Die Leserseite feiert ein Jubiläum Eine Kolumne von Michael Thiesen über die LKS bei PERRY RHODAN

3. August 2022

»Das schwarze Verwehen« erschien im Juli 2022 als Band 3176 der PERRY RHODAN-Serie, verfasst von Michelle Stern. Enthalten war in dieser Ausgabe auch der PERRY RHODAN-Report, und die redaktionelle Beilage beschäftigte sich mit der Leserkontaktseite und ihrer Entwicklung.

In einem Artikel zeichnete Michael Thiesen die vergangene Zeit dieser Einrichtung nach. Seinen Beitrag dokumentieren wir an dieser Stelle.

 

Eine kurze Zeitreise

Mit Heft 302 erhielt die PERRY RHODAN-Serie ein eigenes offizielles Kontaktforum für die Leser, die »PERRY RHODAN-Leserkontaktseite«. Das heißt aber keineswegs, dass der Verlag den Lesern nicht zuvor eine Plattform geboten hätte, auf der sie sich äußern konnten.

Die bereits 1957 gestartete Schwesterreihe TERRA, die im Gegensatz zu PERRY RHODAN keine Endlosfortsetzungsgeschichte, sondern Einzelromane und allenfalls mal kurze Zyklen über wenige Bände publizierte, präsentierte schon seit langem auf dem inneren Umschlagdeckel oder der ersten Heftseite »Wir diskutieren … Die Seite für unsere SF-Leser«.

Bereits in TERRA 201, der nur elf Wochen nach dem ersten PERRY RHODAN-Heft erschien, fanden sich die ersten euphorischen Leserreaktionen auf den Start der neuen Weltraumserie. Und in Band 211 schrieb Lektor Günter M. Schelwokat, dass es technisch gar nicht möglich sei, »die vielen anerkennenden Briefe über das Erscheinen dieser neuen SF-Serie zu veröffentlichen«.

Der Tenor der in TERRA abgedruckten Briefauszüge blieb bei Lob und Anerkennung, nur hin und wieder stahl sich ein wenig vorsichtige Kritik hinein. So forderte ein Leser mehr Gucky-Romane, damit der Humor einen größeren Raum erhielte, und ein anderer zeigte sich bestürzt über Thoras Tod: »Musste das sein?« Und auf seine Frage, wann endlich der sympathische Crest seine Zelldusche auf Wanderer bekomme, beeilte sich Schelwokat zu antworten, dass Arkoniden keine Zelldusche erhalten könnten. Keine Sekunde zu früh, denn der Roman, in dem William Voltz Crest sterben ließ, kam nur eine Woche später heraus.

In TERRA 273 meldete sich sogar Krook Ercho, Befehlshaber der Raumflotten des Topsiderreiches, zu Wort und enthüllte die Hintergründe seiner eigenen PERRY RHODAN-Lektüre. Das Heft erschien nicht von ungefähr in der Karnevalszeit.

Dass PERRY RHODAN ausgerechnet mit dem am 16. Juni 1967 erschienenen Band 302 seine eigene LKS erhielt, sollte man vielleicht im Zusammenhang mit der damals gestarteten Merchandising-Offensive im Umfeld des formidablen Perry Rhodan-Films »SOS aus dem Weltall« sehen, die den Fans nicht nur den ersten Plüsch-Gucky, großformatige Risszeichnungsdrucke und ein Weltraum-Mobile, sondern auch die Comic-Serie PERRY RHODAN IM BILD bescherte.

Es mag auch eine Folge des in Heft 292 erstmals veröffentlichten Aufrufs zur Gründung von PERRY RHODAN-Clubs gewesen sein. Und möglicherweise hat es eine Rolle gespielt, dass die Konkurrenzserie »Ren Dhark«, die der in Unfrieden aus dem PR-Team geschiedene Autor Kurt Brand im Kelter-Verlag ins Leben gerufen hatte und die zu dieser Zeit in ihren 40er-Bänden war, von Beginn an eine redaktionelle Seite bot, auf der die Leser ihre Meinung loswerden konnten.

Dass William Voltz der Betreuer der neuen LKS war, wurde damals nicht verraten, erst im Werkstattband von 1986 ließ Horst Hoffmann die Katze aus dem Sack. Es war auch nicht zu erkennen, denn die frühe LKS war außerordentlich unpersönlich und erschöpfte sich weitgehend in Lob, Club-Vorstellungen und Fragen nach Anstecknadeln und ähnlichem Zusatzmaterial. Dazwischen wurden hin und wieder Informationen zum PERRY RHODAN-Film und zu Veranstaltungen und Veröffentlichungen sowie Trickfotos oder Interviews eingestreut.

(Fast) alles wurde anders, als in Heft 467 bekanntgegeben wurde: »Von dieser Heftnummer an soll sich die Seite für den Leser zu ihrem Vorteil verändern. Die Änderung betrifft nicht das äußere Aussehen, sondern den Inhalt der Seite. Er soll lebendiger, kritischer und abwechslungsreicher werden. Wichtige Fragen werden auf dieser Seite beantwortet. Kritische Meinungen werden veröffentlicht und zur Diskussion gestellt. Außerdem sollen Mitteilungen von allgemeinem Interesse gebracht werden. Auch die Clubs sollen zu ihrem Recht kommen.«

Diese Ankündigung umreißt recht treffend die neue inhaltliche Ausrichtung der LKS und hat bis heute ihre Gültigkeit nicht verloren – unabhängig davon, wer die Seite jeweils betreute. Ab PR 525 ab wurde die Kontaktseite von Voltz auch namentlich unterzeichnet. Schon einige Wochen zuvor, ab Band 517, war sie auf zwei Seiten erweitert worden.

Neben den von nun an deutlich kritischeren Leserbeiträgen gab es als weitere Neuerungen die Sparte »Perry Rhodan privat« mit Informationen und Anekdoten zu den PR-Machern sowie Karikaturen und Cartoons. Später bot die LKS regelmäßig SF-Witze und auch Kurzgeschichten von Lesern. Außerdem fanden Abstimmungen über die besten Romane des jeweiligen Zyklus statt.

Wie fast jedes andere Segment der PERRY RHODAN-Serie betreute William Voltz die LKS bis zu seinem Tod im Jahr 1984. Mit Band 1195 übernahm diese Aufgabe Horst Hoffmann. Er machte die Erweiterung der LKS auf sechs Seiten, mit der zuvor immer mal wieder sporadisch experimentiert worden war, zu einer dauerhaften Einrichtung.

Schon in der Voltz-Ära hatte die Seite als optische Aufwertung ein Logo erhalten: einen niedlichen, von Hannes Mallau gezeichneten Außerirdischen beim Einwerfen eines Leserbriefs. Erst nach Heft 2199 musste der Kleine das Feld räumen, was ein wenig mehr Platz für Leserbeiträge einbrachte, die LKS aber auch deutlich nüchterner aussehen ließ.

Ab PR-Bd. 1377 übernahm Anfang 1988 der damalige Exposéautor Ernst Vlcek die LKS von Horst Hoffmann, gab sie aber nach gerade mal anderthalb Jahren schon wieder an Wolfgang Kehl alias Arndt Ellmer ab, der dann im Laufe der Zeit zum legendären »LKS-Onkel« mutierte. Denn in seiner Obhut blieb die Leserkontaktseite unvorstellbare 25 Jahre lang.

Während Ellmers »Amtszeit« wurde die LKS allerdings nach über 30 Jahren ab Band 1901 von der ersten Seite ans Ende des Hefts »verbannt«. Man war wohl der Ansicht, dass Leser – allemal neue – zuerst den Roman wollten, und dann erst das Zubehör. So erblickt man heutzutage, wie es in Vor-LKS-Zeiten gewesen war, beim Aufschlagen des neuen Hefts zuerst den ikonischen Perry Rhodan-Kopf von Heft 19.

Erst als Arndt Ellmer sich Anfang 2014 für geraume Zeit vom aktiven Schreiben zurückzog, übergab er die Betreuung der LKS in neue Hände. Seine Nachfolgerin wurde Michelle Stern, die erst ein knappes halbes Jahr zuvor Stammautorin der PERRY RHODAN-Serie geworden war. Sie führte die Leserkontaktseite mit souveräner Hand lückenlos weiter, verpasste der alten Dame aber gleich zu Beginn ein kleines Lifting. Seither ziert jede LKS ein Foto der Betreuerin. Das ist nur ein winziges Detail, lässt den Kontakt zu den Lesern jedoch ein gutes Stück persönlicher werden.

Der letzte Wechsel in der LKS-Betreuung liegt nun auch schon acht Jahre zurück, aber es kommt einem vor, als sei es gestern gewesen. Wenn das kein Zeichen gelungener Kontinuität ist …

Michael Thiesen

Perry Rhodan 3176: Das schwarze Verwehen
Michelle Stern
PERRY RHODAN DIGITAL
ISBN/EAN: 9783845361765
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Perry Rhodan 3176: Das schwarze Verwehen
Michelle Stern
Pabel Moewig Verlag KG
ISBN/EAN: 9999900007169