Interview mit einem Debütanten Olaf Brill im Gespräch mit Dietmar Schmidt zu PERRY RHODAN NEO

10. Februar 2023

Seit 2011 erscheint die Serie PERRY RHODAN NEO, seither haben einige Dutzend Autorinnen und Autoren daran mitgewirkt. Einer der aktuellen Zugänge ist Dietmar Schmidt. Der Schriftsteller und Übersetzer wurde von Olaf Brill in einem »Sammel-Interview« vorgestellt, das im PERRY RHODAN-Report 563 veröffentlicht wurde.

Der Report widmete sich der Arbeit von Autorinnen und Autoren im Verlauf der Zeit; er war redaktioneller Bestandteil des PERRY RHODAN-Bandes 3204, »Jenseits der Schwarzsterngrenze« von Kai Hirdt). Dieses Gespräch mit Dietmar Schmidt soll auch an dieser Stelle dokumentiert werden.

Es begann mit einer überraschenden Mail

Olaf Brill: Dietmar, der nächste NEO-Debütant mit Band 292 bist du. Die Leser kennen dich von den PERRY RHODAN-Miniserien. Wie kam es zum Einstieg bei NEO?

Dietmar Schmidt: Die kurze Antwort, um Dr. Leonard McCoy zu bemühen: Sie haben mich eingezogen.

Die lange Antwort: Alles begann mit einer überraschend eintreffenden E-Mail von Rüdiger Schäfer, ob ich mir vorstellen könnte, einen Roman zu PERRY RHODAN NEO beizutragen. Einige Stammautoren hatten wegen der Erstauflage keine Zeit für NEO mehr, andere waren aus welchen Gründen auch immer abgesprungen. Wie es scheint, ist bei der Suche nach neuen Mitarbeitern der Blick der NEO-Reaktion auf die Miniserienautoren gefallen.

Ich war, das gebe ich zu, völlig aus dem Häuschen. Trotzdem, bevor ich antwortete, befasste ich mich mit der Zeitplanung. Das Ergebnis: Natürlich müsste ich den Roman während des Urlaubs schreiben – wie sollte es auch anders sein? Ich fasste mir ein Herz und ging damit zu meiner Lebensgefährtin.

Ich lieferte ihr das übliche Spielchen mit »toller und nicht so toller Neuigkeit« und fragte: »Wäre es sehr schlimm, wenn ich den NEO auf Baltrum schreibe? Wir könnten abends ja trotzdem …« – »Oh, das erleichtert mich sehr«, sagte sie. »Ich überlege schon die ganze Zeit, wie ich dir beibringen soll, dass ich im Urlaub arbeiten muss.« (Das sind die Freuden des Daseins für Übersetzerinnen und Übersetzer.)

Nach einer Zoom-Konferenz mit Rüdiger freute ich mich auf das Eintreffen des Exposés. Als es dann kam, hatten sich die zeitlichen Rahmenbedingungen für mich wieder völlig auf den Kopf gestellt (s. o. unter »Freuden des Daseins«), was zur Folge hatte, dass ich schon zwei Wochen nach dem Abgabetermin mit der Niederschrift beginnen konnte.

 

Olaf Brill: Schon der Titel deines Romans, »Der Fall Kerlon«, lässt die Leser der klassischen PERRY RHODAN-Serie aufhorchen. Was hat dein Kerlon mit dem klassischen Kerlon zu tun, und wie hat es dir gefallen, die Serie, die du als Leser seit deiner Jugend kennst, als Autor in NEO neu zu interpretieren?

Dietmar Schmidt: Nun, der Kerlon in meinem Roman hat mit dem Kerlon der Erstauflage rein gar nichts zu tun. In der NEO-Serie war die Figur schon zu Anfang als Kerlon da Hozarius aufgetreten. Mein Kerlon hat mit dem klassischen Kerlon nur den Vornamen gemeinsam.

Selbst von der Herkunft sind sie völlig unterschiedlich. Wie der Nachname schon verrät, war der klassische Kerlon ein Adliger, mein Kerlon hingegen hat gar keinen Nachnamen, stammt aus der Unterschicht und ist ein Essoya. Nur durch sein Können wurde er Offizier der arkonidischen Flotte, und er hat auch keinen aktivierten Extrasinn.

Ich fand es sehr spannend, Arkon durch die Augen der Unterprivilegierten zu beschreiben. Und dazu noch ein Arkon, in dem sich ein Umbruch ankündigt. Leticron der Überschwere hat die Macht an sich gerissen, und der Adel, von dem man Widerstand erwarten sollte, enttäuscht durch seine Untätigkeit. Kerlon, der gewiss kein Revolutionär ist, kann das nicht verstehen und gerät ganz schnell mit der arkondischen Sicherheitspolizei aneinander.

 

Olaf Brill: Ein NEO-Roman ist ein schönes Stück länger als ein Heftroman, von denen du ja schon einige geschrieben hast. Wie hat sich die »Überlänge« beim Schreiben bemerkbar gemacht, und wie war das Gefühl, als du das Wort »Ende« unters Skript gesetzt hast?

Dietmar Schmidt: Ich weiß nicht, ob es dir auch so gegangen ist, aber als der Zähler die Anschlagzahl für einen Heftroman erreichte, habe ich natürlich gedacht: »Bei einer Miniserie wäre ich jetzt schon fertig mit der Rohfassung.« Aber das hat mir keine Energie genommen, ich bin nicht durchgesackt, sondern umso besser vorangekommen und hatte am Ende recht genau die verlangte Zeichenanzahl. Eine Punktlandung.

Man könnte also sagen, dass ich mit dem längeren Format besser zurechtgekommen bin: Bei meinem ersten Miniserienroman vor fünf Jahren war ich auf dem besten Weg, NEO-Länge zu erreichen, und es musste sehr viel gekürzt werden.

»Ende« zu schreiben war so befriedigend wie immer, und wie immer gefolgt von der Erkenntnis, dass die eigentliche Arbeit erst losgeht. Denn nach der Rohfassung kommt die Überarbeitung. Erst dadurch erhält der Roman die Form, die die Leser nachher zu sehen bekommen.