Wenn ein Autor auf lange Reisen geht … – Teil eins Michael Marcus Thurner erzählt von seinem Motorrad und seinen Touren

29. März 2023

Michael Marcus Thurner zählt seit 2005 zum Team der PERRY RHODAN-Serie und verfasste in dieser Zeit zahlreiche Romane. Seit einiger Zeit verwirklicht er einen anderen Traum: Er geht mit seinem Motorrad auf sehr lange Reise, bei denen er aber weiterhin Zeit einplant, um seine Romane schreiben zu können.

Olaf Brill interviewte ihn für den PERRY RHODAN-Report 564, der unlängst in einem Roman veröffentlicht wurde, den Thurner geschrieben hatte: »Das neue Volk« kam mit der Bandnummer 3208 in den Handel. Dieses Gespräch soll an dieser Stelle dokumentiert werden. Wegen seines Umfangs bringen wir es in zwei Teilen: heute der erste, morgen der zweite Teil.

Alte Eisen auf Reisen

Olaf Brill: Michael, es kommt selten vor, dass man die Gelegenheit bekommt, sich einen Jugendtraum zu erfüllen. Seit wann hattest du die Idee, mit dem Motorrad kreuz und quer durch Europa zu fahren, und wie kam es, dass du dir den Ruck gegeben hast, das Projekt tatsächlich anzugehen?

Michael Marcus Thurner: Diese Reise hatte viel mit einem generellen Fernweh zu tun, das ich seit jeher in mir trage. Reisen war für mich immer mit Abenteuer, mit Lust und mit Spannung statt mit Entspannung verbunden. Ich kann mich an keinen Urlaub erinnern, der auch nur im Entferntesten mit Am-Strand-Liegen oder Faulenzen zu tun hatte. Ich fühle mich dann wohl, wenn ich auf Reisen ein bissl gefordert werde.

Motorradfahren ist darüber hinaus seit meinem 20. Lebensjahr die ganz große Leidenschaft. Ich war schon in den achtziger Jahren viel, gerne und ausdauernd unterwegs, damals mit einer Harley.

Vor einigen Jahren hatte ich ein sehr privates und persönliches Aha-Erlebnis, das mich viel nachdenken ließ. Mir wurde bewusst, dass ich meinem Leben eine neue Richtung, einen neuen Twist geben musste. Also hab ich mich drangesetzt und mir ein paar Gedanken zu einer längeren Reise gemacht. Von dem Augenblick an, da für mich feststand, dass ich diese Tour wirklich machen würde, war alles ganz leicht. Ab diesem Moment war es, als würde ich einen Hügel hinablaufen.

 

Olaf Brill: Wenn ich es richtig verstanden habe, machst du diese Reise nicht à la Phileas Fogg in einem ununterbrochenen Durchgang, bis du wieder am Ausgangspunkt angelangt bist. Sondern du kehrst ab und zu wieder in die Heimat zurück und gehst dann wieder auf den nächsten Trip? Wohin führte dein allererster Trip, wann war das, und wie lange dauerte er?

Michael Marcus Thurner: Ja, das stimmt in etwa. Prinzipiell wollte ich durchgehend unterwegs sein. Aber so doofe Dinge wie Buchhaltung und Steuererklärung kann man nun mal kaum unterwegs erledigen. Also musste ich ab und zu Zwischenstation in Österreich machen. Es waren also erzwungene heimatliche Aufenthalte. Und natürlich freue ich mich immer, meine Kinder wiederzusehen.

Ich hatte bereits im Sommer 2020 eine längere Reise unternommen, über etwa zweieinhalb Monate. Ich nannte sie »Trainingsreise«, um das System Motorrad/Mensch/Ausrüstung auszutesten. Das war insofern recht interessant, als Corona das Reisen ziemlich erschwerte. Ich fuhr damals nach einigen Zwischenaufenthalten im deutschsprachigen Raum zum Nordkap hinauf. Eigentlich funktionierte alles bestens, aber sobald ich zurück in Österreich war, ging mir mein damaliges Motorrad ein. Es hat sein Leben ausgehaucht, mit einem Motor- und Getriebeschaden gleichzeitig.

Ich hab mir daraufhin ein neues/gebrauchtes Motorrad gekauft, eine BMW 1200 GS, die sich als wesentlich robuster erwiesen hat. Mit dem hab ich mich im Juli 2021 auf den Weg gemacht und damit »offiziell« meine Reise begonnen. Das erste große Reiseziel war wieder das Nordkap. Von diesem Reiseabschnitt bin ich etwa Anfang November 2021 nach Österreich zurückgekehrt.

 

Olaf Brill: So ein Motorrad ist kein Wohnwagen. Was hat man eigentlich auf so einer Reise dabei? Und wo übernachtest du?

Michael Marcus Thurner: Bei meiner Trainingsreise hab ich recht genau darauf geachtet, ob mir etwas fehlte oder ob ich zu viel Zeugs mithätte. Als ich dann im Juli 2021 losgedüst bin, hatte ich also Erfahrungswerte und war sehr gut ausgerüstet. Da ich viel auf Campingplätzen geschlafen habe, hatte ich eine Campingausrüstung mit Zelt, Schlafsack, Liegematte, Kocher samt Geschirr etc. mit. Darüber hinaus ein Minimum an Kleidung, eine gut ausgestattete Apotheke, Waschzeugs, ein Notebook und ein iPad als Ersatzgerät zum Arbeiten, alle notwendigen Kabel und Anschlüsse (doppelt), Wanderschuhe, Werkzeug und sonstige Kleinigkeiten.

Im Sommer habe ich meist im Zelt übernachtet. Als es kälter wurde, behalf ich mir über eine Buchungsplattform. Dann waren’s die einfachen Hotels oder Motels, Jugendherbergen, Privatquartiere und Pensionen. Was halt grad am günstigsten zu kriegen war.

 

Olaf Brill: Wie viele Trips hast du bis jetzt gemacht? Wie lang dauerten sie, und wie weit führten sie dich nach Westen, Norden, Osten und Süden?

Michael Marcus Thurner: Es waren – abgesehen von der Trainingsreise – vier Reiseblöcke. Von Juli bis November 2021, von November bis April 2022, von Mai bis Juni 2022, von Juli bis Oktober 2022. Ich war am westlichsten Punkt Festland-Europas in Portugal, am Nordkap als nördlichstem Punkt, am südlichsten Punkt Siziliens – und der östlichste Punkt war wohl irgendwo im Grenzgebiet Finnlands zu Russland. Insgesamt waren’s über 67.000 Kilometer, die ich in einem Zeitraum von etwa 15 Monaten zurückgelegt habe.

 

Olaf Brill: Ich weiß, darauf wird es kaum eine einzige Antwort geben. Aber was war dein eindrücklichstes Erlebnis? Welcher Anblick hat dich am meisten beeindruckt?

Michael Marcus Thurner: Du hast recht – da kann es keine eindeutige Antwort geben.

Etwas sehr Einprägendes war für mich, dass fast jedes Land, jede Region für mich einen eigenen Reiz entwickelt hat. Olaf – Europa ist wunderschön, in all seinen Prägungen. Wichtig war mir auch, dass ich sehr viel über mich selbst gelernt habe, auch wenn das ein wenig abgedroschen klingen mag. Des Weiteren hab ich erlebt, wie gut man mit Freundlichkeit und einem Lächeln durchkommt. Wie sehr einem geholfen wird, wenn man’s braucht.