Interview mit dem PERRY RHODAN-Chefredakteur »Andromeda Nachrichten« präsentieren Hintergründe zu PERRY RHODAN NEO

25. Oktober 2012

Pünktlich zur Frankfurter Buchmesse erschien die aktuelle Ausgabe der »Andromeda Nachrichten«. Auf mehreren Seiten präsentierte das Magazin unter anderem ein ausführliches Interview mit Klaus N. Frick, dem Chefredakteur der PERRY RHODAN-Serie.

In zwei Teilen veröffentlichen wir dieses Interview auf unserer Website – heute gibt's den zweiten Teil. Er beschäftigt sich ebenfalls mit PERRY RHODAN NEO, allerdings vor allem mit den Unterschieden zur »klassischen« Serie.


RB: PERRY RHODAN NEO unterscheidet sich in vielen Dingen von der »klassischen« Erstauflage. Für die Leser, die noch nicht mit der Serie in Berührung gekommen sind: Was ist – außer dem Format – denn alles so neu an NEO?

Klaus N. Frick: Wir nehmen die grundsätzlichen Motive und Figuren der klassischen PERRY RHODAN-Serie und erzählen sie mit den Mitteln des Jahres 2012 neu: Perry Rhodans Landung auf dem Mond, die Konflikte mit den Weltmächten, die Landung in der Wüste Gobi, der Aufbau der Stadt Terrania, die ersten Mutanten, die Venus-Festung, dann der Flug zum Wega-System, der Konflikt mit den Topsidern, das Zusammentreffen mit den Ferronen oder dem mysteriösen Harno – und dann die Suche nach der Unsterblichkeit. Vieles ist bekannt, wir verändern aber noch viel mehr. So sind die Fantan, die in der ursprünglichen Serie nur in einem Roman auftauchen, bei uns ein handlungstragendes und auch sehr originelles Science-Fiction-Element geworden.


RB: Die Handlung in NEO nimmt einen anderen Lauf als die bekannte Geschichte. Wie starr sind die Vorgaben in den Exposés, oder lasst ihr euch selbst immer ein wenig überraschen, wo es lang geht?

Klaus N. Frick: Die Exposés schreibt Frank Borsch, wir sprechen uns natürlich ab. Dabei guckt der Autor, welche Elemente von früher nach wie vor funktionieren müssten und wie man die klassischen Elemente heute neu erzählen kann. Mittlerweile kommen immer mehr eigenständige Handlungselemente dazu, so dass die Serie sich weiter von den Ursprüngen entfernt.
Das wird in klare Vorgaben gegossen – die Überraschungen kommen natürlich trotzdem vor. Ich bin regelmäßig baff, wenn ich einige neue Frank-Borsch-Ideen vorfinde.


RB: Auch bei den handelnden Personen gibt es Unterschiede. Einige Personen sind dem Namen nach in NEO und der Erstauflage identisch, einige verhalten oder entwickeln sich aber dennoch anders. Aus dem »Doppelkopf-Mutanten« Iwan Iwanowitsch Goratschin wurden z.B. siamesische Zwillinge, die getrennt worden sind. Es gibt auch eine Reihe neuer Charaktere, z.B. bei den Mutanten. Wie entscheidet sich das?

Klaus N. Frick: Das ist der kreative Prozess, ganz einfach. Ernsthaft: Solche Entscheidungen denkt sich Frank Borsch aus und lässt das Ganze in einem kreativen Prozess reifen. Wir diskutieren sie dann durch – und dann muss man schauen, wohin es geht.


RB: Die namensgebende Hauptfigur Perry Rhodan entwickelt sich auch anders als in der Erstauflage. Er lehnt z.B. zugunsten von Homer G. Adams das höchste Amt als Administrator ab. Tickt dieser »neue« Perry Rhodan nun völlig anders als der in der Erstauflage?

Klaus N. Frick: Grundsätzlich nicht: Auch der neue Perry Rhodan ist ein tatkräftiger Raumfahrer, der weiß, was er will, und der einer großen Vision folgt. Aber er ist nicht so autokratisch, wie ihn die Autoren der frühen 60er-Jahre geschildert haben, und er hat keine halbmutantischen Gaben. Es fehlt ihm auch dieses Auserwähltsein, das 1961/62 einfach dazugehörte.
Und er hat offensichtlich auch keine Lust, Verwaltungsaufgaben in großem Umfang zu übernehmen: Darüber hat man sich früher keine echten Gedanken gemacht. Da hat der Großadministrator immer dann, wenn ihn die Lust packte, seinen Staat links liegen lassen und ist zu Abenteuern aufgebrochen. Frau Merkel zieht ja auch nicht an der Spitze der Bundeswehr nach Afghanistan ...


RB: NEO hat meiner Ansicht nach ein anderes Tempo als die Erstauflage. Es wird mehr und in längeren Passagen erzählt. Lasst ihr den Autoren mehr Platz z.B. für Charakterisierungen und Handlungsaufbau oder ist dies alles dem neuen Format geschuldet?

Klaus N. Frick: Die Autoren sollen mehr Charaktere schildern – das ist ausdrücklich so gewünscht. 1961 durfte man das ja nicht einmal, da war es weder von den Lesern noch vom Verlag so gewünscht und erwartet. Das ist eher dem heutigen Lesergeschmack geschuldet, denke ich: Die Science Fiction ist ja erwachsen geworden – und sie spricht mit ihrer Art der Schreibe im Prinzip den Leser an, der ebenso auch »normale« Literatur liest, in der eben stärker charakterisiert wird als im Heftroman der 60er-Jahre.


RB: Die ersten Bände wurden von den altbekannten Autoren verfasst wie Frank Borsch, Leo Lukas und Christian Montillon. In der Folge erschienen dann aber immer mehr Romane von neuen Autoren wie Bernd Perplies, Hermann Ritter und Michelle Stern. Ist dies bereits langfristig geplant oder hat es sich »einfach ergeben«?

Klaus N. Frick: Das war so geplant – das Autorenteam der Erstauflage kann nicht auf Dauer »nebenbei« eine komplette zweite Serie schreiben. Wir brauchen diese Autoren für die Erstauflage, diese ist nach wie vor unser Flaggschiff. Aber natürlich werden auch weiterhin die Autoren der Erstauflage bei NEO »an Bord« sein.


RB: NEO erscheint ja auch als eBook und ist immer ganz oben in den Top 10 bei den SF-eBooks und macht sich in den Top 100 ziemlich breit. War das geplant und abzusehen oder überrascht euch das ein wenig?

Klaus N. Frick: Das war geplant – das starke Ergebnis ist dennoch überraschend. Damit konnte keiner rechnen.


RB: Für die Erstauflage habt ihr in Mannheim einen Fahrplan bis Band 3000 vorgestellt. Die Leser wird sicher auch interessieren, wohin die Reise von NEO geht. Wird die Handlung von NEO und Erstauflage im weiteren Verlauf auseinanderdriften oder gibt es definierte gemeinsame Bezugspunkte, an denen sich die beiden Erzählstränge quasi wellenförmig immer wieder einmal treffen?

Klaus N. Frick: Beide Serien driften weiter auseinander. Mehr möchte ich an dieser Stelle nicht sagen – aber die jetzt laufende vierte Staffel zeigt das schon sehr deutlich.


RB: Eine abschließende Frage sei noch erlaubt: Was wünschst du NEO für die Zukunft?

Klaus N. Frick: Ich wünsche mir, dass die Serie weiterhin erfolgreich läuft, peile gedanklich schon mal den Band 50 an und mache mir Gedanken über so utopische Themen wie eine Auslandsvermarktung oder eine Buchhandelsausgabe ...