Eine Lokomotive für Perry Rhodan – Teil eins Ein Werkstattbericht von Jürgen Rudig

19. Januar 2021

Risszeichnungen zählen seit Jahrzehnten zu den wichtigsten redaktionellen Ergänzungen der PERRY RHODAN-Serie. Im Januar wurde die siebenhundertste Risszeichnung in den Romanen der Serie veröffentlicht.

Jürgen Rudig, der Schöpfer dieser Zeichnung, erzählt in seinem Werkstattbericht ein wenig über die Hintergründe dazu. Wegen des Umfangs veröffentlichen wir seinen Beitrag in zwei Teilen: heute Teil eins, morgen Teil zwei.

Lokomotiven im Kopf: eine Vorgeschichte

Als ich ein kleiner Junge war, bekam ich, wie so viele damals, eine Modelleisenbahn geschenkt, eine Trix Express mit Mittelleiter-System, damit man auch mal mit zwei Lokomotiven gleichzeitig im Kreis herumdüsen konnte. Das machte Spaß, und ich träumte von großen schweren Modell-Dampflokomotiven, wie mein bewunderter Onkel sie auf seiner riesigen Anlage fahren ließ.

Aber dazu reichte es nie, und irgendwann wurde die Trix durch andere schöne Interessen naturgemäß verdrängt, irgendwann wanderte alles in einen Karton – und wurde schließlich verhökert. Die Faszination für schweres Metall auf Rädern blieb.

Bis heute wohne ich in Alsdorf bei Aachen, und das Städtchen war in meiner Kindheit und Jugend geprägt durch eine große Steinkohlenzeche mitten im Stadtzentrum. Auf dem Zechengelände, also mitten in der Stadt, fauchten und stampften Tag und Nacht große Dampf-Rangierlokomotiven, schwere und schier unverwüstlich wirkende Maschinen.

In den letzten Jahren, bevor alles abgerissen wurde, kamen aus ganz Europa Lokomotiven-Fans und belagerten die Bahnschranken mit Foto- und Filmapparaten. Auch ich stand da und probierte die Spiegelreflex-Kamera aus, die ich mir damals gegönnt hatte. Das muss um 1980 herum gewesen sein, und das Geld für die Kamera hatte ich von meinen ersten verkauften Zeichnungen.

Lokomotiven im Kopf und der Stift in der Hand

An diese Zeiten musste ich nach vier Jahrzehnten denken, als die Idee im Herbst 2019 aufkam, eine Lokomotive, einen Zug für die PERRY RHODAN-Serie zu zeichnen. Gemeint war eine Kupferkarawane der Ayees.

Die erste Begeisterung wich Skepsis: einerseits die hochtechnisierte Science-Fiction-Serie, andererseits eine simple Lokomotive? Ich las mich in die Vorgaben ein, und siehe da: Die Skepsis wich schnell der Begeisterung. Ein etwas skurriles Völkchen, die Ayees, gleichwohl humanoid und sehr kultiviert, technisch auf dem Stand Anno dunnemals, kutschierten also auf ihrem Planeten mit Begeisterung in ellenlangen Zügen auf etwas holprigen Gleisen herum. Schwere, solide, simple Mechanik, große Lokomotiven, phantasievolle Waggons – da wurden Erinnerungen wach, und ich war fasziniert von der Idee, dies umzusetzen.

Das Projekt wurde dann erstmal aufgeschoben, die APPU (Raumschiff des Advokaten, PR-Band 3047) und der Raumjäger der MASCER-Klasse (PR-Band 3063) sollten zuerst an die Reihe kommen. In dieser Zeit sammelte ich nebenbei erste Ideen, tat mich ein wenig in der Steampunk-Szene um und überlegte, wie ich dem Thema näherkommen sollte.

Nachdem die APPU und der Jäger fertiggestellt waren, wurde es im Herbst 2019 konkreter. Schnell war klar, dass ein ganzer Zug nicht als Risszeichnung darstellbar war, da er viel zu lang gewesen wäre. Mit der APPU war ich schon an die perspektivischen Grenzen gestoßen.

Also bot sich nur die Lokomotive an, die ich in ersten Filzstift-Skizzen in eine Bahnhofshalle stellte, mit allerlei skurrilem Völkchen auf dem Bahnsteig, einem angehängten angedeuteten Zug, zur Verdeutlichung der Zuglänge eine ergänzende Zeichnung am oberen Rand ... Somit waren die ersten Eckdaten im Kopf und als Skizze fertig, bevor ich zum großen Zeichenkarton griff.

Der Weg zur Reinzeichnung

Und nun: Vorhang auf für mein zweitwichtigstes Zeichengerät, den B2-Bleistift. Ich weiß, ich analoges Urtier zeichne immer noch wie damals.

Natürlich habe ich großen Respekt vor den digitalen Leistungen meiner Risszeichner-Kollegen, und berufsbedingt bin ich genug im Thema Computer zu Hause, dass ich mich diesen absolut faszinierenden Techniken annähern könnte. Allein, ich will dies nicht.

Dazu macht es mir viel zuviel Spaß, im Fachgeschäft das richtige Papier auszusuchen, am besten 60-Gramm-Karton DIN A 2 in mittelweiß mit leichter Oberflächenstruktur, damit die Tinte schnell eintrocknet und der Radiergummi keine Glanzspuren hinterlässt. Ich liebe es, mit dem Bleistift Freihand und »Pi mal Daumen« die ersten Konturen im großen Maßstab vorzuzeichnen, erste Details zu überlegen und umzusetzen.

Der Bleistift verzeiht dabei, was der Tuschefüller gnadenlos zum Fehler geraten lässt. Denn der Bleistiftstrich ist gut einen bis zwei Millimeter breit und sehr sanft, die Zeichnung wirkt in diesem Stadium sehr sauber und gelungen. Na ja, und dann setzt da der Rotring an (wenn er denn läuft, da er meistens erstmal verstopft ist).

Aus dem weichen, relativ breiten und ach so gelungen wirkenden Bleistiftstrich wird ein tiefschwarzer, konzentriert und langsam zu ziehender Tuschestrich von etwa einem bis zwei Zehntelmillimeter Breite, der jeden kleinen Wackler und jedes minimalste Abweichen von der Ideallinie gnadenlos offenlegt. Das ist der steinige Weg zur Reinzeichnung, bis schließlich die komplette schöne Bleistiftvorzeichnung rückstandlos wegradiert wird.

Perry Rhodan 3099: Die Kinder der Milchstraße
Michael Marcus Thurner
PERRY RHODAN DIGITAL
ISBN/EAN: 9783845360997
1,99 €
(inkl. MwSt.)
Download
In den Warenkorb
Perry Rhodan 3099: Die Kinder der Milchstraße
Michael Marcus Thurner
Pabel Moewig Verlag KG
ISBN/EAN: 9999900005837