Brand (gebundenes Buch)

Roman
ISBN/EAN: 9783887473389
Sprache: Deutsch
Umfang: 144 S.
Einband: gebundenes Buch
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Vor dreißig Jahren, am Vorabend der Katastrophe von Tschernobyl, ereignet sich in Mexico City ein Mord. Der Tote ist ein Unbekannter, vermutlich aus dem Ostblock. Was hat dieser Mord mit dem schweren Atomreaktorunfall zu tun? Erst nach der Wende finden sich überraschende Antworten ...
Ulrich Effenhauser, 1975 geboren, lebt als Historiker und Autor bei Cham in der Oberpfalz, nahe der tschechischen Grenze. Neben einigen Auszeichnungen für Kurzgeschichten gewann er im Januar 2015 den renommierten Irseer Pegasus (Jury: Ulrike Draesner, Markus Orths). Zuletzt veröffentlichte er den Roman »Alias Toller« (2015), der für den Friedrich-Glauser-Preis 2016 nominiert wurde.
2.8.2013, 11.09 Uhr Sehr geehrter Herr Dr. Ziemer, noch einmal vielen Dank für meine Ernennung zum Nachfolger von Herrn Heller. Das Dezernat 'Fallforschung' zu leiten, ist eine große Ehre! Im Zusammenhang mit meinem Antritt habe ich noch eine Bitte an Sie: Herr Heller hat mich vorgestern wie vereinbart eingeführt, danach hat er seine persönlichen Gegenstände mitgenommen und mir sein Büro in ordnungsgemäßem Zustand übergeben. Kurz darauf habe ich festgestellt, dass sich in Herrn Hellers Schreibtisch noch Unterlagen befinden. Als ich Herrn Heller deswegen fragen wollte, war er bereits aufgebrochen, und telefonisch ist er seit vorgestern nicht zu erreichen. Es scheint gerade so, als habe er das Material absichtlich hinterlassen. In der betreffenden Akte mit dem Kennzeichen A1-BKA.DF-A.H.-15/2013-'Brand' befinden sich Notizen, Aussagen und Erläuterungen, die allesamt in den letzten Wochen zusammengefasst worden sind. Ganz offensichtlich sind sie der Grund für Herrn Hellers seltsames Verhalten, auch seine nächtlichen Arbeitsstunden lassen sich dadurch erklären. Ich habe damit begonnen, die 176 Seiten durchzulesen. Herr Heller gibt darin neben zahlreichen Fakten auch sehr viel Persönliches preis. Im Wesentlichen handelt es sich um einen Fall aus den 80er und 90er Jahren, der nirgendwo dokumentiert ist. Wenn sich die Ereignisse, die Herr Heller hier beschreibt, tatsächlich so zugetragen haben, dann haben wir es möglicherweise mit einem Politikum zu tun. Ich möchte Sie deshalb bitten, die Akte ebenfalls zu prüfen und mir Ihre Einschätzung mitzuteilen. Mit freundlichen Grüßen Christoph Jelinka Notiz 71: 'Suchomi' Hauptstadt Abchasiens, am Schwarzen Meer. Bedeutender Hafen, subtropisches Klima, Wein, traditioneller Kurort (heiße Quellen, Schwefelbäder seit der Antike). 1945 wurden deutsche Wissenschaftler (Kernphysiker,Techniker) in S. interniert (beschlagnahmte Apparate und Materialien in Sonderzügen angeliefert). Das Forschungszentrum wurde in einem ehemaligen Sanatorium eingerichtet (Bauarbeiten durch Gulag-Gefangene). Ziel: Trennung der Uran-Isotope zur Gewinnung von bombenfähigem Material. Forscher: Gustav Hertz (Physiknobelpreisträger 1925), Manfred von Ardenne, Gernot Zippe, Max Steenbeck, Heinz Barwich, Nikolaus Riehl, Max Volmer, Werner Hartmann (insgesamt etwa 300 Pers.) Oberaufsicht: Stalins Geheimdienstchef Beria. Strenge Überwachung (Papier-Registrierung, Bestrafung von Verstößen, Kontakt mit Einheimischen nur innerhalb der abgeriegelten Zone etc.) Ansonsten: hohe Gehälter, komfortables Leben, mildes Klima (Palmen, Oleander, Strandfeste, Verbrüderungen etc.) Zit.: S. 'als zweite Heimat' (Ardenne-Sohn Thomas); als 'goldener Käfig' (Riehl) Zippe und Steenbeck: durchschlagender Erfolg bei der Konstruktion einer Gaszentrifuge (Aufstellung wie bei Spielzeugkreisel; Entwicklungsvorsprung gegenüber USA). Apotheker Reichmann: Paste aus Nickel und Nelkenöl (gebacken), ergeben Trennrohre mit perfekter Porosität (Stalin-Preis). 50er Jahre: Rückkehr der meisten Forscher nach Dtl. (DDR, BRD); manche nach USA; nur wenige bleiben. Zit.: 'Als am 29. August 1949 im kasachischen Semipalatinsk die erste sowjetische Atombombe gezündet wurde, war dies unter anderem auch ein Erfolg der Wissenschaftler aus Hitlerdeutschland. Die Folgen waren weitreichend.' Mexiko (Im November 1985 war meine Frau Kerstin Heller im vierten Monat schwanger. Ich habe diese Zeit als schwierig in Erinnerung. Zwei Tage vor dem Abflugtermin teilte ich meiner Frau mit, dass ich die anstehende Dienstreise zum jährlich stattfindenden Ermittlertreffen in New York trotz ihrer Bedenken antreten würde. Das war, laut meinen Notizen, am 25. November 1985. Aus späterer Sicht muss ich zugeben, dass die Reise ein Fehler war.) Die Tagung in New York hatte kaum etwas Neues gebracht. Dass der Rückflug am 29. November ausgerechnet über Mexiko-Stadt ging, war mir zunächst nicht bewusst gewesen. Sorgen wegen des Erdbebens, das sich zwei Wochen