Rhodans rechter Nasenflügel – Teil drei Eine Kolumne von Wim Vandemaan zur »Gravosphäre« unserer Serie

29. Januar 2022

Der PERRY RHODAN-Band mit der Nummer 3148 erschien am 17. Dezember 2021; »Maskerade« wurde von Susan Schwartz geschrieben. Im Roman war auch der aktuelle PERRY RHODAN-Report enthalten, in dem sich ein spannender Text von Wim Vandemaan befand.

Diesen Beitrag des PERRY RHODAN-Exposéautoren wollen wir auch an dieser Stelle präsentieren. Wegen seines Umfangs kommt er in drei Teilen: Vorgestern Teil eins, gestern Teil zwei und heute Teil drei …

Wichtige Charaktere am Start
Rhodan und Bull werden dabei als einander ergänzende Charaktere beschrieben; Bull wird als »Gegenpol« zu Rhodan bezeichnet. Ursprünglich sollten seine Fachgebiete »Astromedizin« und »Elektronik-Ingenieur«, sein, »Nebengebiet: Geologie«. Der Mediziner wird gestrichen, handschriftlich dafür »Fachingenieur für Atomtriebwerke« ergänzt ‒ außerdem ein »breites, großflächiges Gesicht, Sommersprossen«.

Rhodan selbst wird attestiert: »Hang zum Zynismus, gelegentlich ätzender Humor.« Der »ätzende« wird handschriftlich zum »trockenen« Humor gemildert. Außerdem erhält Perry Rhodan noch seine »Kleine Narbe rechter Nasenflügel. (…) Deutliches Zeichen für Gemütsverfassung« – auch dies handschriftlich ergänzt. Geburtsdaten und Geburtsorte werden nicht festgelegt, ebenso wenig die genaue Körpergröße.

Die Beschreibung wirkt schlank, funktional, nah – so würden wir Menschen nach einem ersten Eindruck beschreiben, ohne weitere Hintergrundinformationen zu kennen.

Die Handlungsskizze für die anlaufende Serie erzählt unter anderem: »Der Stern der Unsterblichkeit wird gefunden (…). Perry erhält die Unsterblichkeit, aber es gelingt auch Bully, außerplanmäßig eine geringere Dosis des begehrten Mittels zu erwischen. So wird er nicht unsterblich, hat aber Aussichten, mindestens 500 Jahre alt zu werden«.

Bull, laut Charakterzeichnung »Nach außen hin sehr harmlos, etwas primitiv und bäuerlich wirkend«, sollte sich demnach bauernschlau einen kleineren Happen Unsterblichkeit stibitzen. Überhaupt hat er in diesen Gründungstagen der Serie etwas Sam Hawkens-, Hadschi-Halef-Omar- oder Sancho-Panza-haftes, ein Sidekick, der Herrn Rhodan glänzen lässt.

Dabei war auch für Perry Rhodan gar nicht allzu viel Glanz vorgesehen: »Aus der Gründung des Mutantencorps heraus und seiner Tätigkeit entwickelt sich das neue galaktische Imperium, dem er« – gemeint ist Rhodan – »stets aber völlig unbemerkt als Führer und Beschützer zur Seite steht.«

Perry Rhodan als unsichtbarer Spiritus rector der zukünftigen Menschheit und ihres nicht Solaren, sondern gleich galaktischen Imperiums? Ein freischaffender und im Verborgenen wirkender Lenker der Menschheit zu den Sternen?

Ich weiß nicht, ob der damalige Chefredakteur Kurt Bernhardt Veto gegen einen nicht offen auftretenden Titelhelden eingelegt hat, oder ob Scheer selbst beziehungsweise sein Autorenteam diese Idee stillschweigend fallen gelassen haben. Oder besser: zur Seite gerückt. Denn später tritt dieser verschwiegene und unsichtbare Navigator des Menschengeschlechts ja in Erscheinung – und zwar unter dem Namen Atlan, den man so betrachtet als Rhodans arkonidischen Vor- und -Doppelgänger ansehen könnte.

Damals wie heute durchlaufen Figuren und Handlungsideen einen Prozess. Sie erleben Gestaltwandlungen, emanzipieren sich aus den Grenzen der ersten Überlegungen. Manchmal sind es die kleinen Details, die überleben – Rhodans Narbe etwa oder die Sommersprossen im Gesicht von Hadschi Halef Sam ben Bully. Manchmal versinken große Erzählbögen hinter dem Serienhorizont, wie die Idee des stillen Titelhelden, der im Verborgenen wirkt.

Oder? Taucht nicht eben dieser galaktische Marionettenmeister gelegentlich auf, wenn auch in verwandelter Gestalt? Als ES? Als Orakel von Krandhor? Als Perry Rhodan, der sich nach Camelot oder auf die GILGAMESCH zurückzieht? Und: wäre diese Rücknahme nicht überhaupt eine interessante Spielidee? Was würde Bernhardt heute, was würde Klaus N. Frick dazu sagen?

Wie auch immer: Die Serie PERRY RHODAN ist längst eine der Hauptquellen ihrer selbst geworden, eine eigene erzählerische (um mit Kollege Scheer zu sprechen) »Gravisphäre«.

Ist die Exposéarbeit heute anders geworden? Ja. Nein. Vielleicht. Bitte ankreuzen. Auf eines aber, das gestehe ich, sieht die heutige Exposéredaktion mit Neid – auf Datierungen wie diese nämlich:
Exposé Nr. 1: »ENDE. 14. Feb. 1961«
Exposé Nr. 2: »15.2.61«.

Hoch geschätzter Herr Kollege – wie haben Sie das geschafft?

Perry Rhodan 3148: Maskerade
Susan Schwartz
PERRY RHODAN DIGITAL
ISBN/EAN: 9783845361482
1,99 €
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