Ein Jubiläum in Silber – Teil 2 Gedanken zum Band 150 der PERRY RHODAN-Buchausgabe

16. Mai 2020

Im Mai 2020 erschien mit »Stalker« der einhundertfünfzigste Band der PERRY RHODAN-Buchausgabe. Hubert Haensel, als Bearbeiter für den Inhalt verantwortlich, blickte in einem Beitrag für den PERRY RHODAN-Report auf seine Arbeit zurück.

Diesen Text dokumentieren wir auch an dieser Stelle – wegen seiner Länge in zwei Teilen. Gestern kam der erste Teil, den Schluss bringen wir heute.

 

Die PERRY RHODAN-Buchreihe, ihres äußeren Erscheinungsbildes wegen als Silberbände bezeichnet, ist eine überarbeitete Ausgabe der Romanhefte. Seit mittlerweile 70 Büchern obliegt mir die Aufgabe, die Inhalte zusammenzustellen.

Unter dem Titel »Die Dritte Macht« erschien im Jahr 1978 das erste Buch. Bearbeitet wurde es von William Voltz, nicht nur unvergessener PERRY RHODAN-Autor, sondern für geraume Zeit zugleich Exposéautor. Mit Band 20 übernahm Horst Hoffmann; seit Buch 81, das im März 2003 auf den Markt kam, trage ich die Verantwortung.

Wurden für die Bearbeitung anfangs noch Seiten der Heftromane auf Papier geklebt und mit handschriftlichen Korrekturangaben versehen, so standen mir von Anfang an Scanner und Computer zur Verfügung. Das erleichterte Recherche wie Korrekturen gleichermaßen.

Ich kann den Segen der fortschreitenden Technik beurteilen, denn ich gehöre noch zu den Autoren, die ihre frühen Romane mit einer mechanischen Schreibmaschine mittels Kohlepapier auf dünnes Durchschlagpapier »hackten«. Irgendwann kamen dann Fotokopierer mit Normalpapier – eine große Hilfe, weil Korrekturen nicht mehr von Hand auf sämtlichen Durchschlägen angebracht werden mussten – und schließlich die papierlose Datenübermittlung.

Der erste Roman, den ich für die Buchausgabe bearbeitete, war Band 700. Ich startete also mit der Aphilie und der Suche der SOL nach der heimischen Milchstraße.

Während früher schon einmal Hefte ausgelassen wurden, die die Haupthandlung nicht vorantrieben – zum Beispiel Kurt Mahrs Kolonistenabenteuer –, habe ich versucht, möglichst keine Hefte wegfallen zu lassen. Wer verzichtet gerne auf das Salz in der Suppe? So sah und sehe ich jedenfalls in manchen Romanen, die tatsächlich keinen Handlungsfortschritt bringen, einen eigenen Sense of Wonder oder eine besondere Handlung. Solche kleinen Juwelen kann ich nicht einfach wegfallen lassen.

Was ich streiche, sind vor allem gelegentliche Wiederholungen oder auch Rückblicke. Gerade dann, wenn in den ursprünglichen Romanen unterschiedliche Handlungsebenen nach mehreren Wochen abwechselten, wurde oft rekapituliert. Das ist im wöchentlich erscheinenden Heftroman durchaus sinnvoll, denn der Leser findet sich so schneller wieder ein. Im Buch, sobald ich nach Handlungsebenen zusammenfasse, wäre eine Wiederholung aber nur Platzverschwendung.

Ja, ich halte mich nicht mehr sklavisch an die ursprüngliche Abfolge der Heftromane. Das war am Anfang noch einfach, weil die Handlung oft geradlinig ablief. Mittlerweile, wenn mehrere Handlungsebenen einander abwechseln, würden im Buch immer nur Bruchstücke der jeweiligen Spannungsbögen erscheinen.

Das lässt sich recht gut nachvollziehen. Jedenfalls sehe ich in den ersten von mir bearbeiteten Büchern noch eine chronologische Abfolge der zugrundeliegenden Heftromane. Später wechselte ich mitunter zwei Ebenen in einem Buch ab. Und vielleicht lockt mich mittlerweile sogar das Risiko; jedenfalls bin ich bemüht, in jedem Buch nur eine Handlungsebene unterzubringen.

Das führt dazu, dass zunächst eine gewisse Anzahl von Heftromanen übersprungen wird, diese aber, weil sie andere Ebenen schildern, ein Buch oder zwei Bücher später abgehandelt werden. Mit der Gefahr, dass in Handlungsebene eins womöglich bereits Dinge geschehen, die auf Ebene zwei oder drei erst vorbereitet werden.

Da heißt es aufpassen, dass das nicht durcheinandergerät. Der Bearbeiter muss PERRY RHODAN also schon gut kennen. Je weiter die Serie voranschreitet, desto intensiver ist eines mit dem anderen verknüpft.

Doch gerade diese Verknüpfungen tragen zum Reiz der Serie bei. Als Leser muss man stets damit rechnen, dass scheinbare Kleinigkeiten plötzlich ungeahnte Wichtigkeit erlangen – da wäre es schade, wenn ich zuvor diese Kleinigkeit bei der Bearbeitung gestrichen und damit die Pointe ruiniert hätte.

Andererseits muss ich eingreifen, wenn beispielsweise von Menschen nicht zu unterscheidende perfekte Kampfroboter einzeln über Disketten programmiert werden. Schmunzelt da jemand? Ich gebe zu, das musste ich ebenfalls. Der betreffende Roman wurde jedoch zu einer Zeit geschrieben, da waren Disketten noch nicht einmal erhältlich. Für die damalige Zeit also verständlich. Heute nicht mehr.

Ach ja: Ich habe die Szene nicht gestrichen, sondern verändert. Denn längst gibt es ganz andere Möglichkeiten, Kampfroboter zu programmieren.

Ähnlich verhielt es sich mit einer Passage, in der auf einer Urwelt belichtete Filme strahlungssicher verpackt wurden, damit sie später problemlos entwickelt werden konnten. Wer weiß heute noch über Filmmaterial Bescheid? In einer Zeit, in der man mit einem Handy sein halbes Leben in Bild und Ton festhalten kann?

Apropos Zeit: Ich vergleiche die Silberbände gern mit Karl May, von dem ich ebenfalls alle Bücher im Regal stehen habe. Bei einer Bearbeitung der Karl-May-Bücher käme ich nie auf die Idee, Silberbüchse oder Bärentöter gegen ein Schnellfeuergewehr auszutauschen. Karl May beschreibt die Vergangenheit, PERRY RHODAN vor allem eine technische und menschliche Zukunft. Da dürfen solche Dinge wie Disketten oder zu entwickelnde Filme zwar ein Nischendasein führen, sollten aber nicht mehr als atemberaubende Entwicklung angepriesen werden.

Ich habe PERRY RHODAN schon als Jugendlicher mit Begeisterung gelesen und tue das bis heute. Aber nicht nur die Zeit, sondern auch man selbst verändert sich. Zurück bleibt eine gewisse Verklärung. Ich stelle häufiger fest, dass mir manches, das mich als Jugendlichen lachen ließ, heute nicht mehr zusagt. Zugleich gibt es Dinge, die mir einst nicht gefielen und heute erst ihre wahre Wirkung entfalten. In dem Sinn versuche ich auch, meine Bearbeitung zu gestalten.

PERRY RHODAN-Silberband 150 enthält nicht nur die Wunder ferner Galaxien, sondern auch die Faszination einer nicht allzu fernen Zukunft. Was sind schon die ziemlich genau zwei Jahrtausende, die uns davon noch trennen?

Ad Astra!

Stalker
Rhodan, Perry
Pabel Moewig Verlag KG
ISBN/EAN: 9783955480295
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Perry Rhodan 150: Stalker (Silberband)
Rhodan, Perry
PERRY RHODAN DIGITAL
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