Interview mit Frank G. Gerigk (Teil 1) Telepathie oder Whisky? – Detektivarbeiten am Rande von Raumschiffen, Aliens, Bildschirmen und Wahnsinn

26. März 2013

Anfang 2013 erschien das große Buch über den PERRY RHODAN-Illustrator Johnny Bruck; veröffentlicht wurde es im Marlon-Verlag, und verfasst wurde es von Frank G. Gerigk. In dem Buch steckt viel Arbeit, das erkennt jeder, der es auch nur einmal durchblättert. Die 320 Seiten sind randvoll mit Bildern und Informationen, es gibt zahlreiche Querverweise und Details zu entdecken.

Grund genug, den Autor einmal über die Hintergründe seiner Arbeit »auszuquetschen«. Die Fragen stellte Klaus N. Frick. (Heute kommt der erste Teil des Interviews. Den zweiten bringen wir dann morgen.)


Klaus N. Frick: Wenn man sich das Buch über Johnny Bruck anschaut, sieht man schon beim Durchblättern, wieviel Arbeit darin stecken muss. Kannst du beziffern, wie viele Stunden oder Tage du aufgebracht hast?

Frank G. Gerigk: Vielen Dank für deine Frage, Klaus – aber ich bin nicht sicher, ob man das so einfach zusammenrechnen kann. Ich habe etwa fünf Jahre in dieses Buch investiert, wovon etwa dreieinhalb Jahre sehr intensive Recherche waren (bis zu fünf Stunden täglich), ein Jahr Schreiben, einschließlich der Überarbeitungen und Nachbearbeitungen für den Verlag, zudem ein halbes Jahr Kontemplation (will sagen: böse Raumschiffe abschießen!) – und der Rest waren Nervenzusammenbrüche und Explosionen. Ja, so in etwa. Aber nicht immer in dieser Reihenfolge.


Klaus N. Frick: Du hast dieses Buch neben deiner normalen Arbeit zusammengestellt. Wie kann ich mir das vorstellen?

Frank G. Gerigk: Ich gehe etwa um 8:30 Uhr aus dem Haus, komme um 8:59:59 Uhr im Werk an, schalte dort als erstes meine Kaffeemaschine an und gehe dort meinen Aufgaben in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit eines mittelständischen Familienbetriebs nach. Ich beliefere bis zu 150 Pressestellen im In- und Ausland mit Material, das ich auch noch selbst herstellen muss, und prügle mich mit ebenso vielen Anzeigenleitungen um ein begrenztes Budget, das man mir täglich aufs Neue entreißen will.
Kopfschüttelnd und fertig mit der Welt torkele ich etwa gegen 18:30 Uhr zuhause ein. Etwa fünf Sekunden lang denke ich darüber nach, dass ich wieder Sport treiben sollte. Dann kommt das übliche Familienleben: Kinder küssen, Weib küssen, Abendessen, Kinder ins Bett bringen, eine Geschichte aus der Welt der Roten Drachen erzählen (die ich, wenn ich mal Rentner bin, zu einem Buch zusammenfassen möchte) und dann an den PC setzen.
Bis zwei Uhr dort bleiben und sich wundern, wie wenig man gearbeitet hat. Übermüdet und urlaubsreif ins Bett fallen und beschließen, irgendwann mal früher ins Bett zu gehen, um weiteren Nachwuchs zu zeugen.


Klaus N. Frick: Warum eigentlich Johnny Bruck? Was fasziniert dich an den Bildern dieses Malers?

Frank G. Gerigk: Anfangs waren es die Raketen- und Raumschiffskonstruktionen, die ich irgendwo zuvor mal gesehen zu haben glaubte, ebenso bei den Flugzeugen. Bei letzteren begann ich eine kleine Artikelserie für die SOL, die ich für den Endspurt dieses Buches leider unterbrechen musste.
Dann gab es wegweisende Diskussionen mit Fans, darunter den von mir sehr verehrten Michael Thiesen, höchst interessante Infos in der Perrypedia ... und letztlich entdeckte ich einen Bruck, der ständig interessanter wurde, den ich unterschätzt hatte. Je mehr ich in die tägliche Methodik des Altmeisters hineinstieg, desto vielfältiger wurde alles.
Und er hat mehrere Weltrekorde aufgestellt, Klaus! Jedenfalls, soweit ich weiß. Und die PERRY RHODAN-Serie ebenfalls. Wäre ich bei euch im Marketing, ich würde alle Hebel in Bewegung setzen, um sämtliche Aspekte in das Guinness-Buch der Weltrekorde zu bringen. Hey!


Klaus N. Frick: Du hast für viele der alten Bruck-Originale hergeleitet, von wo aus sich der Künstler inspirieren ließ. Wie bist du an die Bilder herangekommen?

Frank G. Gerigk: Ich habe einige Privatbibliotheken plündern dürfen, und über die örtliche Fachhochschule konnte ich mir seltene Bücher per Fernleihe bestellen. (Das war ein Bild für die Götter, als ich die falsche Serie über Männermagazine bestellt hatte und sich ein halber Meter äußerst offenherzige Nackedeis auf der Theke der gutsituierten Diplombibliothekarin stapelte! »So etwas bestellen wir sonst nicht«, meinte sie nur.)
Der Hauptteil der Quellen, etwa 100.000 in der Zahl, suchte ich mir jedoch im Internet zusammen, beispielsweise über das American Art Archive oder über Webseiten, die sich auf Werbung der 1950er Jahre spezialisiert haben. Von diesen kam ich zu anderen Seiten, beispielsweise Blogs über Männermagazine, und von diesen zu anderen, und so weiter. Da zu Anfang meiner Recherchen viele dieser Quellen sich noch im Aufbau befanden, musste ich diese Seiten, die teils mehrere 10.000 Bilder beinhalten konnten, natürlich mehrfach durchforsten. Pro Bild orientierte ich mich an bis zu fünf verschiedenen Bestandteilen: Personen, Hintergrund, Waffen, Landschaft, Technik, usw.
Für einige der im Buch enthaltenen Bilder musste ich teilweise mehrere Wochen lang suchen; andere fand ich nach wenigen Tagen. Ich entwickelte da gewisse detektivische Fähigkeiten, die mir dabei sehr geholfen haben. Jeder einzelne Bestandteil musste dann natürlich mit den bekannten Bestandteilen aller Bildern von Bruck verglichen werden. Selbstverständlich entgingen mir da gelegentlich einige Objekte, da die einzelnen Vergleiche ja nur Sekundenbruchteile dauern durften.
Die schiere Menge an Brucks Gemälden alleine ist ja schon überwältigend. Aber die einzelnen Vergleiche summieren sich auf eine Zahl mit so vielen Nullen vor dem Komma, dass ich mich jetzt schon frage: Wie verrückt musste ich eigentlich gewesen sein, so etwas zu tun?
Die Antwort könnte lauten: Na, wenn man schon mal was anfängt, sollte man es auch zu Ende führen. Letztlich ist eine Milliarde auch nur eine endliche Zahl.

(Soweit für heute. Den zweiten Teil des Interviews bringen wir morgen.)