Eine Lokomotive für Perry Rhodan – Teil zwei Ein Werkstattbericht von Jürgen Rudig

20. Januar 2021

Risszeichnungen zählen seit Jahrzehnten zu den wichtigsten redaktionellen Ergänzungen der PERRY RHODAN-Serie. Im Januar wurde die siebenhundertste Risszeichnung in den Romanen der Serie veröffentlicht.

Jürgen Rudig, der Schöpfer dieser Zeichnung, erzählt in seinem Werkstattbericht ein wenig über die Hintergründe dazu. Wegen des Umfangs veröffentlichen wir seinen Beitrag in zwei Teilen: gestern Teil eins, heute Teil zwei.

 

Auch bei der Lokomotive musste ich mich im Vorfeld und noch während der Bleistiftphase in die Technik hineindenken: also einfache Elektrotechnik, Elektromotoren, Akkumulatoren, Stromleitungen, Hebel und Knöpfe ... so in der Art. Dabei stand ich schnell an dem Punkt, zum Beispiel Elektromotoren abzuzeichnen und quasi hineinzukopieren, oder »etwas anders« zu zeichnen. Ich entschied mich für »etwas anders«, denn die Technik und Ästhetik der Ayees sollte zwar einfach und solide wirken, aber durchaus sehr fremdartig »herüberkommen«.

Dazu kam: Eine stromlinienförmig gestaltete schwere Elektrolokomotive auf einem klassischen Eisenbahngleis mit Mittelstromleiter (»Trix lässt grüßen«) ist nicht unbedingt das geeignete Sujet, zeichnerisch völlig neue Innovationen und Ideen zur Darstellung einer anderen Technologie umzusetzen. Perspektive bleibt Perspektive, Stromlinie bleibt Stromlinie, Räder stehen auf dem Gleis, der Führerstand ist sinnigerweise vorn, Motoren stecken mittendrin ... Was will man da machen?

Die Lokomotive in der Halle

Also ging der Weg zur Darstellung einer fremdartigen anderen Welt und Kultur vor allem über das Ambiente »drumherum«. Und da kam wirklich Freude auf, sich auf dem Bahnsteig austoben zu können: Ich konnte den Zug in Bezug setzen zu seinen Nutzern, erwartungsfrohen, friedlichen und dennoch fremdartig wirkenden Reisenden, Touristen, Publikum. Wichtige Ingredienzien dabei waren der Lautsprecher (Ayees lesen keine Wortzeichen) und ein dickes Stromkabel für die Versorgung mit Strom bei Stillstand.

Und dabei sei verraten: Dieses Kabel hielt zuerst ein kleiner drolliger Roboter in seinen Händchen, bis mich die Fachleute vom Verlag darauf aufmerksam machten, dass Ayees keine Roboter kennen. Und nun sei auch noch verraten: In solchen Fällen bleibt mir nichts übrig, als zu Klebestift und Schere zu greifen und die Stelle zu überkleben und anschließend zu überzeichnen.

Das passiert im Schnitt dreimal pro Risszeichnung, ist immer extrem ärgerlich und führt dazu, dass ich geneigt bin, den ganzen Krempel zusammenzuknüllen und in die nächstbeste Ecke zu pfeffern – so auch bei der Lokomotive.

Das Problem ist nämlich, dass das überklebte Papier mit seinen Rändern eigene Linien abbildet, die tunlichst in das Gesamtgefüge eingepasst werden müssen. Sprich: Der Rand dieses Papierschnipsels muss eine neue Linie für irgendeine Gerätschaft werden, damit man den ganzen Murks möglichst nicht sieht.

Das muss gut überlegt werden, man braucht bei allem Ärger ein sehr ruhiges Händchen, und auch der Klebestift will gut geführt werden – ansonsten gehen Klebemasse und Tinte auf wenigen Quadratmillimetern eine sehr innige Verbindung ein, die geeignet ist, die ganze Zeichnung zu versauen (es sei denn, man klebt auch da wieder was drüber).

Das Finish und das Osterei

Meine Risszeichnungen leben von den Schraffuren, die ich ständig versuche weiterzuentwickeln. Schraffur ist – zunächst auf einer einfachen Ebene – die Trennung von Schwarz und Weiß zur Verdeutlichung von Konturen, kann aber viel mehr sein: Farbigkeit im Sinne eines Schwarz-Weiß-Fotos, Oberflächenstruktur, Licht in und auf dem Objekt ... Ich kann ja Licht mit dieser Technik nur erzeugen durch Dunkel, das ich kontrastiere.

In diesem Sinn schraffiere ich zunächst die größeren Flächen und werde dann »immer kleiner«, bis Schraffur-Elemente nur wenige Millimeterchen groß – besser klein – sind. Aber dieses Finishing macht eigentlich am meisten Spaß, frage nur keiner, wie lange das dauert. Zum Schluss dann kommt irgendwo ein Osterei – oder neudeutsch Easteregg – in die Zeichnung, diesmal eine Kaffeemaschine. Man möge es mir nachsehen, aber den Spaß erlaube ich mir mit jeder Risszeichnung.

Tja, fertig ... Dann geht es nach Aachen in den Copyshop meines Vertrauens, die Zeichnung wird auf Stick gezogen und landet als JPEG-Datei bei meinem lieben Arbeitskollegen Gregor Sedlag, der zuverlässig das restliche Finishing, die Einarbeitung der Nummernkreise und anderes übernimmt. Aber das ist dann schon seine Geschichte.

Perry Rhodan 3099: Die Kinder der Milchstraße
Michael Marcus Thurner
PERRY RHODAN DIGITAL
ISBN/EAN: 9783845360997
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Perry Rhodan 3099: Die Kinder der Milchstraße
Michael Marcus Thurner
Pabel Moewig Verlag KG
ISBN/EAN: 9999900005837