Die Deutschen und das europäische Mittelalter (Leinen)

Das östliche Europa
ISBN/EAN: 9783886807604
Sprache: Deutsch
Umfang: 544 S., 148 s/w Illustr., mit ca. 100 Abbildungen,
Einband: Leinen

Der Osten – die neue Dimension Europas

Mit der Wende von 1989 ist die ursprüngliche Vielgestaltigkeit des ehemals grauen »Ostblocks« wieder hervorgetreten, dessen Geschichtsraum nicht zuletzt durch seinen deutschen Anteil geprägt wurde. Weit jenseits der älteren Geringschätzung der slawischen Völker durch ihre deutschen Nachbarn und zugleich bahnbrechend in der Überwindung national begrenzter Geschichtsschreibung unternimmt der Band eine Gesamtschau, in der sich die Wurzeln der heutigen Völker und Staaten des östlichen Europa im Mittelalter offenbaren, als vor allem im zehnten Jahrhundert Polen, Tschechen und Ungarn wie auch Alt-Russland ihre Identitäten als Fürstenstaaten und Kulturen gewannen.

Die mittelalterliche Geschichte des weiten Landes im Osten Europas ist eine Geschichte der Bildung von Stämmen, Völkern und Nationen und ihrer Europäisierung. Es ist eine Geschichte, an der Kaiser und Päpste mitwirkten, kriegerische Wikinger und Tataren, christliche Missionare und Kreuzritter, wagemutige Fernhändler, Städtegründer und bäuerliche Kolonisten. Tapfere Fürsten und demütige Märtyrer, glorreiche Siege und vernichtende Niederlagen lieferten den Stoff für Legenden, die bis heute die historische Erinnerung der slawischen und baltischen Völker und der Ungarn prägen.

Reichhaltig mit Abbildungen und Karten versehen, zeichnet der Band die Geschichte des gesamten Raumes zwischen Ostsee und Schwarzem Meer, Donau und Wolga nach.



Ausstattung: mit ca. 100 Abbildungen, Landkarten, Illustrationen; Band 2 der vierbändigen Reihe "Die Deutschen und das europäische Mittelalter"
Beginn der Wahrnehmung Im bei weitem gr??en Teil des ?stlichen Europa wohnen Menschen, die eine slawische Sprache sprechen. Aber woher die Slawen eigentlich gekommen sind, ist bis heute ungekl?. Die Lokalisierung ihrer ?Urheimat? ist umstritten, und auch ?ber Zeitpunkt und Verlauf ihrer Wanderungen diskutieren Historiker, Arch?ogen und Linguisten. Neue arch?ogische Funde und Methoden wie die Analyse der Jahresringe von Baumst?en (Dendrochronologie), die vor Jahrhunderten verarbeitet wurden, haben zu neuen Theorien gef?hrt. Hinzu kommt, da?Slawen ? der Begriff taucht im 6. Jahrhundert zum ersten Mal in den schriftlichen Quellen auf ? nicht die alleinigen Bewohner dieser europ?chen Gro?egion waren. Neben ihnen lebten baltische und finno-ugrische St?e im Nordosten, iranische und turksprachige V?lker im S?den sowie germanische und romanische Restgruppen seit der V?lkerwanderung in Mitteleuropa und auf dem Balkan ? eine schwer zu ordnende oder zu analysierende Vielfalt, von der wir bisher nur einzelne Puzzlest?cke kennen. Gl?cklicherweise steht der Forschung ein Dokument zur Verf?gung, das zwar zahlreiche R?el birgt, aber immerhin eine Ahnung davon vermittelt, wie vielf?ig und gro?die Welt des Ostens war. Es entstand etwa in der Mitte des 9. Jahrhunderts, als ein der lateinischen Sprache m?tiger und schriftkundiger Mann, der als der anonyme Bayerische Geograph in die Forschung eingegangen ist, es f?r notwendig und n?tzlich hielt, eine merkw?rdig anmutende Namenliste zu verfassen, die mit den Worten beginnt: Descriptio civitatum et regionum ad septentrionalem plagam Danubii ? Beschreibung der Burgen und L?er am n?rdlichen Ufer der Donau. Diese Liste beschr?t sich keineswegs auf den Donauraum, sondern erfa? den gesamten europ?chen Osten zwischen Donau, Elbe und Wolga sowie zwischen Ostsee und Schwarzem Meer. Dieses sp?r von anderer Hand erg?te ?este Zeugnis der Wahrnehmung des gesamten Ostens ist vermutlich am Hof der ostfr?ischen Herrscher in Regensburg zusammengetragen worden. Das Dokument gibt zu erkennen, da?die Franken, die mit Karl dem Gro?n den r?mischen Kaisertitel errungen hatten und seitdem in Konkurrenz zu den byzantinischen, ostr?mischen Kaisern in Konstantinopel standen, Interesse hatten an der Gestaltung dieses Raumes, der seit der Antike als Land der Barbaren gegolten hatte, in den nun aber das Christentum getragen werden sollte, denn dessen Verbreitung galt als die vornehmste Aufgabe des r?mischen Kaisers. Freilich lie?n sich unter dem Deckmantel der Mission auch machtpolitische Ziele verfolgen. Die Liste des Bayerischen Geographen ist wenig beredsam, denn sie beschr?t sich im wesentlichen darauf, die osteurop?chen Regionen und die jeweilige Zahl ihrer Burgen mit den sie umgebenden Siedlungsgefilden zu benennen. So spr?de der Text auch wirkt, f?r die Historiker Osteuropas und f?r die Namenkundler stellt er eine wahre Schatztruhe dar, denn er ist von unerme?ichem Wert f?r die Rekonstruktion der ethnischen und politischen Verh?nisse am Vorabend einer Epoche, in der die ?Grauzone? (Alexander Gieysztor) im Osten Europas innerhalb weniger Jahrzehnte m?tige Herrschaftsgebilde und F?rstenstaaten hervorbringen sollte. Der Bayerische Geograph eignet sich aber auch hervorragend als Leitfaden f?r eine erste Bestandsaufnahme des Ostens, f?r eine schlaglichtartige Beleuchtung einzelner Siedlungspl?e und Regionen, zu denen die Wissenschaftler inzwischen Informationen zusammengetragen haben, die vielleicht auch schon dem Bayerischen Geographen zur Verf?gung standen, die aber in der Niederschrift nicht festgehalten sind. Die ?erlieferung umfa? ein Gebiet, dessen Grenze von der unteren Elbe an der s?dlichen und ?stlichen K?ste der Ostsee folgt, bis sie im Osten die Wolga erreicht und mit deren Lauf an das Kaspische Meer und ins Vorland des Kaukasus gelangt; sie schlie? die Steppengebiete n?rdlich des Schwarzen Meeres bis zum M?ndungsdelta der Donau ein, der sie flu?ufw?s bis an die damalige Grenze des Frankenreichs folgt. Entlang d