Rhodans rechter Nasenflügel – Teil eins Eine Kolumne von Wim Vandemaan zur »Gravosphäre« unserer Serie

27. Januar 2022

Der PERRY RHODAN-Band mit der Nummer 3148 erschien am 17. Dezember 2021; »Maskerade« wurde von Susan Schwartz geschrieben. Im Roman war auch der aktuelle PERRY RHODAN-Report enthalten, in dem sich ein spannender Text von Wim Vandemaan befand.

Diesen Beitrag des PERRY RHODAN-Exposéautoren wollen wir auch an dieser Stelle präsentieren. Wegen seines Umfangs kommt er in drei Teilen: heute Teil eins, morgen dann Teil zwei und übermorgen der dritte Teil …

Exposéschreiber und Ideen
Wer die Exposés für die PERRY RHODAN-Serie schreibt, kann sich über einen Mangel an Einfällen nicht beklagen. Sie werden förmlich von allen Seiten zugeliefert, prompt, freihaus und unaufhörlich.

Da wären die Astrophysiker, die den Himmel erforschen und einen erstaunlichen Gegenstand nach dem anderen entdecken: große Leeren zwischen den erleuchteten Zonen. Planeten in anderen Sonnensystemen, darunter Super-Erden, Neutronensterntrabanten, Jahrmillionenregenwelten und solche, auf denen es Diamanten hagelt. Oder Gasplaneten, neben denen unser Jupiter klein und klaustrophobisch wirkt.

Man betrachtet die Schilderungen der Sternenforscher und denkt: Wie mag es sich leben dort, belastet von einer stärkeren Gravitation? Gibt es Photosynthese dort, Fahrräder, Finanzämter? Miteinander meditierende Pilze? Rechnende Wolken? Raumfahrt? Gebührenpflichtige Chausseen durch Virenwälder? Technik?

Die hiesige Technik ist eine andere Quelle, sowie die daran leicht andockbare Frage: Wie würde sie, allen verfügbar und weiter entwickelt, unser Leben verändern? Wenn wir in vollständig transparenten Häusern leben würden? Wenn wir, Stichwort Droge gegen Vergesslichkeit, Erinnerungen zu uns nehmen könnten wie Vitamintabletten? Wenn unsere Androiden und Roboter mal nicht auf die kuriose Idee verfallen würden, unbedingt Mensch werden zu wollen wie Pinocchio und Mr. Data, sondern sich von der Menschheit abwenden und ganz eigene Wege gehen? Wenn die Meere steigen, oder die Schwerkraft? Wenn uns das Öl ausgeht, oder die Sonne, die Bienen, das Y-Chromosom?

Kurz: man blättert vergnügt in »Bild der Wissenschaft«, in »Spektrum der Wissenschaft«, in »Geo Spezial«, in »National Geographic« und so weiter, und kann sich der Flut von Themen kaum erwehren.

Natürlich fließen beim Ausdenken von Romanen auch andere Dinge mit ein: zufällige Begegnungen, Weissagungen aus dem Glückskeks, Gesprächsfetzen vom Nachbartisch, Notizen, Nachrichten, Fundstücke aller Art. Bevor man auf Sendung geht, geht man eben auf Empfang.

Bei PERRY RHODAN kommen zwei weitere Quellen hinzu: die geschriebenen Romane – und die Exposés.

Während die Romane eine Art Massenmedium sind, stellen die Exposés eher etwas wie ein absolutes Minoritätenmedium dar, geschrieben für den kleinen Kreis, mehr Verschlusssache als Mitteilungsblatt. Die dort erzählte Handlung ist gewissermaßen schon beraten, beredet und geschehen, aber noch nicht ratifiziert.

Im Exposé zu PR 1 – kürzlich nachgedruckt im PERRY RHODAN Sonderband zum 60. Jubiläum der Serie – ist dokumentiert, dass der damalige Chefautor durchaus nicht ganz sicher war, welche Geschichte er insgesamt erzählen sollte. Der Titelheld seiner Serie würde Perry Rhodan heißen, keine Frage – oder? Das »h« in »Rhodan« ist nämlich, hier wie deutlicher noch im Exposé für PR 2, unkenntlich gemacht.

Aber was will man dem Publikum überhaupt versprechen? Die Überschrift des Exposés, in Großbuchstaben und unterstrichen, lautet: »GESCHICHTE DER MENSCHHEIT«. Als Untertitel stand zunächst »Weg in die Zukunft«. Dieses Motto wurde ebenfalls durchgestrichen und handschriftlich ersetzt durch »Erbe der Zukunft« – wohl eine kleine Erinnerung an die phantastische Serie »Sun Koh – Der Erbe von Atlantis« von Paul Alfred Müller. Schließlich tilgte Scheer das Wort »Zukunft« und notierte »des Universums« darüber.

Im Exposé für den zweiten Band der Serie steht maschinenschriftlich noch »Weg in die Zukunft«; dies scheint also die Grundidee gewesen zu sein. Der Zwischenschritt »Erbe der Zukunft« fehlt. Ich vermute, Kollege Scheer hat hier die beiden Alternativen schnell durchdacht und sich dann für die zweite entschieden: »Erbe des Universums«.

Nebenbei: es ist keinesfalls »der« Erbe; ein Artikel fehlt. Möglicherweise hat Scheer also eher an »das« Erbe gedacht – nicht an den Nachlassempfänger, sondern an die Erbschaft selbst, den technischen Nachlass der Arkoniden.

Oder, um genauer zu sein: die Erbschaft einer hoch entwickelten »innergalaktischen Rasse«, denn von »Arkoniden« ist hier noch gar keine Rede. Der Name fällt erst im Roman. Man sieht, wie ein Konzept beim Schreiben entsteht und auf Grund des Geschriebenen verändert wird – nicht nur, was den Wortlaut betrifft.

 

Perry Rhodan 3148: Maskerade
Susan Schwartz
PERRY RHODAN DIGITAL
ISBN/EAN: 9783845361482
1,99 €
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