Interview mit Christian Humberg: »So eine Chance bekommt man nicht alle Tage«

10. Oktober 2012

Am Freitag, 12. Oktober 2012, kommt »Flucht ins Dunkel« in den Handel. Der Roman wurde von Christian Humberg verfasst, der damit seinen Einstieg bei PERRY RHODAN NEO und so auch im PERRY RHODAN-Kosmos gibt. Grund genug, ein kurzes Interview mit dem neuen Kollegen zu führen – die Fragen stellte Klaus N. Frick.


Klaus N. Frick: Schaue ich mir deine Biografie an, hast du dich in den unterschiedlichsten Bereichen getummelt. Bist du ein unbeständiger Mensch?

Christian Humberg: Wieso unbeständig? Ich habe schlicht das große Glück, meine Kreativität als Autor in mehreren Genres und Literaturarten austoben zu dürfen. Diese Abwechslung bereichert meinen Arbeitsalltag seit Jahren und ist ein entscheidender Grund dafür, dass mir dieser Beruf bis heute so viel Freude macht. Sie hält mich geistig wach. Sie garantiert mir, dass kein Projekt wie das vorherige ist.
Ich bin sehr dankbar dafür, denn was du vielleicht als Unbeständigkeit missdeutest, ist für mich eine Art geistiger Jungbrunnen und wirkt sich äußerst positiv auf meine Arbeiten aus. Ist ein Bäcker unbeständig, wenn er mehr als eine Brotsorte backt?


Klaus N. Frick: PERRY RHODAN scheint bei all deiner Bandbreite immer ein wenig im Hintergrund gestanden zu sein. Warum? Gibt's dafür Gründe?

Christian Humberg: Hauptsächlich wohl einen: Respekt. Ich kenne und schätze die Serie und ihre verschiedenen Inkarnationen nämlich selbstverständlich schon lange. Es dürfte in Deutschland keinen Phantastik-Interessierten geben, dem das anders geht. Aber ich scheute stets davor zurück, mich als potenziellen Autor für PR ins Gespräch zu bringen. Das schien mir anmaßend zu sein.
PR war (und ist) für mich ein Universum, für das man sich nicht bewirbt, sondern in das man allerhöchstens berufen wird. Du kannst dir sicher vorstellen, wie begeistert ich war, als der Ruf tatsächlich eines Tages kam. So eine Chance bekommt man nicht alle Tage.
Abgesehen davon habe ich – und das äußerst gern – ja schon früher und in anderer Position ein wenig zu PERRY RHODAN beitragen dürfen, etwa als Außenlektor einiger Romane.


Klaus N. Frick: Wann hast du zum ersten Mal von tl_files/comic/images/cover/neo/neo28.jpgPERRY RHODAN NEO gehört?

Christian Humberg: Konkret im Kollegenkreis und in den Vorankündigungen auf der Serienhomepage; im Detail lernte ich die Reihe dann auf dem WeltCon 2011 in Mannheim kennen, der mich vollkommen begeisterte. Im Backstage-Bereich des Veranstaltungsortes Rosengarten drückte mir jemand den just zum Con erschienenen Roman »Sternenstaub« von Frank Borsch in die Hand.
Ich mag Franks Schreibe nicht zuletzt seit seiner »Alien-Earth«-Trilogie sehr, also warf ich auch einen interessierten Blick in seinen ersten NEO – und las den Roman noch am selben Wochenende im Hotel komplett durch. Seitdem bin ich NEO treu.


Klaus N. Frick: Frank Borsch schrieb das Exposé für deinen Roman »Flucht ins Dunkel«. War es schwer für dich, nach einem so komplexen Exposé zu schreiben?

Christian Humberg: Überhaupt nicht. Mir ist klar, dass das jetzt klingt, als verteile ich Komplimente, anstatt ehrlich zu antworten, aber das ist nun einmal meine ehrliche Antwort. Franks Expo für NEO 28 war genau richtig, um mir, der ich die Serie bis dato ja nur als Leser kannte, einen guten Autoreneinstieg zu bieten. Es passte zu meiner Schreibe und enthielt viele Elemente, die meine eigene Kreativität beflügelten. Die Arbeit an »Flucht ins Dunkel« machte mir großen Spaß, und das liegt nicht zuletzt an Franks Konzept.


Klaus N. Frick: Du leitest deinen ersten Roman für PERRY RHODAN mit einem Zitat aus dem »Robinson Crusoe« ein. Wieso das?

Christian Humberg: Weil ein wichtiger Handlungsstrang des Romans meiner Ansicht nach von drei Robinsons handelt; drei gestrandeten Seelen, die durch ihre Zweckgemeinschaft den Weg zurück in ihre jeweilige Heimat zu finden hoffen. Manoli ist allein unter Echsen, fern der Erde und allem, wofür er kämpft, seit er mit Rhodan auf den Arkoniden Crest stieß. Er weiß nicht, ob seine Freunde noch leben und es ihr gemeinsames Ideal Terrania überhaupt noch gibt. Dieser Schmerz ist in »Flucht ins Dunkel« Manolis Antrieb.
Khatleen-Tarr leidet unter ihrer Vergangenheit als Soldatin und ihrer Gegenwart als Amüsierechse in den niederen Bezirken der topsidischen Hauptstadt. Der Krieg hat sie entwurzelt, auch wenn es lange dauert, bis sie sich das eingesteht. Sie treibt genauso schiffbrüchig durch die Gegenwart wie Manoli, und auch sie sehnt sich nach einem sinnstiftenden Halt.
Ähnliches lässt sich über Gihl-Khuan, den mysteriösen Kopfgeldjäger, sagen. Er lebt unwissentlich eine Lüge: Anstatt sich und seine zweifelhafte Herkunft zu hinterfragen, definiert er sich anhand der Aussagen, die andere über ihn treffen. Doch je länger er sich so verleugnet, desto entwurzelter und heimatloser fühlt er sich.


Klaus N. Frick: Gibt es eine Lieblingsfigur in deinem NEO-Roman? Und in der Serie insgesamt?

Christian Humberg: In »Flucht ins Dunkel« waren ganz klar die drei eben Genannten meine Lieblinge, und zwar gleichermaßen. Sie sind grundverschieden – der idealistische Heiler, die fatalistische Ex-Dirne, der knallharte Killer – aber sie eint, dass sie allesamt zwischen den Stühlen sitzen. Diese Dynamik faszinierte mich sehr.
Davon abgesehen finde ich die Wandlung, die einige der Stammcharaktere durchlaufen, sehr interessant. Beispielsweise im Fall von Bai Jun, den ich ja ebenfalls auftreten lasse.


Klaus N. Frick: Gibt es eigentlich eine Figur, deren Abenteuer du im NEO-Kosmos gerne und unbedingt schildern würdest?

Christian Humberg: Klar, aber es erscheint mir unklug, sie zu verraten. NEO ist nicht die Erstauflage, sondern eine ganz eigene Interpretation des Perryversums. Ich halte es für falsch, von ihr meine Lieblinge zu verlangen. Sie soll sich lieber eigene etablieren und die Wege gehen, die zu ihr passen. Falls sie mich zu alten Freunden führen, umso besser.


Klaus N. Frick: Und wie geht es generell weiter mit dem Schriftsteller, Journalisten und Übersetzer Christian Humberg? Was steht als nächstes auf dem Plan?

Christian Humberg: Aktuell bereite ich mich auf meinen zweiten Beitrag zu PERRY RHODAN NEO vor, der mich, worüber ich mich sehr freue, in diesen Herbst begleiten wird, und bestreite gemeinsam mit dem NEO-Lesern nicht unbekannten Bernd Perplies Lesungen zum aktuellen, vierten Band unserer Fantasy-Kinderbuchserie »Drachengasse 13«.
Darüber hinaus erscheint Ende November bei Cross Cult ein neues Sachbuch aus meiner Feder – wobei ich es eher als Lach- und Sachbuch verstehe: »Sorge dich nicht, beame!«, das ich gemeinsam mit »Star Wars«-Expertin Andrea Bottlinger schrieb und das mit Illustrationen des großartigen Martin Frei in den Handel kommt, ist ein »etwas anderer Lebensratgeber« geworden und amüsiert und informiert hoffentlich gleichermaßen.
Desweiteren übersetze ich aktuell wieder »Star Trek«-Romane ins Deutsche, die ebenfalls bei Cross Cult erscheinen, gehöre zur festen Redaktion der neuen Genrezeitschrift »Geek!«, die im Sommer 2012 erfolgreich bei Panini startete, und gebe Kurse im Kreativen Schreiben. Du siehst also: Meine Arbeitstage sind lang – aber nie langweilig.


Klaus N. Frick: Vielen Dank für das Beantworten der Fragen!

Christian Humberg: Ich danke für das Interesse, Klaus. Und ich bin gespannt, wie »Flucht ins Dunkel« bei den NEO-Lesern ankommt.