Wie wird der »Chaotarchen«-Zyklus geplant? Ein Werkstattbericht von Wim Vandemaan

17. September 2020

Im Galaktischen Forum – dem Diskussionsforum auf der Internet-Seite der PERRY RHODAN-Serie – wurde Wim Vandemaan gefragt, wie denn die Ablaufplanung eines Zyklus funktioniere. Wim Vandemaan, einer der zwei Exposéautoren, gab daraufhin eine Antwort, die wir ausschnittsweise zitieren.

»Das ist ganz einfach – allerdings in jedem Zyklus im Detail immer etwas anders. Allgemein gilt: Zunächst wird die Handlung geplant – gut ist, wenn die Haupthandlung in maximal drei Sätzen erzählbar ist. Festgelegt wird: Wo, wann und womit beginnt die Handlung? Welche Konflikte ergeben sich daraus und treiben die Handlung voran, und welche unserer Hauptcharaktere tragen diese Konflikte aus?

Welche neuen, unbekannten und deswegen nicht kalkulierbaren Charaktere kommen dazu?

Wo spielen sich die Konflikte hauptsächlich ab? Was geschieht zum Zyklusbeginn und in der Zyklusmitte (da liegen für den »Chaotarchen«-Zyklus beispielsweise schon der Inhalt und ein Arbeitstitel fest)? Wie endet die Geschichte (da wissen wir für den kommenden Zyklus, wer den Abschluss schreiben wird)?

Die Handlung wird dem Team vorgestellt, was den Kolleginnen und Kollegen die Möglichkeit für Fragen, Ergänzungen, Kritik, Anregungen und Vorschläge gibt. Diese Beiträge werden verschriftlicht und in die Planungsdatei eingefügt.

Dann muss die Geschichte eigentlich nur noch im Perryversum verortet werden: An welche Handlungen, Zyklen, an welche offenen Fragen knüpft die Geschichte an? Diese Fragen und die Antworten darauf schränken die Geschichte einerseits ein, rahmen sie ein, eröffnen ihr andererseits jedoch neue Räume.

Zu den alten Handlungsorten recherchieren wir: zunächst in der »Perrypedia«, dann in den alten Romanen und besonders gerne in den damals grundlegenden Exposés.

Zu den neuen Figuren werden Datenblätter erstellt: Geburtsdaten, Aussehen, Größe, besondere Fähigkeiten, Eigenschaften, Redewendungen, soziales Umfeld. Meist stellen wir ein Bild dazu ein, der den Typus der Figur darstellt, oft eine Schauspielerin oder einen Schauspieler.

Dann kommen die Namen, die, soweit sie Menschen betreffen, immer echte Namen sind, aber in neuer Kombination von Vor- und Zuname. Manchmal haben die Namen eine Bedeutung, die wir kennen, aber nicht unbedingt kommunizieren, sozusagen im Hinterkopf behalten.

Für die Handlungsorte werden mal mehr, mal weniger umfangreiche Dateien erstellt: Sonne und Sternenklasse, Entfernung zum Solsystem, Anzahl und Namen der Planeten, Monde, Größe der Hauptwelten im Äquatorial- und Poldurchmesser, Kontinente, deren Umrisse, Hauptstädte, Einwohnerzahl und so weiter.

Die im laufenden Zyklus umfangreichste Datei ist die zum Sternenrad.

Bei besonderen Handlungsorten, die in der Geschichte eine Rolle spielen, beschaffen wir uns Material. Für den kommenden Zyklus waren die Kolleginnen und Kollegen vom Kosmos-Verlag und von »National Geographic« sehr hilfreich. Was nicht in Buchform vorliegt, müssen wir anderweitig recherchieren; für den kommenden Zyklus haben uns eine Kollegin und ein Kollege vom Max-Planck-Institut für Astrophysik telefonisch und via E-Mail beraten.

Das Aussehen der neuen Sternenvölker wird den Titelbildzeichnern mitgeteilt, die dazu und für die Cover Idealtypen anfertigen. Die Raumschiffe werden festgelegt: Form, Größe(n), Klasse(n), Material und Farbe, Technik. Diese Angaben werden ausgearbeitet, in rhodanische Größen übersetzt und den Risszeichnern zur Ausarbeitung zugeteilt.

Als nächstes muss die Handlung nur noch portioniert, also in Handlungsbögen aufgeteilt werden; dazu werden sogenannte Roadmaps erstellt. Die einzelnen Handlungsschritte werden dann in den Exposés konkretisiert und den Kolleginnen und Kollegen zugeordnet, wobei wir darauf achten, den Autorinnen und Autoren genügend Freiheiten und Spielraum für ihre literarische Arbeit zu lassen – und den Charakteren Freiheiten und Spielraum, sich zu entwickeln.

Diese Freiräume können dazu führen, dass Figuren, die wir für besonders interessant gehalten haben, eher verblassen und in den Hintergrund treten, andere eine eigene Kariere machen und zu Hauptfiguren werden.

Die Arbeit ist überwiegend Textarbeit: Es gibt Chroniken, nicht nur für die tatsächliche und in den Romanen erzählte Handlung, sondern auch für den zeitlichen Kontext. Mit visuellem Material arbeiten wir nur in Ausnahmefällen: mit der umfangreichen Karte von Terrania, beispielsweise, oder für Handlungen, die in Raumschiffen spielen, mit den entsprechenden Risszeichnungen.«