Erinnerung an Clark Darlton – Teil zwei Eine Kolumne von Falk-Ingo Klee

11. März 2020

 

(Der ehemalige ATLAN- und Taschenbuchautor Falk-Ingo Klee erinnert in dieser Kolumne an Walter Ernsting, der als Clark Darlton einer der Gründer der PERRY RHODAN-Serie war. Wegen ihrer Länge kommt die Kolumne in drei Teilen: gestern Teil eins, heute Teil zwei und morgen Teil drei.)

 

An dieser Stelle möchte ich eine Anmerkung machen. Laut Walter Ernsting erwähnte Bernhardt hier bereits den Namen Schelwokat. Dabei handelt es sich zweifellos um Günter M. Schelwokat, den Lektor von PERRY RHODAN, ATLAN und TERRA ASTRA. Offensichtlich war er bereits Lektor bei Heyne/Moewig, stieß also nicht erst nach den ersten Heften zur PERRY RHODAN-Serie dazu, wie das Online-Lexikon »Perrypedia« vermerkt, sondern war schon vorher involviert. Warum das so war, wird im weiteren Verlauf noch deutlicher.

Walter Ernsting berichtet dann, dass er und K. H. Scheer etwa Anfang 1961 nach München zitiert wurden. Das kurze Gespräch, an dem neben Kurt Bernhardt auch der Verleger Rolf Heyne beteiligt war, endete dann nach Walter Ernstings Worten so: »So, nun fahrt mal schön nach Irschenberg, geht dort in Klausur und bringt uns in zwei oder drei Tagen die Gesamtkonzeption der Serie, wir rechnen so mit dreißig, vielleicht auch fünfzig Romanen insgesamt. Benötigt werden Namen der Hauptpersonen, ausführliche Exposés der ersten vier Romane und Kurzexposés der Bände fünf bis zehn. Dann sehen wir weiter.«

Die beiden Autoren machten sich also an die Arbeit, wobei anregende Getränke bei dieser anstrengenden geistigen Tätigkeit nicht fehlen durften. Dabei verweist Walter Ernsting ausdrücklich darauf, dass auch Kaffee darunter war.

Nachdem sie sich mit PERRY RHODAN endlich auf die namensgebende Hauptperson der Serie geeinigt hatten, wurde die mit einem doppelten Bourbon getauft. Auch die anderen handelnden Personen, die danach erfunden wurden, erfreuten sich einer solch alkoholischen Taufzeremonie.

Walter Ernsting und K. H. Scheer setzten ihre Arbeit am nächsten Tag fort. Es galt, die unterschiedlichen Auffassungen der beiden Autoren auf einen Nenner zu bringen. Inhaltlich sollte die Handlung sowohl Spannung als auch Konflikte bieten, aber ebenso Toleranz im Umgang mit fremden Lebensformen und Außerirdischen.

Walter Ernsting schreibt dazu: »›Aber nur, wenn sich die Fremden auch anständig benehmen‹, schränkte KHS ein. ›Sonst gibt es Zunder!‹«

Dieser Satz von K. H. Scheer zeigt deutlich, was sich später auch in den PERRY RHODAN-Romanen zeigte, die er konzipierte. Die Terraner wurden heroisiert, Fremdvölker eher negativ dargestellt, Verständnis und Diplomatie wurden Waffeneinsatz und Gewalt meistens untergeordnet. Zwischentöne in Scheers Raster gab es nicht, sondern nur schwarz und weiß, Gut und Böse. In das Kästchen mit den Guten kamen die Menschen, da blieb für die Außerirdischen nur noch das andere Kästchen übrig.

Walter Ernsting vertrat in dieser Hinsicht eine weit weniger militaristisch orientierte, sondern deutlich humanistischere Gesinnung. Das lag möglicherweise auch an der unterschiedlichen Vita der beiden. Ernsting, 1920 geboren, wurde 1940 zur Wehrmacht eingezogen und kam erst 1952 aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft nach Hause.

Scheer, Jahrgang 1928, hatte sich 1944 als Freiwilliger zur Kriegsmarine gemeldet. Wegen einer schweren Erkrankung wurde er kurz vor der deutschen Kapitulation am 8. Mai 1945 in ein Lazarett eingeliefert und von dort aus direkt nach Hause entlassen.

An dieser Stelle möchte ich Walter Ernsting mit einem kleinen Vers zu Wort kommen lassen, den er 1980 anlässlich des Jubiläums von PERRY RHODAN-Band 1000 verfasst hatte: »Bis 50 wollten wir‘s nur machen, jetzt sind wir schon bei 1000 Sachen. Ein Ende ist noch nicht in Sicht, auch das der Menschheit Zukunft nicht. Vorbei ist‘s dann mit allen Kriegen. Vernunft muss über Wahnsinn siegen.«