PERRY RHODAN-Fans: Interview mit Dietmar Schmidt – Teil 2 PERRY RHODAN-Leser und Profi-Übersetzer

19. November 2014

Immer wieder stellen wir uns selbst die Frage: Wer sind eigentlich die PERRY RHODAN-Leser? Auch Medienvertreter oder Buchhändler wollen das gelegentlich wissen. Aus diesem Grund hat der PERRY RHODAN-Autor Michael Marcus Thurner eine Interview-Serie gestartet. In mehr oder weniger regelmäßigen Abständen bittet er Leute ins Rampenlicht, die die Buntheit und die Vielfalt des Leserkreises veranschaulichen sollen.

In der fünften Folge stellt der Autor einen Fan vor, der seine Science-Fiction-Begeisterung zum Beruf gemacht hat – er ist Übersetzer. Wegen seiner Länge wird das Interview in zwei Teilen erscheinen. Gestern war Teil eins dran, heute haben wir Teil zwei.

MPERRY RHODAN-Fan Dietmar Schmidt (Bild: Dietmar Schmidt)ichael Marcus Thurner: Wir haben uns bei einem Schreibseminar kennengelernt. In dir steckt also auch das Bedürfnis, eigenständig zu schreiben. Siehst du das bloß als Ausgleich zu deinem Brotberuf, oder könntest du dir vorstellen, eines Tages selbst mal Bücher zu veröffentlichen?

Dietmar Schmidt: Ich schreibe seit meiner Schulzeit, aber das ist ein Klischee; ich glaube, das kann fast jeder so sagen, der schreibt. Immerhin habe ich, als ich in der Oberstufe war, in sechs Wochen Sommerferien einen Roman geschrieben, hundert randlos voll betippte Schreibmaschinenseiten. Maximale Papierausnutzung. Es müssten ungefähr 250 Standardseiten sein, aber das Ding ist natürlich völlig unlesbar.

Bei meinem Schreiben hat es durchs Studium, durch harte Zeiten im Beruf und persönliche Umstände – das Leben eben – immer wieder größere Zäsuren gegeben. Ich habe Kurzgeschichten in Anthologien bei Bastei Lübbe veröffentlicht, und eine STELLARIS-Story erschien in PR 2670. Das ist jetzt auch schon wieder zwei Jahre her, fällt mir dabei auf ...

Außerdem schreibe ich an einer eigenen SF-Serie, eine Space Opera um einen Piloten und sein Raumschiff, aber das ist mit drei angefangenen Romanen und einer Handvoll Kurzgeschichten hauptsächlich Baustelle. Beim Schreibseminar wurde ich von Marc A. Herren persönlich aufgefordert, gefälligst mehr Systematik und Struktur walten zu lassen.

Das hat mich erschüttert, weil ich mich für systematisch und strukturiert hielt, aber er hatte recht: Ich bin beim Schreiben chaotischer, als mir guttut. Im Moment versuche ich mich an einer weiteren STELLARIS-Geschichte – ganz diszipliniert.

Michael Marcus Thurner: Kommen wir zu PERRY RHODAN: Welcher war denn der erste Roman der Serie, den du gelesen hast? Wie lange liest du schon?

Dietmar Schmidt: Wenn man von einem PR-Taschenbuch absieht, das mir in die Hände fiel, als ich noch viel zu klein dafür war, war es Band 154 in der 4. Auflage: »Der Gehetzte von Aralon« von William Voltz. Das Heft war ganz anders, als ich es mir vorgestellt hatte, keine Raumschlachten und platzenden Planeten und militaristisches Pathos, das der Serie damals von der Genreliteraturkritik stereotyp angedichtet wurde, sondern eine Story um die Frage, wie weit jemand, der das ewige Leben errungen hat, gehen wird, um es sich zu erhalten – und ob er wirklich so leben will.

Ein paar Wochen später bin ich mit Band 1000 in die Erstauflage eingestiegen, nachdem ich mit Band 996 auf ganzer Linie gescheitert war. Irgendwann in den 1400ern hörte ich wegen Doktorarbeit und Interessenverlagerung auf, die Serie zu lesen, aber vergessen habe ich sie nie, und mit Band 2000 bin ich wieder eingestiegen – und lese unterbrechungsfrei bis heute, allerdings meist mit einem guten halben Jahr Verspätung.

Michael Marcus Thurner: Wer oder was hat dich zu PERRY RHODAN gebracht? Waren es Freunde, sind dir die Titelbilder am Kiosk aufgefallen?

Dietmar Schmidt: Ich glaube, ich habe immer gewusst, dass es PERRY RHODAN gibt, und trotzdem blieb ich der Serie lange fern. Als kleiner Junge durfte ich mal im Nachtprogramm den unsäglichen Film sehen, schon in der Grundschule waren die PERRY-Comics begehrte Tauschobjekte. Trotzdem kam ich über US-Autoren zur SF, allen voran Robert A. Heinlein, E. E. Smith und Larry Niven. Irgendwann wollte ich mir dann doch ein Urteil zu PERRY RHODAN bilden – was zur Folge hatte, dass ich gut zwei Jahre lang nichts anderes mehr gelesen habe außer PR.

Michael Marcus Thurner: Ich weiß, dass du sehr viel über die technischen Aspekte der Serie nachdenkst. Steht die Technik bei PERRY RHODAN für dich denn im Vordergrund, oder ist es die Geschichte? Sind es die Figuren?

Dietmar Schmidt: Früher war die Technik sehr wichtig für mich, und ich war begeistert über die Tiefe, in der sie bei PR ausgearbeitet war. K. H. Scheer wird heute von vielen nicht sehr geschätzt, aber man muss meiner Ansicht nach sehen, dass er ein technisches Konzept erarbeitet hat, wie es zuvor für keine SF-Serie existiert hatte.

Heute sind mir Geschichten und Personen wichtiger, und ich ertappe mich, wie ich technische Beschreibungen nur noch überfliege. Man verändert sich, wenn man altert. Gleichzeitig steht die Technik aber auch nicht mehr derart im Zentrum der Serie wie früher

Michael Marcus Thurner: Wie gefällt dir die aktuelle Entwicklung bei PERRY RHODAN während der letzten Jahre und Monate?

Dietmar Schmidt: Sehr gut. Nach der Terminalen Kolonne wirkte das Motiv der Bedrohung durch Invasionsflotten recht ausgereizt. Ich finde, das »Downgrade« auf Gegner mit überschaubaren Möglichkeiten ist gelungen, ohne dass die Bedrohung uninteressant wurde. Wie etwa den Onryonen beizukommen ist, zeichnet sich für mich in den 2740ern, die ich gerade lese, noch nicht ab.