Eine erneute Reise nach Atlantis –Teil zwei Eine Kolumne von Olaf Brill und Ben Calvin Hary zu PERRY RHODAN-Atlantis

14. Mai 2023

Am 6. April 2023 wurde der PERRY RHODAN-Band mit der Nummer 3216 veröffentlicht: »Eine neue Zeit«, verfasst von Kai Hirdt. Der Roman enthielt den aktuellen PERRY RHODAN-Report, in dem sich ein interessanter Artikel befand, den Olaf Brill und Ben Calvin Hary gemeinsam verfasst hatten.

Diesen Beitrag wollen wir unbedingt an dieser Stelle präsentieren. Wegen ihres Umfangs bringen wir die Kolumne in drei Teilen – gestern kam der erste, heute bringen wir den zweiten Teil, und morgen folgt der Abschluss mit dem dritten Teil.

Widersprüchliche Details

Hary weiter: »Betrachten wir die Schilderungen von Atlantis in PR 60 und 70, stellen wir allerdings schon dort Widersprüche fest.

Im Detail: Die Hauptstadt Atlopolis/Arkonis (der Name ändert sich in späteren Heften unmotiviert) liegt im Süden, das wird mehrmals explizit erwähnt. In PR 60 erfahren wir auf Seite 28, der Standort läge auf einem Plateau, östlich eines Gebirges und westlich einer Wüstenlandschaft, gleichzeitig (buchstäblich drei Absätze später!) aber an einer Meeresbucht. Das passt mit etwas Gehirnakrobatik noch zusammen, wenn besagtes Plateau direkt an der Südostküste liegt. Dies deckt sich auch mit der Beschreibung aus PR 70, wo Atlan aus seinem Fenster schaut und die Küste betrachtet.

Atlantis selbst, heißt es, sei eine ›ovale, etwa 2000 Kilometer lange Insel‹ und liegt in der ›äquatorialen Zone‹, sowie ›zwischen den beiden äquatorialen Gebieten eingebettet‹. Das steht auf Seite 27 und nochmal variiert auf Seite 63. Gemeint sind definitiv Südamerika und Afrika, das bestätigt sich in PR 70.

In PR 60 Seite 53 wird dann Atlans Tiefseekuppel ›in hundert Metern Tiefe‹ erwähnt. Sie liegt anscheinend direkt vor Atlopolis/Arkonis. Laut PR 50 befindet sie sich aber ›südlich der Azoreninsel Sao Miguel‹.

Nimmt man das alles wörtlich, sind die Azoren mit der Südostküste von Atlantis identisch und das Oval beginnt irgendwo vor Kanada/Grönland. Und da gehen die Probleme los: Der polare Nordatlantik liegt bei bestem Willen nicht auf Höhe des Äquators.

Selbst wenn man das ignoriert: Im Jahr 8000 v. Chr war die letzte Eiszeit grade abgeklungen – und die hat im Perryversum definitiv stattgefunden. Atlan erwähnt explizit die ›mächtigen Eiskappen der beiden Pole‹. Auch Seite 28: ›Die weit südlich und nördlich sichtbaren Länder schienen von abtauenden Gletschern bedeckt zu sein.‹ Sprich: Läge Atlantis tatsächlich auf dieser Höhe, wäre es zur Handlungszeit weitgehend unter einem Eispanzer begraben. Das ist alles andere als das arkonidenfreundliche Klima, von dem Atlan wenige Absätze vorher erzählt.

Ignorieren wir wiederum den Faktor ›Azoren = Südküste‹, obwohl das dem Romantext explizit widerspricht, ist uns auch nur bedingt geholfen. Egal, wie herum man das Oval ›dreht‹, es überlappt entweder mit der iberischen Halbinsel bzw. Nordafrika oder reicht so in den Ozean, dass die ebenfalls von Scheer erwähnten Landbrückenverbindungen zwischen den ›östlich und westlich gelegenen Landteilen‹ (wieder Seite 28) bei einem Maximaldurchmesser von 2000 km eine geografische Unmöglichkeit darstellen.

Und das alles schließt nicht mit ein, dass Sao Miguel nicht mal die südlichste Azoreninsel ist! Südlich des angeblichen Kuppelstandorts liegt Santa Maria, was nach meinem Verständnis ja ebenso Teil des Kontinents gewesen sein müsste. Demnach müsste die Tiefseekuppel zu Zeiten von Atlantis eigentlich zwangsläufig an Land gelegen haben. Band 60 behauptet das Gegenteil.«

Von Scheer zu Hoffmann

Im Jahr 1977 erschien die ATLAN-Serie ab Band 300 mit dem Untertitel: »Der König von Atlantis«. Hierfür präsentierte die PERRY RHODAN-Redaktion den Lesern erstmals eine Atlantis-Karte (abgesehen von einer nicht kanonkonformen Karte, die einmal in den PERRY-Comics abgedruckt worden war).

Unter der Exposéredaktion von William Voltz erschienen in ATLAN 300 auf den Seiten 35 und 42/43 gleich zwei Atlantis-Karten, gezeichnet von Horst Hoffmann. Insbesondere die Karte auf Seite 35, die den ganzen Kontinent zeigte, wurde Grundlage für alle weiteren Atlantis-Versionen im PERRY RHODAN-Kosmos. Hoffmann gab dem Kontintent eine Form, die an Teneriffa erinnert – was sich sehr für die Darstellung auf Landkarten eignet –, und bei ihm erstreckt sich Atlantis von den Bermudas bis zu den Azoren.

Diese Karte diente auch als Grundlage für PERRY RHODAN-Atlantis. Doch sie schuf auch neue Probleme. Ben Calvin Hary machte sich Gedanken, wie diese zu lösen wären:

»Hoffmann hat Scheers Angabe, dass die Azoren im Südosten von Atlantis gelegen haben sollen, einfach ignoriert und den Kontinent zwar nicht an den Äquator, aber ein gutes Stück nach Süden verlagert. Das führt dazu, dass Atlans Tiefseekuppel auf Hoffmanns Karte im Norden von Atlantis liegt. Außerdem fehlen die von Scheer explizit erwähnten Landbrücken, und es entsteht gleichzeitig ein neues Problem: Dieses Atlantis ist nämlich rund 1600 Kilometer zu groß. Zwischen den Bermudas und den Azoren liegen 3600 Kilometer, keine 2000.«

Wir zitieren wieder direkt aus dem Datenblatt von PERRY RHODAN-Atlantis: »Der Atlantis-Zyklus der ATLAN-Serie hatte mit dem versunkenen Kontinent der Erdvergangenheit im Grunde nur wenig zu tun. Dieses Atlantis war ein Weltenfragment, ein sogenannter Dimensionsfahrstuhl, der Atlan eine Reise in eine ferne Galaxis ermöglichte. Mit ›unserem‹ Atlantis hatte es nur den Namen gemeinsam, oder nicht einmal das: Sein eigentlicher Name war Pthor.

Wir treffen die bewusste Entscheidung, diesen ALAN-Zyklus für unsere Miniserie weitgehend zu ignorieren. Die betreffenden Romane gelten heute – mit äußerster Vorsicht gesprochen – als umstritten, da sie über weite Strecken mehr Fantasy als Science Fiction beinhalten und inhaltlich voller Widersprüche stecken (zur Hauptserie und in sich selbst).

›Unser‹ Atlantis ist natürlich nicht identisch mit dem Dimensionsfahrstuhl. Pthor ist (anders als auf Hoffmanns Karte) nicht mal Teil der Landkarte, da es sich zu diesem Zeitpunkt entweder nicht auf der Erde befindet oder durch höherdimensionale Technologie vor den Sinnen und Sensoren der Arkoniden verborgen ist. Da hierzu in den Romanen widersprüchliche Aussagen kursieren, bleiben wir da einfach vage. Diesen Knoten auseinanderzudröseln soll nicht unsere Aufgabe sein.«

Perry Rhodan 3216: Eine neue Zeit
Kai Hirdt
PERRY RHODAN DIGITAL
ISBN/EAN: 9783845362168
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Perry Rhodan 3216: Eine neue Zeit
Kai Hirdt
Pabel Moewig Verlag KG
ISBN/EAN: 9999900008340