Ein Vierteljahrhundert nach dem Gastroman – Teil eins Andreas Eschbach in einem Interview

4. Dezember 2023

Im Rahmen des PERRY RHODAN-Reports, der vierwöchentlichen Beilage zur PERRY RHODAN-Serie, erschien ein Interview mit Andreas Eschbach. (In Band 3240, »Ewig lebe der Ganjo!« von Robert Corvus.) Die Fragen stellte Olaf Brill.

Es ging um den ersten Gastroman zur Serie, der 1998 veröffentlicht worden war. Dieses Interview dokumentieren wir auch an dieser Stelle. Wegen des erhöhten Umfangs bringen wir es in drei Teilen.

 

Olaf Brill: Das Heft mit diesem PERRY RHODAN-Report erscheint am 22. September 2023 – auf den Tag genau 25 Jahre nach »Der Gesang der Stille«. Fünfundzwanzig Jahre, ist das zu glauben?

Andreas Eschbach: Das ist echt schwer zu glauben, denn es kommt mir vor, als sei das erst gestern gewesen. Oder vielleicht vorgestern. Und das, obwohl ich gar keinen Zellaktivator habe …

 

Brill: Als damals dein Gastroman erschien, hattest du erst wenige Jahre zuvor mit den Romanen »Die Haarteppichknüpfer« und »Solarstation« Furore gemacht und die wichtigsten deutschen Science-Fiction-Preise gewonnen. Neu im Handel war gerade »Das Jesus-Video«, mit dem du später ebenfalls den Kurd-Laßwitz-Preis und den Deutschen Science-Fiction-Preis gewinnen solltest – und da folgten ja noch viele weitere. Da hatte sich die PERRY RHODAN-Redaktion also einen veritablen Bestsellerautor geangelt. Aber ich glaube, man musste dich zu deinem Gastspiel nicht lange überreden, oder?

Eschbach: Na, bekanntlich ist sehr die Frage, wer da wen überredet hat … aber wie es dazu kam, das habe ich ja schon des öfteren erzählt. Auch schon vor (schluck!) 25 Jahren …

Auf jeden Fall war es schon ein unvergesslicher Moment, als Klaus Frick auf dem Dortmunder Con auf mich zukam und mich fragte, ob mir der Name »Perry Rhodan« was sage? Ich habe, glaube ich, »ja, klar« gesagt, aber gemeint habe ich: Perry Rhodan? Hallo? Das war der Soundtrack meiner Jugend! Ich hab nicht nur an die tausend Hefte gelesen, ich hab diese Geschichten gelebt, geatmet, davon geträumt! Perry Rhodan ist schuld, dass ich Luft- und Raumfahrttechnik studiert habe! Und, noch wichtiger: Perry Rhodan hat mich dazu gebracht, mit dem Schreiben anzufangen!

Langer Rede kurzer Sinn: Stimmt, ich war leicht zu überreden.

 

Brill: Jeder von uns hat seine Geschichte, wie er zum ersten Mal ein PERRY RHODAN-Heft in den Händen gehalten hat. Wie ist deine Geschichte, und wann war das?

Eschbach: Ich war elf Jahre alt, relativ neu im Gymnasium, noch in der Phase, in der man neue Freunde findet. Nicht so einfach, wenn man Leute sucht, mit denen man über Raumfahrt und Astronomie und die Zukunft im Allgemeinen reden will, aber ein paar fanden sich dann doch, und einer davon, Max, drückte mir eines Tages ein ziemlich zerlesenes Heft in die Hand, mit einem wilden Titelbild und dem Titel »Mutanten im Einsatz« – Perry Rhodan Band 11. Und wow, war das ein Trip!

Ich war damals gerade dabei, mich durch die Karl-May-Sammlung der Schulbibliothek zu lesen, aber als ich kapiert hatte, dass es von diesen Weltraumabenteuern noch jede Menge Fortsetzungen gab, war Karl May abgemeldet. Anschleichen an Lagerfeuer kann einfach nicht mithalten mit Teleportersprüngen, und wen interessieren wilde Ritte über die Prärie, wenn er durch den Hyperraum springen kann?

 

Brill: Cool, das war bei mir ganz ähnlich: Ein Nachbarsjunge, Peter, drückte mir zwei PERRY RHODAN-Hefte mit faszinierenden Titelbildern in die Hand, irgendwelche weit auseinanderliegenden Nummern mittendrin in der Serie. Erst später habe ich zusammenhängende Hefte und ganze Zyklen gelesen. Welches waren die Hefte und Zyklen, die dich geprägt haben?

Eschbach: Der erste Zyklus, den ich sozusagen »live miterlebt« habe, war der »Cappin«-Zyklus, und zwar die zweite Hälfte, die in Gruelfin spielt. Unvergesslich geblieben ist mir insbesondere der Band »Die Clique der Verräter« von William Voltz.

Parallel dazu habe ich aber die alten Hefte »aufgearbeitet«, massenhaft, an manchen verregneten Ferientagen bis zu zehn Hefte am Stück, und es hatte seinen eigenen Reiz, sich auf diese Weise sozusagen die Vorgeschichte zusammenzupuzzeln. Und natürlich hatten auch die Schreckwürmer, die Meister der Insel und die Okefenokees ihre Momente. Von den Romanen unter 100 erinnere ich mich gern an »Im Zeit-Gefängnis« und an die vier Siedler-Romane von Kurt Mahr.

Aber der richtige Hammer wurden dann die Zyklen von 600 bis 999. Die sind in meiner Erinnerung immer noch der Höhepunkt der Serie, und Romane wie »Gehirn in Fesseln« (Hans Kneifel) oder »Der Zeitlose« (wieder von Voltz) stechen noch einmal heraus.

Dann war ich aber schon im Studium, und die ersten Hefte nach 1000 fielen so drastisch ab, dass ich mitten in einem davon aufgehört habe zu lesen. Ich habe mein Studium also größtenteils ohne PERRY RHODAN verbracht – kein Wunder, dass nichts draus geworden ist …

 

Brill: Wann bist du dann wieder in die aktuelle Hauptserie eingestiegen?

Eschbach: Es war gegen Ende des »Linguiden«-Zyklus, dass mir in einem Kiosk mal wieder ein Heft begegnet ist. Ich hab’s gekauft, gelesen – und zack, war die alte Faszination wieder da. Von da an habe ich dann wieder mitgelesen, nicht ganz regelmäßig, aber genug, um auf dem Laufenden zu sein.

Aus heutiger Sicht muss ich sagen, dass Zyklen wie »Das Atopische Tribunal« und vor allem »Die Jenzeitigen Lande« mit den Zyklen ab 600 nicht nur ohne weiteres mithalten können, sondern sie sogar noch übertreffen. Aber man erlebt das natürlich anders, solange man jung und beeindruckbar ist.

 

 

Perry Rhodan 1935: Der Gesang der Stille
Eschbach, Andreas
PERRY RHODAN DIGITAL
ISBN/EAN: 9783845319346
1,99 €
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Perry Rhodan 3240: Ewig lebe der Ganjo!
Robert Corvus
PERRY RHODAN DIGITAL
ISBN/EAN: 9783845362403
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