Reale Medien bei PERRY RHODAN Eine Kolumne von Rainer Nagel über popkulturelle Phänomene und Science Fiction

17. Juli 2021

Der PERRY RHODAN-Roman »Wo die Äonenuhren schlagen« (Band 3124, geschrieben von Oliver Fröhlich) enthielt einen Beitrag von Rainer Nagel – er bildete einen Teil des aktuellen PERRY RHODAN-Reports. In seinem Artikel schreibt der Autor über die Darstellung populärer Medien in der PERRY RODAN-Serie.

 

Indiana Jones und PERRY RHODAN?

Es ist schon eine Weile her – 2015 war es, um genau zu sein –, da griff Oliver Fröhlich in PERRY RHODAN NEO 111 (»Seid ihr wahres Leben?«) mit einem leichten Augenzwinkern die »Star Wars«-Filme als selbstverständlichen Teil der terranischen Kultur des Jahres 2049 auf.

So wird in einem Dialog zwischen den Raumfahrern Amanda Heikkinen und Ron Daltrey klar, dass beide diese Werke sehr gern gesehen haben. Der Lieblingsfilm von Ron Daltrey ist »Aufstand der Wookiees«, und er bezeichnet den Streifen als »Episode XIII«. In der Zukunft des Neoversums liegt deren Erscheinen natürlich in der Vergangenheit.

Im »eigentlichen« Perryversum ist das indes anders: Perry Rhodan flog 1961 zum Mond, und ab da ersetzte die Begegnung mit den Arkoniden so ziemlich alles, was sich die Menschen im Bereich der Science Fiction vorgestellt hatten. Es gab erst einmal keinen weiteren Grund, sich neue »Zukunftsgeschichten« auszudenken.

Ich stelle mir das in etwa so vor wie bei der Comic-Serie »Watchmen«: In einer Welt, in der Superhelden Realität sind, gibt es keinen großen Markt für Superhelden-Comics (deren Rolle wird von Piraten-Comics eingenommen). Ebenso werden futuristische Geschichten überflüssig, wenn das, was sie erzählen, praktisch jeden Tag mit immer neuen Erkenntnissen von der Realität überholt wird.

Aus der Science Fiction werden also Abenteuergeschichten. Gerade in den frühen Tagen der Dritten Macht sind sie den heutigen Kriegsromanen sehr ähnlich. Man muss sich eigentlich nur daran erinnern, was Perry Rhodan in Band 48 den Terranern zur Entwicklung innerhalb der Galaxis und der Situation der Menschheit erzählt – dabei muss seinen Mitmenschen Angst und Bange geworden sein. Der Kulturschock, dem Rhodan die Menschheit damals aussetzte, war immens.

Im Vorwort zum Zaubermond-Planetenroman 48, »Die schwarze Macht« von Klaus Fischer, hatte ich ein wenig weiter erläutert, wie sich Abenteuerliteratur im Perryversum entwickeln könnte. Man verzeihe mir die Anspielung auf »Raumpatrouille«:
»Ende des fünfundzwanzigsten Jahrhunderts christlicher Zeitrechnung hatten ›Lemurerromane‹ eine ähnliche Bedeutung erreicht wie kurz vor dem Mondflug Perry Rhodans die Science Fiction des zwanzigsten Jahrhunderts. Ein eigenes literarisches Genre war entstanden, das sich großer Beliebtheit erfreute. Im Mittelpunkt dieser Romane stand in der Regel der Krieg gegen die ›Bestien‹, der teilweise zur Grundlage ganzer Reihen und Serien wurde.

Großer Beliebtheit erfreute sich die von 2418 bis 2431 laufende Serie ›Haluterpatrouille‹, die monatlich erschien und es auf immerhin 145 Folgen brachte. Sie schilderte die Abenteuer eines lemurischen Aufklärungskreuzers am Rande des Tamaniums, dessen Besatzung immer wieder mit neuen Ränken der Haluter konfrontiert wurde und der es in jeder Folge sehr knapp gelang, den Untergang des Tamaniums noch ein wenig aufzuschieben.«

Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an eine meiner ersten Lektoratsarbeiten für PERRY RHODAN – einen Roman aus der zweiten Staffel von PERRY RHODAN-Action. Dort hatte der Autor eine Anspielung auf »Indiana Jones« eingebaut.

Chefredakteur Klaus N. Frick meinte, die müsse raus. In der internen Diskussion ergab sich, dass es im Perryversum kein »Star Wars« gegeben hätte, aus den erwähnten Gründen. George Lucas hätte sich also anderen Projekten zugewandt, vielleicht Piratenfilme gemacht. Ohne »Star Wars«, so Frick, auch kein »Jäger des verlorenen Schatzes«.

Also halten wir fest, dass das Interesse an »Raketenheftchen« stark zurückgeht, wenn Außerirdische die Raketen gleichsam vor der terranischen Haustür abstellen. Aber da die Arkoniden nicht besonders magisch sind, haben es andere populäre Unterhaltungsromane trotzdem ins Perryversum geschafft, auch wenn sich dessen Geschichte spätestens 1961 von der unseren abspaltet.

Denken wir mal an »Harry Potter«, realweltlich erstmals 1997 veröffentlicht. Dies muss wohl auch im Perryversum der Fall gewesen sein, und danach scheint sich die Serie zu einem terranischen Exportschlager entwickelt zu haben.

In PR 2652 erinnert sich der Arkonide Tormanac da Hozarius an die »Karte des Rumtreibers«, während in PR 2724 gar Gaumarol da Bostich den Diener des Atopischen Richters Matan Addaru Dannoer, Angakkuq, mit einem Hauselfen vergleicht. Die Romane müssen es also bis nach Arkon geschafft und dort Eindruck hinterlassen haben.

Aber: Darf ein Kreuzer den Namen eines US-Präsidenten tragen?

Ich gehe nicht darauf ein, dass, wenn man das alles konsequent durchdenkt, die Geschichte des Perryversums bereits ab 1945 vollkommen anders hätte verlaufen müssen, damit sich die in »Unternehmen Stardust« geschilderte Welt ergeben konnte. Das hat zudem Rainer Castor in seiner Abhandlung im ATLAN-Blauband 13 bereits erledigt; die ist sehr gründlich und konsequent zu Ende überlegt.

Einen habe ich aber noch, ebenfalls aus meiner Zeit bei PERRY RHODAN-Action: Dort hatte ein Autor einen Leichten Kreuzer der Staaten-Klasse namens BARACK OBAMA eingeführt. Noch bevor ein Kommentar aus Rastatt kommen konnte, regte sich schon meine innere Pedanterie, da Barack Obama kein Staat ist und zur Handlungszeit von PRA Leichte Kreuzer der Staaten-Klasse nun eben nach Staaten benannt werden.

Klaus N. Frick meinte zudem, dass es in Zeiten einer geeinten Erde sicherlich keine Notwendigkeit gäbe, ein Raumschiff nach einem vergleichsweise eher unbedeutenden Regionalpolitiker von vor etwa 150 Jahren zu benennen – da war die Namensgebung doch eher der damals aktuellen Politik als der Serienrealität geschuldet.

Ich habe den Kreuzer dann in ILLINOIS umgetauft. Der reale Obama war Senator in Illinois, und ein Staat ist das auch … es gab ja auch einmal eine CALIFORNIA, eine MONTANA und eine WYOMING. Sicherlich sind auch die anderen achtundvierzig amerikanischen Bundesstaaten verewigt worden; wir wurden nur nie darüber informiert.

Bei PERRY RHODAN NEO hingegen hätte es eine BARACK OBAMA sicherlich geben können – der Vorteil der späten Geburt …

 

Perry Rhodan 3124: Wo die Äonenuhren schlagen
Oliver Fröhlich
PERRY RHODAN DIGITAL
ISBN/EAN: 9783845361246
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