Wolfgang Thadewald / Ulrich Blode: Unser Walter Lesenswerter Sammelband zu Clark Darlton

22. September 2020

Wie wird man einem Menschen gerecht, der in den fünfziger Jahren damit anfing, die Science Fiction in Deutschland für die »breiten Massen« interessant zu machen? Ein Buch, das im kleinen Verlag p.machinery erschienen ist, versucht das: In »Unser Walter« erinnern verschiedene Menschen an Walter Ernsting alias Clark Darlton, der im Juni 2020 seinen hundertsten Geburtstag hätte feiern können. Den meisten ist er als einer der Gründer der PERRY RHODAN-Serie bekannt geworden – sein Wirken ging aber weit darüber hinaus.

Walter Ernsting, Jahrgang 1920, überlebte den Zweiten Weltkrieg und die Kriegsgefangenschaft, lernte nach der Zeit in Russland die englischsprachige Science Fiction kennen und war dann einer der wenigen Menschen, die diese damals neue Literaturgattung im deutschsprachigen Raum verbreiteten. Er übersetzte und redigierte, er wirkte als Lektor und Literaturagent, und er schrieb viele eigenständige Romane. Später rief er mit einigen Mitstreitern den ersten großen Science-Fiction-Verein ins Leben und startete als einer der ersten eine Zeitschrift zum Thema. Der Start der PERRY RHODAN-Serie im Jahr 1961 war gewissermaßen die logische Folge dieser Vorarbeiten.

Das Buch »Unser Walter« wurde bereits vor mehr als einem Dutzend Jahren von Wolfgang Thadewald begonnen, einem Science-Fiction-Fan aus Hannover, der selbst in den frühen Tagen der Science Fiction dabei war. Nach seinem Tod setzte Ulrich Blode das Projekt fort – wie das alles geschah und welche Schwierigkeiten bis zur Veröffentlichung zurückzulegen waren, schildert der Verleger in seinem Vorwort. Letztlich handelt es sich bei »Unser Walter« um ein literarisches Denkmal für einen Mann, der viele geprägt hat.

Autoren wie Thomas R. P. Mielke, Elmar Wohlrath oder Ronald M. Hahn äußern sich, Übersetzer wie Marcel Bieger, alte Weggefährten wie Rainer Eisfeld und Dieter Braeg, Literaturagenten wie Uwe Luserke oder persönliche Freunde kommen zu Wort. Mit Uschi Zietsch-Jambor – sie schreibt als Susan Schwartz für PERRY RHODAN – ist eine Autorin vertreten, die im Prinzip Walter Ernstings Werk fortsetzt, von der leider schon verstorbenen PERRY RHODAN-Autorin Marianne Sydow stammen zwei Artikel. Zwei ironisch angehauchte Geschichten, die Walter Ernsting und seine Romane in gewisser Weise persiflieren und auch die PERRY RHODAN-Serie satirisch auf die Schippe nehmen, runden das Buch ab.

Alles in allem ist so eine unterhaltsame Textsammlung entstanden, die einen wichtigen Autor und Herausgeber ehrt. Sie informiert über sein Leben und sein Werk, liefert aber vor allem persönliche Blicke auf Walter Ernsting. Das habe ich alles sehr gern gelesen. Klar: Das ist kein Buch, das man unbedingt haben muss. Aber es ermöglicht einen schönen Einblick in die Entwicklung der deutschsprachigen Science Fiction nach dem Zweiten Weltkrieg.

Das 216 Seiten starke Paperback ist bei p.machinery erschienen – auf der Internet-Seite des Verlages gibt es auch weitere Informationen dazu. Die gedruckte Ausgabe kostet 14,90 Euro, das E-Book gibt es für 7,49 Euro. Beide Versionen kann man im Buchhandel sowie bei den diversen Versandhändlern bestellen – auch beim PERRY RHODAN-OnlineShop.

Klaus N. Frick