Das einzige, was mich davon abhält, alle Romane des schottischen Schrifttellers Stuart MacBride zu lesen, ist die Tatsache, dass die Bücher recht dick sind und einen nicht mehr los lassen, wenn man mal mit der Lektüre angefangen hat. Das schaffe ich eigentlich nur in einem Urlaub ... Zuletzt schmökerte ich »Totenkalt« durch und war während der Lektüre kaum von dem Buch wegzubekommen.
Der Roman erschien bereits 2016 unter dem Titel »In The Cold Dark Ground« in englischer Sprache – was mir besser gefiele als der plumpe deutsche Titel – und wurde im Spätsommer 2017 in deutscher Sprache veröffentlicht. Es handelt sich um einen Teil der Serie um den Polizisten Logan McRae, war aber sehr gut verständlich: Ich kenne aus dieser Serie bislang nur zwei Romane und kam problemlos mit der Handlung klar.
Das liegt an der spannenden Geschichte und an der mitreißenden Art, wie der Autor seine Hauptfigur von einer Schwierigkeit in die andere führt. Zur Story: Eigentlich hat man Logan McRae, den klar denkenden und stur ermittelnden Polizisten, ja ein wenig abgeschoben. Er sitzt in einem vergleichsweise unbedeutenden Ort an der schottischen Küste, wo er seine Vorgesetzten so wenig wie möglich stören soll.
Dann geschieht ein Mord, und Logan soll sich um den Fall eines zuerst brutal misshandelten und dann umgebrachten Mannes kümmern. Allerdings darf er als Sergeant so etwas natürlich nicht allein tun. Nicht nur Roberta Steel taucht auf, seine Vorgesetzte, die vor allem durch sexistische und grobe Sprüche auffällt, sondern auch Polizisten einer Spezialeinheit, die örtliche Beamte nicht gerade ernst nehmen.
Logan muss sich also ins Klein-Klein einer Ermittlung einschalten, vor deren Hintergrund diverse Polizeibehörden ihre internen Streitereien ausfechten. Die meiste Zeit bereitet ihm aber eine Entwicklung schweres Kopfzerbrechen: Der bisherige Kopf des organisierten Verbrechens liegt im Sterben – es ist nur eine Frage der Zeit, bis er tot ist und erbitterte Kämpfe um seine Nachfolge ausbrechen.
Das klingt alles ein wenig kompliziert, und das ist es auch. Verschiedene Fälle laufen parallel, das Hickhack der Behörden gehört dazu, und unterschiedliche Gangster nehmen Einfluss auf die Ereignisse in der kleinen Stadt. Der Autor lässt seine Hauptfigur noch dazu in mancherlei private Probleme rutschen, die sich mit dem Fall vermengen.
Die Handlung des Romans ist allerdings stets nachvollziehbar, weil der Autor immer auf der Augenhöhe seines Helden bleibt. Der Leser weiß so viel wie Logan und nicht unbedingt viel mehr – allein der Prolog hätte meiner Ansicht nach getrost wegfallen können –, was dazu führt, dass man mit atemloser Spannung den immer knalligen Dialogen, der teilweise groben Action und den spannenden Ermittlungen folgt.
Dabei bekommt die Hauptperson nicht nur einmal Prügel. Logan ist ein harter Hund, aber seine Gegner sind extrem gewalttätig. Im schottischen Dauerregen gibt es Schlägereien und Schießereien, erbitterte Drohungen und Erpressungen; die Handlung läuft in rasanten Kapiteln ab, denen man als Leser atemlos folgt, so dass man das Buch kaum aus der Hand legen kann.
Die realitätsnahe Sprache mit all ihren Vulgaritäten und die immer wieder heftige Brutalität vermitteln den Eindruck, dass der Autor weiß, wovon er schreibt. Wer einen harten und glaubwürdigen Krimi zu schätzen weiß, sollte Stuart MacBride unbedingt antesten; ob er allerdings mit diesem Band anfängt oder mit dem ersten Teil der Reihe um Logan McRae, muss jeder selbst entscheiden. Gut verständlich ist »Totenkalt« allemal, und davon kann man sich durch die Leseprobe auf der Internet-Seite des Verlages überzeugen.
Erschienen ist der Roman als Taschenbuch mit Klappenbroschur im Goldmann-Verlag; er ist 640 Seiten stark und kostet 9,99 Euro. Mithilfe der ISBN 978-3-442-48566-6 kann man den Roman überall im Buchhandel bestellen, auch bei Versendern wie dem PERRY RHODAN-OnlineShop.
Klaus N. Frick
