Die Woche der Krimi-Tipps (Teil 3) Ross Macdonald: Der blaue Hammer

20. April 2016

Krimi-Klassiker in neuer Auflage

Von dem Schriftsteller Ross Macdonald (1915 bis 1983) hatte ich bis vor kurzem nur den Namen gekannt. Ich hatte gewusst, dass der Mann eine Reihe von berühmten Krimis geschrieben hatte, aber nie einen Roman von ihm gelesen. Seit ich aber unlängst »Der blaue Hammer« durchgeschmökert habe, bin ich mir sicher, dass ich von dem Autor noch mehr haben möchte.

Der Roman wurde 1976 geschrieben, kam 1978 bereits erstmals in deutscher Sprache heraus und liegt seit über einem Jahr in einer Neuübersetzung vor. Die durchaus verwirrend aufgebaute Geschichte ist die eines Detektivs. Lew Archer heißt der Mann, und er ermittelt in einer kleinen Stadt in Kalifornien. Einem wohlhabenden Ehepaar wird ein Gemälde gestohlen, als sein Urheber gilt ein Maler, der seit einem Vierteljahrhundert verschwunden ist.

Archer soll das Gemälde wieder beschaffen, und er beginnt damit, in der Vergangenheit zu wühlen. Irgendwie scheint das aktuelle Leben des wohlhabenden Paars mit dem verschwundenen Maler in einer engen Beziehung zu stehen. Auch das Verhältnis der Tochter zu einem jungen Mann steht dazu in einem Zusammenhang. Archer muss erkennen, dass er in die Vergangenheit blicken muss, immer tiefer und intensiver – und auf dem Weg dahin werden seine Ermittlungen gefährlicher und verwirrender.

Ich ließ mich mit wachsender Spannung auf den Roman ein. Man merkt ihm an, dass er in den 70er-Jahren erschienen ist; der Held als einsamer Ermittler war bereits zu dieser Zeit ein Klischee. Trotzdem packt einen die Geschichte, zieht sie einen Leser in den Bann. Es treten viele Personen auf, die Geschichte ist durchaus komplex, aber natürlich findet der Detektiv immer wieder die richtigen Spuren. Erfreulich finde ich, dass sexistische Klischees – die damals üblich waren – komplett fehlen.

Die Sprache ist stets klar und eindeutig, die zahlreichen Dialoge beschleunigen die Handlung, und sie charakterisieren die Figuren. Beschreibungen beschränken sich auf das Nötigste; trotzdem schildert der Autor die sozialen Umstände der jeweiligen Figuren in präzisen Sätzen. Er verzichtet auf übertriebene Vergleiche – wie sie manche Autoren im »Noir«-Genre mögen – und bleibt bei seinem offensichtlichen Vorsatz, eine klassische und zugleich spannende Krimi-Geschichte zu erzählen. Die Perspektivwechsel sind stimmig, die einzelnen Szenen folgen schnell aufeinander.

Durchaus lesenswert ist übrigens das Nachwort, das von der Bestsellerautorin Donna Leon stammt. Als Werbeaktion für den »Blauen Hammer« ist das sicher nicht zu unterschätzen; die Autorin der Brunetti-Krimis hält den Roman für das Meisterwerk seines Schöpfers. Es war auf jeden Fall der letzte Roman, den Macdonald über seinen Privatdetektiv schrieb, und ich bin neugierig darauf, die anderen Fälle kennenzulernen.

Wer klassische Krimis mag, sollte hier auf jeden Fall zugreifen. Ebenso empfehle ich den Roman all denen, die langsam die Nase voll haben von brutalen Serienkillern, Psychos und Frauenschlitzern. »Der blaue Hammer« ist auf angenehme Weise altmodisch und kommt ohne ausufernde Gewalt aus, bleibt dabei aber stets spannend.

Die Neuauflage des Romans ist als Taschenbuch bei Diogenes erschienen, sie umfasst 432 Seiten und kostet 11,90 Euro. Mithilfe der ISBN 978-3-257-24088-7 kann man »Der blaue Hammer« in jeder Buchhandlung bestellen, ebenso bei Versendern wie Amazon.

Klaus N. Frick

Der blaue Hammer
Macdonald, Ross
Diogenes Verlag AG
ISBN/EAN: 9783257240887
12,00 €
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