Seit einem Vierteljahrhundert ist er Teamautor Eine Kolumne über Uwe Anton zu seinem Serienjubiläum

29. Dezember 2023

Im Rahmen des PERRY RHODAN-Reports, der vierwöchentlichen Beilage zur PERRY RHODAN-Serie, erschien eine Kolumne über Uwe Anton, der seit 25 Jahren zum Autorenteam gehört. (In Band 3420, »Ewig lebe der Ganjo!« von Robert Corvus.) Verfasst wurde sie von Dietmar Schmidt und Olaf Brill.

 

Der Übersetzer und Autor

Als Uwe Anton 1998 in die PERRY RHODAN-Hauptserie einstieg, kam nicht nur ein bereits renommierter Autor an Bord, sondern auch einer, der zu einem der beliebtesten und wichtigsten PERRY RHODAN-Autoren werden sollte.

Wer in den achtzigerj Jahren Science Fiction oder Comics las, achtete oft gar nicht auf die Übersetzer, die irgendwo im Kleingedruckten aufgeführt waren. Wer aber »Die Rückkehr des Dunklen Ritters« gelesen hatte, Frank Millers dystopische Graphic Novel über Batman, dem hatte sich die deutsche Version ins Gedächtnis gebrannt. Die Übersetzung stammte von Uwe Anton.

Auf dem ColoniaCon 1985 trug er vor, was man als hoffnungsfroher Jungautor beachten sollte, wenn man ein Werk bei einem Verlag unterbringen wollte. Er wusste, wovon er sprach: Unter seinem bürgerlichen Namen waren nicht nur Übersetzungen, sondern auch Kurzgeschichten erschienen, und zusammen mit Thomas Ziegler hatte er zwei Romane bei Heyne veröffentlicht: »Zeit der Stasis« (1979) und »Erdstadt« (1985).

Das war aber nur die Spitze des Eisbergs. Uwe Anton war weitaus aktiver. Seit den Siebzigerjahren hatte er unter zahlreichen Pseudonymen Heftromane veröffentlicht, meist in den Genres Science Fiction und Horror. Zu seinen häufigsten Decknamen gehörten L. D. Palmer und Henry Quinn, um nur zwei zu nennen.

Uwe Antons Science Fiction bietet oft eine humanistische Sicht auf die Ereignisse. Nicht Roboter und Raumschiffe stehen im Vordergrund; geht es um sie, ist ihm die Frage wichtiger, welche Auswirkungen ihre Existenz auf den Menschen (oder Außerirdischen) und sein Leben hat.

In seinem Schaffen beschränkte er sich nicht auf die Fiktion, sondern veröffentlichte auch Sachtexte: Artikel, Rezensionen und Essays, vieles davon in der »Science Fiction Times« (SFT). Ein frühes Highlight war sicherlich ein Interview, das er (zusammen mit Werner Fuchs) 1979 mit keinem Geringeren als Philip K. Dick (1928 bis 1982) führen durfte.

Dick war und bleibt eine große Leidenschaft Uwe Antons; seine Sachkenntnis schlug sich in drei Büchern über den Schriftsteller nieder. Die Relativität der Wirklichkeit, eines von Dicks zentralen Themen, ist ein weiteres wichtiges Motiv in Uwe Antons belletristischem Werk. Bei seinem Pseudonym L. D. Palmer handelt es sich um eine Hommage an Dicks Roman »The Three Stigmata of Palmer Eldritch«.

In der zweiten Hälfte der achtziger Jahre wurde es schwerer, als SF-Autor zu überleben. Der Phantastik-Boom ging zu Ende, was deutsche Autoren als Erste spürten. Uwe Anton verlegte sich mehr aufs Übersetzen, und erst in den neunziger Jahren widmete er sich wieder mehr dem eigenen Schreiben. 1995 erschienen ein Roman zu »Stargate« und sein erstes PERRY-RHODAN-Taschenbuch »Eisige Zukunft«, dem bis 1998 drei weitere folgten.

 

Der PERRY RHODAN-Autor

1998 war auch das Jahr, in dem Uwe Anton in die PERRY RHODAN-Hauptserie einstieg. Sein erster Roman war Band 1922 und trug den Titel »Die Solmothen«.

Und wie reagierten die PERRY RHODAN-Leser des Jahres 1998 auf »den Neuen«? Waren sie irritiert, da Uwe Anton immerhin jahrelang für die SFT geschrieben hatte, die sich mit ideologischer Kritik an PERRY RHODAN nie zurückgehalten hatte? Oder urteilten sie gnädig über den bekannten Autor, Übersetzer, Comic- und SF-Fachmann, der schon vier PR-Taschenbücher geschrieben hatte und sich gerne unter die Fans mischte?

Die ersten Leserreaktionen zu »Die Solmoten« erschienen auf der LKS von Band 1934: »Spitze« – »Hervorragend« – »Ein gelungener Einstand«. Und auf der LKS von PR 1937 (Uwe Antons zweitem Roman für die Hauptserie) schwärmt ein Leser: »Der schreibt ja wie ein alter Hase. Und ungewöhnlich einfühlsam. Toll, nur so weiter, Uwe!« Aber auch kritische Stimmen meldeten sich zum etwas blutrünstigen Inhalt des Einstiegsbands (LKS von PR 1943): »Ist dieser neue Autor Uwe Anton denn von allen guten Geistern verlassen? Solch einen Horror-Autor kann die Serie nicht gebrauchen!«

In Wahrheit liebten die Leser die PERRY RHODAN-Romane von Uwe Anton – auch wenn er gelegentlich für Aufreger sorgte. In den folgenden Jahren verfasste er viele unvergessliche Beiträge zur Serie, darunter den Zyklusabschlussband 1999 »Der Puls«, den »Fußballroman« 2020 »Die Lichtgestalt« und den Einstiegsband in die Taschenbuchserie PERRY RHODAN-Andromeda, »Die brennenden Schiffe«.

Im Finale des »Negasphäre«-Zyklus schildert er, wie Rhodan seine Ritteraura verliert, der Preis dafür, dass er im Kampf gegen KOLTOROC den Sieg davonträgt (PR 2498/99). Im »Genesis«-Zyklus zeigte sich Uwe Anton als Meister der Action, vor allem mit »Die Nacht der 1000« (PR 2922, genau tausend Bände nach seinem Einstieg) und dem Doppelband um den Angriff auf Quinto-Center: »Tötet Monkey!« und »Monkey im Zwischenreich« (PR 2932/33).

25 Jahre nach seinem Einstieg in die Hauptserie gehört Uwe Anton zu den produktivsten PR-Autoren. Er hat mehr PERRY RHODAN-Romane geschrieben als etwa K. H. Scheer, Peter Griese oder Peter Terrid, schrieb die Exposés für vier ATLAN- und zwei PERRY RHODAN-Miniserien, und zwischendurch wurde er sogar zum Chefautor der Hauptserie berufen.

Als Robert Feldhoff erkrankte, übernahm Uwe Anton im Jahr 2009 die Exposéleitung der PERRY RHODAN-Serie, zuerst vertretungsweise, nach Feldhoffs Tod als offizieller Chefautor. Das Fragment des letzten Manuskripts, das Feldhoff hinterlassen hatte, führte Uwe Anton zu Ende. Es erschien als PR 2538 »Aufbruch der LEUCHTKRAFT«, einem »kosmischen« Roman um Alaska Saedelaere und die Kosmokratenbeauftragte Samburi Yura.

Unter Uwe Antons Ägide entstanden die Zyklen »Stardust« und »Neuroversum«. In Erinnerung geblieben sind sicherlich die Romane um die Frequenz-Monarchie und die »Origin Story« (um einen Begriff aus der Welt der Comics zu verwenden) von Sichu Dorksteiger. Die Bände um das Mahnende Schauspiel und das Reich der Harmonie verbreiteten wahrhaft Voltz’sche Atmosphäre.

Als er einmal gefragt wurde, ob er keine Angst vor dem »Fluch der Expokraten« habe, demnach die Exposéautoren von PERRY RHODAN früh versterben, antwortete er trocken, er sei ja eigentlich über das »kritische Alter« schon hinweg.

Dennoch sah er sich nicht als ewiger Exposéautor. Aus eigenem Entschluss gab er mit Band 2700 den Staffelstab an seine Nachfolger weiter, um das zu tun, was er am liebsten macht und was die Fans sich am meisten von ihm wünschen: mehr Romane schreiben!