Das Triumvirat der Expokraten – Teil drei Eine Kolumne von Falk-Ingo Klee

3. Mai 2020

(Der ehemalige ATLAN- und Taschenbuchautor Falk-Ingo Klee erinnert in dieser Kolumne an die verschiedenen Exposéautoren, die er während seiner Zeit als ATLAN-Autor kennengelernt hat. Wegen ihrer Länge erscheint die Kolumne in drei Teilen: vorgestern Teil eins, gestern Teil zwei und heute Teil drei.)

 

Um inhaltliche Fehler zu vermeiden, bekam jeder Autor alle Exposés, also auch die, die Kollegen betrafen. Und jeder Autor war verpflichtet, eine Kopie des Romans, den er geschrieben hatte, an den Kollegen zu schicken, der den Folgeband schrieb. Das war aber wohl eher die Ausnahme.

Ich hatte Kurt Mahr als meinem Nachfolgeautor eine Romankopie nach Florida (USA) geschickt, wo er lebte. Das Porto war damals happig und betrug fast 20 Mark. Als wir uns später einmal in Gießen trafen, sagte mir Kurt, dass ich der einzige gewesen war, der ihm je ein Duplikat geschickt hatte.

Für die mehr als siebzig Schreibmaschinenseiten, die jeder Roman umfasste, hatten wir sechs Wochen Zeit. Tauchten dann im Text Fehler auf, war es ja nicht damit getan, die zu korrigieren und vielleicht eine Seite neu zu schreiben, nein, das ganze Gefüge stimmte nicht mehr. Sechzig Anschläge pro Zeile und vierzig Zeilen pro Blatt – das musste alles passen.

Und die Geschichte sollte auch nach der Korrektur stimmig sein. Passierte der Fehler auf Seite eins oder zwei, hieß es im schlimmsten Fall, den ganzen Band noch einmal neu zu schreiben. Das war damals in der vorgegebenen Zeit nicht möglich.

Ob Günter M. Schelwokat als damaliger Lektor oder Peter Griese als Exposéautor Nockemanns seltsame Verwandlung zum gelegentlichen Lebemann deshalb zuließen oder es als Bereicherung oder sogar als Gag empfanden und absegneten, weiß ich nicht – mein Hage Nockemann war jedenfalls clean. Und Blödel sowieso.

Einen Band mit einer Zahl und zwei Nullen dahinter zu schreiben, ist immer eine besondere Ehre, denn damit wird in der Regel ein neuer Zyklus eröffnet. H. G. Ewers schrieb Band 800 mit dem Titel »Die Zeitfestung«.

Nun muss man wissen, dass der Autor sich einen gewissen Ruf erarbeitet hatte. So brachte er es immer wieder fertig, Personen in die Handlung einzuschleusen, die im Exposé überhaupt nicht vorkamen. Zudem schaffte er es, diese Figuren so zu etablieren, dass sie übernommen und Teil der Serienhandlung wurden und sogar tragende Rollen innehatten. Das toppte H. G. Ewers aber noch, denn er brachte sogar das Kunststück fertig, innerhalb eines Zyklus einen eigenen Minizyklus zu schreiben.

Band 800 hatte er nach eigenem Exposé geschrieben, die Vorlage für den Folgeroman stammte ebenfalls aus seiner Feder. Als Autor dafür war ich vorgesehen. Das Ergebnis findet sich in Band 801, »Die Zeitschule von Rhuf«.

Im Lauf der Zeit hatte ich die unterschiedlichsten Exposés bekommen, die oft mit einer ganz besonderen Herausforderung verbunden waren. Mal lagen mir die Themen, ein andermal fremdelte ich ein bisschen damit, aber immer versuchte ich, die Aufgabe so zu erfüllen, dass die Lektüre spannend und unterhaltsam zugleich war. Das war der Anspruch an mich selbst, denn darauf hatte der Leser ein Recht.

Nun beschrieben wir SF-Autoren – egal, ob wir für PERRY RHODAN und/oder ATLAN schrieben - viele unbegreifliche und eigentlich auch kaum beschreibbare Dinge wie Hyperraum, Transmitter oder Transformkanone. H. G. Ewers hatte mir ein Exposé mit einem Etwas beschert, das sich dem menschlichen Geist noch mehr entzog: Zeit. In »Die Zeitschule von Rhuf« hatte sich dieses zwar willkürlich messbare, aber eigentlich unbegreifliche Phänomen »Zeit« geradezu materieähnlich manifestiert.

So jedenfalls meine Erinnerung daran, die mich heute noch etwas gruseln lässt. Manchmal ließ sich dieses Unbegreifliche seinerzeit nur mit einem »wesenlosen Wallen« umschreiben. Diese Wortschöpfung von mir gebe ich hiermit zur allgemeinen Nutzung frei.

Ach ja, eine Information fehlt noch: Wie entstanden eigentlich die Hefttitel? Wir Autoren mussten für jeden Roman drei Titel plus Untertitel vorschlagen. Günter. M. Schelwokat, der damalige Lektor, konnte davon einen auswählen und aufs Cover drucken lassen oder eine Eigenkreation nehmen, wenn ihm die Titelvorschläge nicht gefielen.

Bei allen meinen TERRA ASTRA- und ATLAN-Romanen war letzteres nicht der Fall. In ihnen ist nicht nur Klee drin, sondern auch auf dem Umschlag drauf – Name und Titel …

Atlan 800: Die Zeitfestung
Ewers, H G
PERRY RHODAN DIGITAL
ISBN/EAN: 9783845346748
1,49 €
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