf Freiersfüßen. Doch die schöne Rosa, die er anbetet, will von ihm nichts wissen.
Nun, da ich ein alter Mann bin, verliere ich die Spur von Warte bis zum Frühling, Bandini im Dunkel der Vergangenheit. Zuweilen erscheint, wenn ich nachts wach liege, vor meinem geistigen Auge die eine oder andere Figur, diese oder jene Szene; dann versuche ich im Halbschlaf, sie in Sätze zu fassen, eine melodische Erinnerung zu zeichnen von jenem alten Schlafzimmer in Colorado, von meiner Mutter, meinem Vater, meinen Brüdern und meiner Schwester. Diese Wachträume sind mir kostbar. Dass aber die Lektüre dieses Buchs, das ich vor so langer Zeit geschrieben habe, eine ähnlich wohltuende Wirkung auf mich haben könnte, kann ich mir nicht vorstellen. Ich bringe es nicht über mich, zurückzuschauen und diesen meinen ersten Roman aufzuschlagen und mich ihm auszusetzen. Dieses Buch werde ich bestimmt nie wieder lesen. Aber eines weiß ich gewiss: Dass alle Personen meines Schriftstellerlebens, alle meine Figuren hier schon vorhanden sind. Von mir selbst dagegen ist nichts mehr da - bis auf die Erinnerung an alte Schlafzimmer und an das Geräusch der Pantoffeln meiner Mutter auf dem Küchenboden. John Fante Er stapfte durch den tiefen Schnee, und jeder Schritt war ein Tritt gegen den verhassten Schnee. Sein Name war Svevo Bandini. Er wohnte drei Blocks weiter die Straße runter, und er fror und hatte Löcher in den Schuhen, die er mit Stücken von einer Makkaronischachtel verstopft hatte. Die Makkaroni aus jener Schachtel waren noch nicht bezahlt. Daran hatte er denken müssen, als er den Karton in seine Schuhe stopfte. Bandini hasste Schnee. Er war Maurer. Bei Schnee gefror der Mörtel zwischen den Backsteinen. Bandini war auf dem Heimweg. Er hatte den Schnee schon gehasst, als er ein kleiner Junge war und in den Abruzzen lebte. Keine Sonne, keine Arbeit. Jetzt lebte er in Amerika, in Rocklin, Colorado, und war auf dem Heimweg von der Imperial-Billardhalle. Auch in Italien gab es Berge, genau solche wie die schneebedeckten Gipfel westlich von Rocklin, die aussahen wie riesige weiße Frauenröcke. Als junger Mann hatte Bandini einmal eine ganze Woche lang Hunger gelitten in den Falten eines solchen weißen Rockes. Das war vor zwanzig Jahren gewesen, als er in einer Berghütte einen Kamin mauern sollte. Im Winter war es gefährlich dort oben, aber damals war ihm das egal gewesen, denn er war zwanzig, und er hatte ein Mädchen in Rocklin, und er brauchte Geld. Aber dann war das Hüttendach unter dem Gewicht des Schnees eingestürzt. Nichts als Arger hatte er mit dem Schnee. Es war ihm unbegreiflich, dass er nie nach Kalifornien gezogen, sondern im Tiefschnee von Colorado stecken geblieben war. Jetzt war es zu spät. Der schöne weiße Schnee war wie die schöne weiße Frau von Svevo Bandini, die so weiß und fruchtbar in einem weißen Bett lag, das in einem Haus ein paar Häuser weiter stand. 456 Walnut Street, Rocklin, Colorado. Svevo Bandini tränten in der Kälte die Augen. Sie waren braun und sanft, die Augen einer Frau. Diese Augen hatte er seiner Mutter bei der Geburt gestohlen; sie war vom Tag der Niederkunft an kränklich geblieben, hatte immer einen kränklichen Blick gehabt und war schließlich gestorben. Svevo aber hatte die sanften braunen Augen behalten. Svevo Bandini wog hundertfünfzig Pfund. Sein Sohn Arturo legte ihm gern die Hand auf die runde Schulter, um die Muskeln unter der Haut zu spüren. Svevo Bandini war ein stattlicher, muskulöser Mann. Seine Frau Maria brauchte an die Kraft seiner Lenden nur zu denken, um dahinzuschmelzen wie der Schnee im Frühling. Dio cane, Dio cane! Wieso hatte er sich an jenem Abend im Imperial zehn Dollar beim Poker abknöpfen lassen? Svevo war arm und Vater von drei Kindern, und die Makkaroni waren nicht bezahlt, genauso wenig wie das Haus, in dem die drei Kinder und die Makkaroni untergebracht waren. Dio cane. Svevo Bandinis Frau sagte nie: Gib mir Geld, damit ich Essen für die Kinder kaufen kann. Aber sie hatte große, dunkle Augen, und mit diesen Augen konnte sie ihn durchleuchten, ihm in den Mund schauen,