Marianne Sydow Autorin, Künstlerin und Archivarin

Jahrelang galt Marianne Sydow, 1944 unter dem Namen Marianne Bischoff geboren, als die einzige Autorin im deutschsprachigen Raum, die Science-Fiction-Romane schrieb und veröffentlichte: Vor allem bei PERRY RHODAN und ATLAN erarbeitete sie sich über Jahre hinweg einen wachsenden Kreis von Fans. Anfang der neunziger Jahre verließ sie das Team der größten Science-Fiction-Serie der Welt und widmete sich eigenen Projekten. Am 2. Juni 2013 verstarb die Autorin nach kurzer schwerer Krankheit im Kloster Lehnin in Brandenburg.
 
Schon in frühester Kindheit interessierte sie sich für Literatur: »Der Bücherschrank war meine erste große Liebe«, so nannte es die am 24. Juli 1944 geborene Schriftstellerin mit leichter Selbstironie. Schon als Kind beschäftigte sie sich mit Büchern, mit fünf Jahren konnte sie bereits lesen. Nach ersten Erfahrungen mit Karl May drang sie rasch zu sogenannten Zukunftsromanen vor und war »tief beeindruckt«.
 
»Fortan wurde meine Phantasie von Außerirdischen, Zeitmaschinen, Raumschiffen, fremdartigen Planeten und ähnlichen Dingen förmlich überschwemmt«, erinnerte sie sich in einem Interview. Vom Lesen kam sie zum Zeichnen und Schreiben, mit dreizehn Jahren begann sie einen Roman. Spätere Versuche der Jugendlichen, mit ihrem Manuskript einen Verlag zu finden, scheiterten allerdings.
 
Marianne Sydow blieb ehrgeizig: Nach einigen Jahren nahm sie sich ihren Erstlingsroman erneut vor, schrieb ihn um und schickte ihn an andere Verlagshäuser. Der Roman wurde angenommen und unter dem Titel »Das Wesen aus der Retorte« im Erich Pabel Verlag veröffentlicht; allerdings wählte sie dafür das männlich klingende Pseudonym Garry McDunn.
 
Ihre schriftstellerische Laufbahn geriet durch die Geburt ihres Sohnes Ralph ein wenig ins Stocken; erst 1972 ging es für sie »richtig« los, anfangs als Garry McDunn für den Zauberkreis-Verlag, später unter dem Namen Marianne Sydow, den sie seit ihrer ersten Ehe trug, für den Erich Pabel Verlag und dessen Serie TERRA ASTRA.
 
Mitte der 70er Jahre erfolgte der Einstieg in die ATLAN-Serie, wo sie mit ihren Romanen bald Anklang in der Leserschaft fand. Vor allem in dem Zyklus »König von Atlantis«, der die Serie ab Band 300 in eine leichte Fantasy-Richtung bewegte, setzte sie Akzente. Bei ATLAN fungierte Marianne Sydow zeitweise auch als Exposé-Autorin.
 
Von ATLAN wechselte sie zu PERRY RHODAN, wo sie ebenfalls recht schnell zu einer sehr beliebten Autorin wurde. In Leserbriefen wurde vor allem ihre feinfühlige Darstellung sowohl »menschlicher« als auch exotischer Charaktere gelobt. Aufgrund von Konflikten mit der Redaktion erklärte sie Anfang 1992 ihren Ausstieg aus dem PERRY RHODAN-Team.
 
In den folgenden Jahren arbeitete sie verstärkt an eigenen Projekten und widmete sich mit ihrem zweiten Mann Heinz-Jürgen Ehrig schlicht dem »normalen Leben«. Ende der 90er Jahre zog das Ehepaar Ehrig in ein kleines Dorf unweit von Berlin, wo die beiden gemeinsam die »Villa Galactica« schufen, die zur Zeit größte Privatsammlung von Utopie und Phantastik in Europa.
 
Nach dem Tod ihres Mannes kümmerte sich Marianne Ehrig allein um die Bibliothek, allen Problemen und Widerständen zum Trotz. Sie archivierte die Sammlung und pflegte die Bestandskataloge – und sie veröffentlichte im Eigenverlag die klassische Serie »Der Luftpirat und sein lenkbares Luftschiff«, die lange vor dem Ersten Weltkrieg erstmals erschienen war.
 
Auch in dieser Zeit besuchte Marianne Ehrig immer wieder gern Science-Fiction-Cons, wo sie mit PERRY RHODAN-Fans diskutierte oder ihre Fraktal-Kunstwerke präsentierte, die sie am Computer erschuf. Als die Nachricht von ihrem Tod die Runde machte, reagierte die Fan-Szene buchstäblich geschockt.
 
Ihr Sohn Ralph führt jetzt die »Villa Galactica« mit ihrer riesigen Sammlung fort. Er hält das Andenken an seine Mutter weiterhin lebendig.