Schwerpunkte und Entscheidungen Werkstattbericht von Hubert Haensel zum Silberband 135

19. August 2016

Wie sagte schon Wilhelm Busch so treffend in der 1882 erschienenen Bildergeschichte »Plisch und Plum«? »Aber hier, wie überhaupt, kommt es anders, als man glaubt.«

In diesem Satz verbirgt sich sehr viel Wahres. Das Leben besteht nun einmal aus steten Veränderungen – die einen mögen diese als unausweichlich bezeichnen, andere sprechen von »plotdriven«. Was nicht durch Zufälle beeinflusst wird, ist normalerweise langweilig, weil alltäglich und eintönig, folglich wenig erzählenswert.

Richtig? Ich finde: Da ist etwas Wahres dran. Ich wäre nämlich gar nicht auf die Idee gekommen, diese Zeilen als Werkstattbericht zu verfassen, hätte es keine Veränderung gegeben.

Die PERRY RHODAN-Heftserie besteht aus Zyklen, die in der Regel 100 Hefte umfassen. Sobald ein Zyklus in die Silberbände übernommen wird, muss ich als Bearbeiter im Voraus wissen, wie viele Romanhefte jeweils in einem Buch erscheinen werden und vor allem, in welcher Reihenfolge.

Während es im Medium Heft durchaus möglich ist, wöchentlich den Schauplatz zu wechseln, würde das im Buch für unnötige Unruhe sorgen. In aller Regel finden sieben oder acht Romanhefte in ein Hardcover Eingang; ich habe auch schon neun, zehn, sogar elf zu einem Handlungsblock zusammengefasst. Ein Verändern der ursprünglichen Reihenfolge ist vor allem dann wichtig, wenn in der Heftserie ein Nebenschauplatz sporadisch beleuchtet wird, beispielsweise nur alle zehn bis fünfzehn Wochen ein Romanheft mit einem solchen Schwerpunkt erscheint und diese Nebenhandlung erst später in den Hauptstrang der Erzählung einmündet.

Wer hin und wieder in einem Buch von 400 Seiten etwa vierzig Seiten einer völlig eigenständigen Nebenhandlung findet und dann mindestens ein halbes Jahr auf die Fortsetzung warten muss, wird das kaum als interessant empfinden.

Also plane ich im Voraus jeden Zyklus durch. Dabei halte ich mir einen gewissen Spielraum offen. Weil teils Jahre im Voraus nur sehr schwer zu erkennen ist, wo wie intensiv bearbeitet oder gekürzt werden muss – das kristallisiert sich erst während der tatsächlichen Bearbeitung heraus.

Es liegt also ein Grobgerüst vor. Jährlich werden daraus die Zusammenstellungen für jeweils vier Bücher endgültig übernommen. Mit nur einem Jahr Vorlauf ist vieles klarer als zur Zeit des ersten Überblicks. Dann muss aber genau gearbeitet werden, weil die dreidimensionalen Titelbilder angefordert werden müssen und die Titel der vier nächsten Bücher offiziell bekanntgegeben werden.

Anfang des Jahres 2015 wurden die Inhalte der Silberbände 133 bis 136 endgültig festgelegt, die im Jahr 2016 erscheinen. Zyklusbedingt gibt es zwei große Handlungsthemen. Da sind Perry Rhodan und seine Galaktische Flotte aus rund zwanzigtausend Raumschiffen, die das Schicksal mit einem gigantischen Heerwurm konfrontiert: der Endlosen Armada. Zudem werden beide Flotten in die ferne Galaxis M 82 verschlagen, mit der es eine ganz besondere Bewandtnis hat. Und da ist die abtrünnige Kosmokratin namens Vishna. Diese Vishna greift die Menschen in ihrer Heimat an, im Solsystem und auf der Erde.

Die Silberbände erscheinen in Abständen von jeweils zwei oder vier Monaten. Wechsle ich beide Haupthandlungsebenen kontinuierlich ab, kann der Leser nicht sofort im nächsten Buch die betreffende Handlung weiter verfolgen. Deshalb nehme ich mitunter beide Ebenen zu etwa gleichen Anteilen in ein Buch auf. Solche Mischbände ergeben sich aber auch, weil die Handlungsebenen eine unterschiedliche Anzahl zu bearbeitender Romanhefte aufweisen.

Ein anderer gewichtiger Grund für eine solche Entscheidung: Mitunter ergeben sich auf einer Ebene Antworten auf Fragen, die auf der anderen Ebene erst gestellt werden. Salopp gesagt: Ich kann nicht erst aufklären und dann die zugehörigen Fragen stellen.

Für Buch 135 hatte ich beide Ebenen eingeplant, sowohl im ersten Gesamtüberblick als auch in der Jahresvorschau. Es erhielt den Titel »Einer gegen Terra«. Vorgesehen waren sieben Romanhefte, davon vier aus der titelgebenden Milchstraßenhandlung und drei über M 82, damit der dort agierende Perry Rhodan nicht in Vergessenheit gerät.

Doch beim Bearbeiten schlug das Schicksal zu. Aus verschiedenen Gründen behielt ich bei jeder Handlungsebene in den vorangegangenen Büchern ein Heft übrig. Plötzlich waren für Buch 135 also anstelle der eingeplanten sieben Hefte neun zu bearbeiten.

Das ergab an und für sich kein Problem, brachte mich aber dennoch ins Grübeln: Bei neun Heften muss ich etwas deutlicher einkürzen als beabsichtigt.

Ich schaute mir die Planung für Buch 136 an: beide Handlungsblöcke mit insgesamt acht Heften. Eigentlich könnte ich das so lassen. Und trotzdem ...

Nach einigem Überlegen lag die Lösung auf der Hand. Sie ergab sich beim Blick auf die Handlungsbögen und die vorgesehenen Cliffhanger. Zwei Bücher, in denen jeweils zwei Handlungsebenen enthalten sind, lassen sich durchaus als zwei Bücher mit jeweils einem Handlungsblock darstellen.

Ich überschlug kurz die Milchstraßenhandlung: Das eine Heft, das ich aus dem Vorband 133 übrig behalten hatte, stand quasi als Einleitung für die vier Hefte 1136 bis 1139. Nahm ich dazu aus dem folgenden Buch die Nummern 1140 und 1141 der Milchstraßenhandlung nach vorn, hatte ich schon sieben Hefte der terranischen Handlungsebene. Das reichte aus und hatte sogar den Effekt, dass ich das darin behandelte Unterthema, nämlich Grek-336, komplett abhandeln konnte – ein rundes und in sich geschlossenes Bild, kein Cliffhanger.

Der Titel »Einer gegen Terra« passte zudem exakt.

Gegenprobe: Wie würde es aussehen, wenn ich die Handlungsebene M 82 aus Silberband 135 nach hinten ziehe? Dann würden wir in Buch 136 nur über die Galaxis M 82, Perry Rhodan und die Endlose Armada lesen. Der Titel passte auch, weil er ohnehin zum Thema M 82 ausgesucht wurde.

Jedenfalls erleichterten es mir diese Titel, im zeitnahen Bereich der Bearbeitung ein wenig zu ändern. Und so, wie wir es dann festlegten, gefiel es mir sogar besser als in der anfänglichen Planung. Eine gewisse Flexibilität gehört also zur Buchplanung.

Ob ich mit diesen Verschiebungen die richtige Entscheidung getroffen habe, diese Feststellung überlasse ich den Lesern. Die PERRY RHODAN-Silberbände 135 »Einer gegen Terra« und 136 »Im Bann des Zweisterns« erscheinen im September und im November 2016. Vielleicht findet der eine oder andere über die Weihnachtsfeiertage etwas Zeit für einen kurzen Leserkommentar. Jedes Feedback wird bekanntlich zur Kenntnis genommen.

Hubert Haensel