Rote Fäden & Schlussbilder Ein Werkstattbericht von Wim Vandemaan zur Zyklenplanung

8. Juli 2020

Im Galaktischen Forum und anderswo wird immer wieder einmal die Frage nach dem Roten Faden eines Zyklus gestellt. Dazu habe ich etwas geschrieben, was ich in leicht veränderter Form allgemein vorstellen möchte.

Die PERRY RHODAN-Zyklen sind ja immer größere Erzähleinheiten. Sie stapeln nicht einfach Roman auf Roman, sondern versuchen, eine größere Handlung voranzutreiben. Und wie jede Einheit haben sie einen Ausgangspunkt und ein Ziel.

Wenngleich wir auf dem Weg zum Ziel manchmal von den ursprünglichen Etappen abweichen (manchmal überrascht uns der Zyklus ja selbst), gibt es doch immer eine Zielvereinbarung, meist sogar ein von Anfang an ausgemaltes Schlussbild.

Dann müssen Ausgangspunkt, Weg, Ziel und Schlussbild nur noch zusammengebracht werden. Eigentlich einfach.

Seufz.

Wenn da nicht unsere Damen und Herren Autoren wären. Leserinnen und Leser, die uns auf Lücken und auf Möglichkeiten aufmerksam machen. Und, auch das: unsere Charaktere, die manchmal ein bedenkliches Eigenleben entwickeln.

Aber das war ja immer so. Als ich das erste Mal das Exposé für den PERRY RHODAN-Heftroman 50, »Der Einsame der Zeit« las, das K. H. Scheer für K. H. Scheer geschrieben hatte, war ich etwas verblüfft: Atlan hat keinen Extrasinn. Der muss sich wohl erst beim Romanschreiben gemeldet haben.

Tatsächlich haben wir für die Zyklen meist klare Grundideen, und wir haben ein oder zwei Schlussbilder vor Augen, auf die das Ganze hinauslaufen soll (gerne mit dem, was Klaus N. Frick die »große Geste« nennt, etwas wie der Handschlag des Terraner mit dem Maahk).

Bei Thez und dem Atopischen Tribunal war es diese beiden Überlegungen:

Perry Rhodan führte die Menschheit bisher immer in die Zukunft – drehen wir das doch einmal um: Die Zukunft kommt zu Perry Rhodan.

Und: Es entsteht eine neue Menschheit mit einem politischen Kopf, der Rhodan nicht hasst, sondern verehrt – und meint, der bessere, weil der »alte«, forsche, eroberungslustige Rhodan zu sein, Perry/Vetris und Rhodan/Molaud (der Tefroder hieß ja anders und wählte sich diesen Namen – der außerdem ein bisschen »MdI«-mäßig klingen sollte).

Schlussbild: Perry/Vetris Seite an Seite im Kampf; Thez schaut zurück auf die Geschichte eines »gelungenen« Universums.

Im »Genesis«-Zyklus: Die Menschheit profitiert von ES. Aber was, wenn es einmal ein Volk gegeben hätte, das den Aufstand gegen ES gewagt hätte – und den Kampf verloren hat? Dessen Spuren deswegen ausgelöscht worden sind und dessen Angehörige auf Rache an ES sinnen?

Dazu: Wege aus der Menschheit über die Menschheit hinaus, der neue Adam, der eine neue Schöpfung versucht – also Genesis.

Schlussbild: Der neue Adam scheitert – vorerst, es war noch zu früh. Aber Ernst Ellert, der immer schon für die Zukunft gestanden hat, ist wieder gegenwärtig.

Die leitende Idee ist im aktuellen Zyklus klar: Rhodan sucht seine verschollene Heimat, die von allen verleugnet wird – in einer Welt, in der eine zwielichtige Macht alle Faktenbasis und die Geschichte entzogen hat. Es war ein Angriff nicht auf die Materie der Menschheit, ihre Raumschiffe und Planeten, sondern auf ihr Selbstbild, auf ihren Geist. Und diese Macht sollte aus Gründen handeln, aus für sie lebenswichtigen Gründen.

Mit der mythologisierten Erde wollten wir an eine alte Serien-Prophezeiung anknüpfen. Und dieses Prinzip des Rückblicks sollte immer wieder aufscheinen: Rhodan begegnet auf der Suche nach »seiner« Erde Stationen seiner jungen Jahre ein zweites Mal: dem Wegasystem, den Topsidern, den … lassen wir die mal auf uns zukommen, es wird horribel genug.

Auch die Daheimgebliebenen haben ähnliche Wiederentdeckungen in neuer Hinsicht: M 13, Andromeda. Klaus N. Frick schlug dafür den Titel »Mythos« vor ‒ was ja auch »Geschichte« heißt, in unserem Fall: Rhodan-Geschichte.

Und von Anfang an war klar: Die Reise würde ihn diesmal nicht nur hinaus, sondern hinein führen: in die Tiefen der eigenen Geschichte wie in die Tiefen seiner Erde. Schließlich rumort es dort.

Wir werden uns Gedanken darüber machen, ob und wie wir in Zukunft solche Grundideen verdeutlichen, sozusagen ein Wohin-die-Reise-geht rascher klar machen. Sozusagen einen Zyklus-Prospekt, ohne allzu viel zu verraten.