Séverine Gauthier / Clément Lefèvre: Die entsetzliche Angst der Epiphanie Schreck Zwischen phantastischem Kinderbuch und originellem Comic

7. Mai 2019

Wer ungewöhnliche Comics zu schätzen weiß, die mit bekannten Erzählweisen brechen und eine Geschichte mal ganz anders erzählen – sowohl grafisch als auch vom Text her –, für den habe ich diesmal eine besondere Empfehlung. Ich habe nämlich den phantastischen Comic »Die entsetzliche Angst der Epiphanie Schreck« gelesen, der mir wegen seiner einfühlsamen Geschichte sehr gut gefallen hat.

Hauptfigur des Comics ist ein Mädchen, das gerade acht Jahre alt ist. Es trägt den Namen Epiphanie Schreck und leider sehr darunter, immer Angst zu haben. Die Angst folgt Epiphanie wie ein Schatten, dräut gewissermaßen über ihr und erdrückt sie. Und weil sie weiß, dass dies alles auf die Dauer nicht gut gehen kann, beschließt Epiphanie, die Angst endlich zu zähmen.

Sie geht auf eine Reise, die sie in die Tiefen ihrer Angst und hinaus in eine seltsame Welt führt. Sie besucht Doktor Psyche, der – wie der Name verrät – so etwas wie ein Psychiater ist. Sie besucht den Zirkus der Zwölften Nacht, in dem sie unheimliche Begegnungen hat. Sie trifft auf Tiere und Menschen, hat merkwürdige Erlebnisse und lernt am Ende viel über sich, ihre Angst und eine mögliche Zukunft.

Diese Beschreibung des Inhalts klingt womöglich verwirrend, sie gibt den Inhalt aber sehr gut wieder. Dieser Comic ist nicht mit gängigen Comics vergleichbar, eher mit anspruchsvolleren Kinderbüchern. Wer hier von einer »Graphic Novel« oder einer »Bildgeschichte« sprechen möchte, hat recht. Die Handlung folgte nicht klaren Bahnen, sowohl die Texte als auch die Bilder sind assoziativ und öffnen den Lesern weite Räume.

Geschrieben wurde die Geschichte von Séverine Gauthier. Die Autorin hat sich offenbar intensiv mit dem Thema Angst auseinandergesetzt, vor allem auch damit, wie sie bei Kindern wirkt. In Epiphanie zeigt sie ein Kind, das an seiner Angst fast zerbricht, das nicht weiß, wie es sie zeigen kann, und das deshalb auf eine verzweifelte Reise in die Welt geht. Die Dialoge sind kindgerecht, die Logik der Figuren oftmals ein wenig schräg – aber stets überzeugend. Damit erzeugt die Autorin eine Geschichte, die trotz der fremdartigen Szenarien in sich stimmig ist.

Manche Rezensenten vergleichen den Comic mit »Alice im Wunderland«, womit sie recht haben. Erzählt wird von einem Mädchen, das auf einer Suche ist und dabei durch ein phantastisches Land reist, das zwar aussieht, als sei es »außen«, in Wirklichkeit aber in Epiphanies Innern stecken dürfte.

Die Illustration durch Clément Lefèvre ist wunderschön: Der Künstler bleibt nicht im Rahmen der bekannten Panels, verlässt also immer wieder die Kästchen-Struktur, die man ansonsten von Comics kennt. Viele Seiten sind Gesamtkunstwerke, in denen das Mädchen und seine Angst wie Schwerpunkte wirken. Die Bilder sind mal träumerisch, mal haben sie einen surrealen Einstieg. Sie sind auf jeden Fall eigenständig, haben keine Verbindung zum klassischen »Funny« oder zum realitätsnahen Comic.

»Die entsetzliche Angst der Epiphanie Schreck« ist kein Kinder-Comic, auch wenn es um die Ängste eines Kindes geht. Erwachsene können ihn sicher mit einem Kind zusammen anschauen; die künstlerische Gestaltung und die fabulierende Handlung aber weisen darauf hin, dass als eigentliche Zielgruppe vor allem Erwachsene im Visier sind. Wer anspruchsvolle Kinderbücher mag, die sehr oft auch künstlerisch gestaltet sind, wird an diesem Comic auf jeden Fall seine Freude haben.

Erschienen ist der schöne Band als Hardcover im Splitter-Verlag, er ist 96 Seiten stark und kostet 19,95 Euro. Mithilfe der ISBN 978-3-95839-972-3 kann man ihn in jeder Buchhandlung bestellen, auch bei Versendern wie dem PERRY RHODAN-OnlineShop.

Klaus N. Frick

Die entsetzliche Angst der Epiphanie Schreck
Gauthier, Séverine
toonfish
ISBN/EAN: 9783958399723
19,95 €
(inkl. MwSt.)
Lieferbar innerhalb 2 - 3 Wochen
In den Warenkorb