Michael Marcus Thurner interviewt Marie Sann »Vielseitigkeit ist eine meiner großen Stärken« – Teil eins

19. September 2018

Die Comic-Zeichnerin und Illustratorin Marie Sann ist den PERRY RHODAN-Lesern spätestens seit dem Tag bekannt, an dem sie auf dem PERRY RHODAN-WeltCon auftrat und die erste Ausgabe von PERRY RHODAN NEO exklusiv für den Con illustrierte. Was die Zeichnerin derzeit macht, das erzählte sie Michael Marcus Thurner in einem Interview.

Wegen seiner Länge wird das Interview in zwei Teilen veröffentlicht: heute Teil eins, morgen Teil zwei. Die Fragen und Antworten wurden per Mail ausgetauscht.

 

Michael Marcus Thurner: Marie, du bist eine freischaffende Comic-Zeichnerin und Illustratorin aus Berlin und hast trotz deines jugendlichen Alters bereits in vielerlei Hinsicht deine Spuren hinterlassen. Du hast zu Beginn deiner Karriere Mangas illustriert (»Krähen« bei Tokyopop), hast dann für den Splitter-Verlag die »Frostfeuer«-Geschichte von Kai Meyer zeichnerisch umgesetzt, bist in der Werbebranche und hin und wieder als Game-Artist tätig. In den letzten Jahren hast du dich nun sehr intensiv mit deinem Label »Kinky Karrot« beschäftigt.

Habe ich etwas ausgelassen, wo hast du dich noch überall bewegt?

Marie Sann: Mittlerweile muss ich selbst länger überlegen, was ich im Laufe der nun schon über zehn Jahre als freiberufliche Künstlerin so alles getrieben habe.

Meine großen bisherigen Buchprojekte hast du erwähnt. Das Zeichnen an Comics ist leider eine sehr undankbare Sache, da die lange Arbeit daran in Deutschland nicht mal ansatzweise angemessen honoriert wird. Trotzdem sollen das nicht die letzten Buchprojekte gewesen sein, die aus meiner Zeichenfeder kommen.

Meine Miete zahle ich aber von Arbeiten wie Fashion-, Kinderbuch- oder Cover-Illustrationen; Charakterdesigns, Storyboards und Erklärfilmen. Ich bin sehr froh und dankbar, dass ich meine Leidenschaft – das Zeichnen – auch meinen Beruf nennen darf. Mein langfristiges Ziel ist aber, meine eigenen Projekte wie Kinky Karrot zu meinen Haupteinnahmequellen zu machen.

 

Michael Marcus Thurner: Ich behaupte mal, dass dich viele Leser dieses Interviews vom PERRY RHODAN-WeltCon 2011 in Mannheim her kennen.

Darüber hinaus hast du die Broschüre »Graffiti« illustriert. Die Texte stammten aus dem PERRY-Band 1000 von William Voltz, du hast einige Figuren aus diesem Band visualisiert. Kannst du dich noch erinnern, wie es zu dieser Zusammenarbeit mit der PERRY RHODAN-Redaktion gekommen ist? Mit wem hast du dich bei der Gestaltung der Figuren abgesprochen?

Marie Sann: Der Kontakt kam über den Splitter-Verlag zustande. Zu der Zeit arbeitete ich seit einem Jahr für den Verlag und es wurde gerade das erste Album von »Frostfeuer« veröffentlicht. Kommuniziert habe ich dann direkt mit Klaus N. Frick.

 

Michael Marcus Thurner: Es gab und gibt PERRY RHODAN-Comics. Wären die Science Fiction und speziell PERRY RHODAN ein Thema, das dich zeichnerisch interessieren würde?

Marie Sann: Ich muss leider sagen, dass ich kein großer Science-Fiction-Fan bin. Die Arbeit für PERRY RHODAN war eine schöne Abwechslung, aber mehr ist erstmal nicht in dieser Richtung geplant.

 

Michael Marcus Thurner: Ich habe die »Frostfeuer«-Trilogie vom Splitter-Verlag mit Begeisterung gelesen. Sowohl die Bilder als auch die textliche Umsetzung von Yann Krehl haben mir sehr gut gefallen. Du hast die Winterstimmung in Sankt Petersburg gut rübergebracht – und vor allem haben mich die Blickwinkel und Perspektiven überzeugt. Einige Szenen im Inneren des »Grand Hotel« waren kafkaesk. Du hast dich über diese drei Alben hinweg meiner Meinung nach auch zeichnerisch deutlich weiterentwickelt.

Wie hat die Zusammenarbeit mit Yann Krehl funktioniert, wie war die Arbeitsaufteilung? Hast du denn die Bildkomposition und die Blickwinkel gewählt oder hattest du Vorgaben?

Gibt es Pläne für weitere große Albenprojekte oder ist das Thema für dich erst einmal abgehakt? Gibt es in Richtung Manga irgendwelche Vorhaben?

Marie Sann: Ach ja … Das war ein Mammutprojekt … Dadurch, dass ich an der Arbeit an dem Buch so gut wie nichts verdient habe, musste ich noch einen Job parallel machen (zu der Zeit arbeitete ich drei Tage die Woche freiberuflich als Game Artist bei »Wooga«). Dadurch verlängerte sich aber die Produktionszeit stark, wodurch es drei Jahre waren, während derer diese Bände entstanden sind. Innerhalb eines solchen Zeitraumes entwickelt man sich natürlich.

Die Zusammenarbeit mit Yann war sehr angenehm und professionell. Er ist ein ganz toller Skripter. Er hat fast immer Vorschläge zu Komposition und Kameraeinstellungen angegeben. Ich konnte dann entscheiden, inwiefern ich ihnen folge.

Was meine Lust angeht, würde ich gern noch tausend Comic-Projekte umsetzen. Da das aus oben genannten Gründen aber nicht realistisch ist (und ich mir nach der Arbeit an »Frostfeuer« geschworen habe, dass ich unter solchen Bedingungen nicht noch einmal ein Buchprojekt machen werde) muss ich sehen, was für Alternativen sich bieten. Ich möchte gern ein Buchprojekt für Kinky Karrot – mein sex-positives Pin-up-Projekt – in Angriff nehmen. Ein klassisches Comic-Format wird aufgrund von Kosten- und Zeiteffizienz nicht möglich sein, aber ich habe schon ein paar andere schöne Ideen.

 

Michael Marcus Thurner: Wenn ich mir anschaue, was du grad aktuell machst, fällt mir zuallererst auf, wie breit du aufgestellt bist. Du zeichnest für Werbekunden in allen möglichen Stilrichtungen und hattest auch deine eigene Webcomic-Serie. Für Interessenten zeichnest du süße Comic-Darstellungen ihrer Haustiere.

Ich hab mir selbst mal bei dir ein Bild bestellt, bei dem du dich sehr bemüht hast, den Charakter meines Hundes zu erfassen und aufs Bild zu übertragen. Da sind einige Mails hin- und hergegangen, bist du genug über ihn wusstest. Hat das mit deiner eigenen Liebe zu Haustieren zu tun, zeichnest du Katz und Hund denn so gerne? Magst du diese Vielseitigkeit, oder bringt das der Beruf nun mal mit sich?

Marie Sann: Ich denke, meine Vielseitigkeit ist eine meiner großen Stärken und nicht automatisch selbstverständlich für Illustratoren allgemein. Ich sehe es auf jeden Fall als großen Vorteil an, flexibel in Stilen und Techniken zu sein, wenn man für eine große Bandbreite an Kunden arbeiten möchte. So schafft man sich als Freiberufler viel mehr Möglichkeiten, als wenn man sich auf nur einen Stil festlegt.

Wichtig ist dabei natürlich, dass man auch in allem, was man anbietet, gut ist. Daher würde ich jetzt nicht pauschal empfehlen, zwanzig verschiedene Stile oder Techniken anzubieten … Wenn man nur in einem oder zweien richtig sicher ist, sollte man sich lieber auf diese konzentrieren, denn Qualität ist natürlich ein wichtiger Faktor.

Mein Interesse, so vielfältig zu zeichnen, liegt einfach an meiner Persönlichkeit. Ich bin ein facettenreicher, neugieriger und wirrer (haha) Mensch mit vielen Interessen, der sich langweilen würde, wenn er sich auf nur einen Stil festlegen müsste.

Tiere gehören tatsächlich zu meinen liebsten Motiven. Ich liebe Tiere – fast schon abgöttisch. Mein Hund Leila ist mir jeden Tag eine große Freude, und ich möchte in den nächsten Jahren unbedingt ein zeichnerisches Projekt starten, das das Bewusstsein der Menschen auf den guten Umgang mit Tieren lenkt und bei dem ich mit Tierschutzbünden kooperiere.

Hier geht es zu Kinky Karrot: https://kinkykarrot.com

 

Der Terraner / Graffiti
Voltz, William
PERRY RHODAN DIGITAL
ISBN/EAN: 9783845399553
Kostenfrei
Zum Download