Ganze Generationen von Comic-Freunden in Europa sind mit der Figur des Detektivs Rick Master aufgewachsen. Die ersten Geschichten um Rick Hochet, wie der junge Mann im Original heißt, erschienen 1955 in der Zeitschrift »Tintin«. Im deutschsprachigen Raum wurde die Serie ab den 60er-Jahren immer wieder neu aufgelegt.
Eine prachtvolle Gesamtausgabe startete im Herbst 2017 der Splitter-Verlag. Den ersten Teil davon habe ich mittlerweile gelesen; er enthält fünf Kurzgeschichten sowie vier längere Abenteuer, zu denen die ersten Alben-Veröffentlichungen gehören. Die Geschichten wurden von 1955 bis 1963 geschrieben und gezeichnet, und sie zeigen sehr schön, wie sich die Serie entwickelte.
Wahrscheinlich kennt eine gewisse Generation von Lesern diese Figur, ebenso wahrscheinlich ist es, dass jüngere Leser noch nie von »Rick Master« und seinen Abenteuern gehört haben. Das ist ein Fehler: Die Geschichten des Journalisten und Amateurdetektivs zählen zum Besten, was die frankobelgische Comic-Szene seit den fünfziger Jahren entwickelt hat. Sie sind zudem ein schönes Beispiel dafür, wie sich der Zeitgeist über die Jahrzehnte hinweg veränderte. In ihnen vereinen sich Krimi und Thriller, gelegentlich Phantastik und sogar Science Fiction zu immer wieder spannenden Geschichten, die stets sauber gezeichnet sind.
Zum Hintergrund: Gilbert Gascard war 1955 ein junger Zeichner, der vor allem durch allerlei humoristische Comics bekannt geworden war. Er setzte sich mit dem Schriftsteller Andre-Paul Duchateau zusammen, der bereits einige Krimis veröffentlicht hatte, um mit ihm einen neuen Comic zu entwickeln. Es entstanden die ersten Comic-Kurzgeschichten, in denen ein Zeitungsjunge namens Ric Hochet erste, sehr harmlose Fälle aufklärte.
Nach dem raschen Erfolg dieser Kurzgeschichten folgten komplexere Abenteuer. Aus dem Zeitungsjungen wurde ein Journalist, der als freier Mitarbeiter für die Polizei arbeitet (über die rechtlichen Grundlagen wollen wir lieber nicht nachdenken; das interessierte die Leser damals nicht). Kommissar Bourdon ist eigentlich ein guter Polizist, aber manchmal ein wenig lahm – und da kann so ein junger Journalist immer mal wieder hilfreich sein. Vor allem, wenn dieser ein Interesse an Nadine, der Tochter des Kommissars, hat, was in den frühen Comics extrem vorsichtig angedeutet wurde.
Diese Anfänge werden im ersten Band der Gesamtausgabe in wunderbarer Weise zusammengefasst. Seien wir dabei fair: Die Kurzgeschichten sind vor allem für die Leser interessant, die sich für die Hintergründe der Serie interessieren. Sie sind recht schlicht erzählt, die Hauptfigur ist ein braver Junge, und man merkt, dass die damalige Zielgruppe eben aus Jungs um die zwölf Jahre bestand.
Man merkt bei den »langen« Abenteuern, wie schnell sich die Serie veränderte. Es geht um eine »Geheimnisvolle Insel«, so auch der Titel der Geschichte, und ihre Mysterien, hinter die der Detektiv kommen muss. Das ist spannend erzählt, weist einige nette Horror-Elemente auf und wird konsequent zu Ende gebracht. Die zweite lange Geschichte kommt ohne Phantastik aus, ist eben ein flotter Krimi, in dem es einen Showdown auf einer Baustelle gibt.
Mir gefallen bei solchen Bänden nicht nur die Geschichten, sondern auch die redaktionellen Beiträge. Es gibt Skizzen und Fotos zu bewundern, die illustrieren, wie man in den frühen 60er-Jahren diese Comic-Serie zum Erfolg brachte; dazu kommen lesenswerte Hintergrund-Artikel. Sehr schön!
Mit dem ersten Band der »Rick Master«-Gesamtausgabe hat der Splitter-Verlag einen starken Schritt unternommen. Wenn man die Gesamtausgabe komplett veröffentlicht, kommt eine umfangreiche Bibliothek mit 25 Bänden heraus – für Freunde des klassischen Comics ist das ein echter Leckerbissen!
Dieser erste Band umfasst 256 Seiten und kostet 29,80 Euro. Man bekommt ihn im Comicfach- und im Buchhandel, die ISBN 978-3-95839-577-0 ist dabei behilflich. Selbstverständlich führen auch die bekannten Versandhändler dieses Buch, darunter der PERRY RHODAN-OnlineShop.
Klaus N. Frick
