Wenn ein Autor auf lange Reisen geht … – Teil zwei Michael Marcus Thurner erzählt von seinem Motorrad und seinen Touren

30. März 2023

Michael Marcus Thurner zählt seit 2005 zum Team der PERRY RHODAN-Serie und verfasste in dieser Zeit zahlreiche Romane. Seit einiger Zeit verwirklicht er einen anderen Traum: Er geht mit seinem Motorrad auf sehr lange Reise, bei denen er aber weiterhin Zeit einplant, um seine Romane schreiben zu können.

Olaf Brill interviewte ihn für den PERRY RHODAN-Report 564, der unlängst in einem Roman veröffentlicht wurde, den Thurner geschrieben hatte: »Das neue Volk« kam mit der Bandnummer 3208 in den Handel. Dieses Gespräch soll an dieser Stelle dokumentiert werden. Wegen seines Umfangs bringen wir es in zwei Teilen: gestern der erste, heute der zweite Teil.

 

Olaf Brill: So eine Reise birgt sicher auch Unerwartetes, Schwierigkeiten, Gefahren, schlechtes Wetter. Gab es kritische Situationen, über die du uns berichten möchtest?

Michael Marcus Thurner: Wenn man von »eindrücklich« im negativen Sinn sprechen möchte, fällt mir eine ziemlich haarige Sache in Nordnorwegen ein. Ein Autofahrer, der mir auf meiner Straßenseite entgegengekommen ist, der stur auf seiner Linie geblieben ist und der mich touchiert hat, um anschließend Fahrerflucht zu begehen. Er hat mich am Spiegel, am Lenker und am Seitenkoffer erwischt, ich konnte den Sturz mit sehr, sehr viel Mühe vermeiden. Letztlich hat ein halber Zentimeter über Glück oder Unglück entschieden.

Ich hatte auch noch zwei Reifenplatzer und ein paar andere heikle Situationen. Aber ich war mental auf diese Dinge vorbereitet und hab sie auch recht gut weggesteckt.

Schlechtes Wetter ist für mich kein Thema. Das gehört zu so einer Reise nun mal dazu. Befremdlich waren zwei Situationen, im Fjordland in Norwegen und an der Westküste Korsikas. Beide Male hat es mein Motorrad im Sturm umgeweht. Beide Male erhielt ich von Einheimischen die Auskunft, dass Stürme in den jeweiligen Gegenden noch nie in einer derartigen Stärke vorgekommen wären.

»Interessant« war auch ein Sandsturm in der Nähe Malagas. Wüstensand, der von der Sahara rübergeweht worden war und mein Motorrad unter einer fast zentimeterdicken Staubschicht begraben hat. Der Saharastaub war meines Wissens in den Tagen darauf in fast ganz Europa zu spüren und zu sehen. Aber wenn man durch eine scheinbar postapokalyptische Umgebung fährt, die von Rottönen dominiert wird – das ist schon sehr, sehr eigentümlich.

 

Olaf Brill: Während all der Zeit hast du ja nicht einfach Abenteuerurlaub gemacht, sondern weiter gearbeitet. Sprich: Du hast PERRY RHODAN geschrieben. Das interessiert uns natürlich am meisten: Wie schreibt man PERRY RHODAN auf so einer Reise? Im Zelt, bei Wind und Wetter? Hast du immer Internet? Kannst du auf Schreibtisch und Bibliothek ganz verzichten? Wie verändern die Umstände dein Schreiben? Läuft es leichter/schwerer als sonst?

Michael Marcus Thurner: Im Zelt zu arbeiten war insofern eine Herausforderung, als es recht schwer war, eine vernünftige Sitzposition zu finden. Aber prinzipiell mag ich das Gefühl, geschützt vor Regen und Kälte im Zelt zu sitzen und zu schreiben.

Ich hatte mehrere Powerbanks mit und konnte die nachlassende Akku-Leistung meiner Geräte ausgleichen. Jetzt allerdings sind die meisten Geräte am Ende ihrer Laufzeit angelangt. Die Powerbanks, das Notebook und das Handy müssen ausgetauscht oder mit neuen Akkus versehen werden.

Auf Campingplätzen tut man sich mit öffentlichem Internet nicht immer leicht, aber da konnte ich mir mit dem Handy behelfen und einen Hotspot einrichten. Ich hatte einen EU-Tarif fürs Handy, mit dem ich eigentlich recht gut durchgekommen bin.

Ich bin prinzipiell ein sehr fauler Mensch und musste mich immer wieder zum Arbeiten zwingen. Das war insofern schwierig, als ich untertags fünf bis acht Stunden unterwegs war, am Abend hundsmüde war und mich anschließend zum Schreiben animieren musste. Schlimm war’s vor allem im Hochsommer 2022. Da hatte ich wochen- und monatelang nie mehr als fünf, sechs Stunden Schlaf (von so etwas wie einem Wochenende war natürlich keine Rede).

Diese Müdigkeit nach dem Fahren hat sich natürlich auf meine Arbeitsleistung ausgewirkt. Ich brauchte länger als sonst üblich, um eine Geschichte ins Rollen zu bekommen. Auch war es schwierig, diese beiden grundverschiedenen Dinge – Reisen mit unglaublich vielen Sinneseindrücken und das konzentrierte Arbeiten – unter einen Hut zu bekommen.

Interessanterweise sind während der Reise Texte entstanden, mit denen meine Redakteure fast immer zufrieden waren. Es gab keine »Brüche«, die von einem Reisetag zum nächsten entstanden sind. Ich selbst bin ja mit meinen Texten niemals so richtig zufrieden. In dieser Hinsicht vertraue ich dem Urteilsvermögen meiner Redakteure – und die haben mir stets positives Feedback geliefert.

 

Olaf Brill: Ich kann mir vorstellen, dass deine Erlebnisse und Eindrücke während der Reise sich auf deine Romane auswirken. Das ist ja sogar bei uns weniger abenteuerlichen Autoren so, die über die Straße gehen und irgendwas, das sie da sehen, in ihr aktuelles Manuskript einbauen. Kannst du ein Beispiel nennen, wo etwas, das du auf der Reise erlebt oder gesehen hast, Eingang in einen PERRY RHODAN-Roman gefunden hat?

Michael Marcus Thurner: Nein, kann ich eigentlich nicht. Ich bin mir sicher, dass viele Dinge, die ich unterwegs gesehen und erlebt habe, in meine Texte eingesickert sind und das in Zukunft noch tun werden. Aber da passiert bei mir viel im Unterbewusstsein und ohne, dass ich es merke.

 

Olaf Brill: Ich nehme an, deine Tour ist noch nicht zu Ende. Welche Ziele hast du noch, und wohin geht es als nächstes? Oder erwische ich dich in diesem Moment etwa auf einer Reise auf dem Motorrad?

Michael Marcus Thurner: Eigentlich ist die Reise, die ich unter das Motto »Alte Eisen auf Reisen« gestellt habe, abgeschlossen. Aber mein Fernweh ist bei weitem nicht gestillt – und das Gefühl, jetzt unbedingt mal für eine Weile zu Hause bleiben zu müssen, stellt sich nicht ein. Es mag traurig klingen, aber ich habe ein wenig meinen Heimatbezug verloren. Dinge, die mir lange wichtig waren, haben jetzt eine geringere Bedeutung. Eine eigene Wohnung, Besitztümer, persönliche Sicherheit und Absicherung … davon hab ich mich ein Stück weit gelöst.

Über den Winter 2022/23 werde ich »rekalibrieren« und in Wien bleiben. Auch die finanzielle Situation ist natürlich ein Thema, zumal ich mindestens 50 Prozent meiner Ausrüstung ersetzen muss. Man glaubt gar nicht, was alles kaputtgehen kann.

Jedenfalls habe ich vage geplant, im Frühjahr 2023 Richtung Osttürkei zu fahren, im Sommer hoch nach Island und Irland. Vielleicht geht auch noch eine kleine Tour nach Norwegen. Werma schaun ...

Perry Rhodan 3208: Das neue Volk
Michael Marcus Thurner
PERRY RHODAN DIGITAL
ISBN/EAN: 9783845362083
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Perry Rhodan 3208: Das neue Volk
Michael Marcus Thurner
Pabel Moewig Verlag KG
ISBN/EAN: 9999900008265