Die Expo-Arbeit mit Rainer Castor (Teil eins) Eine Kolumne von Uwe Anton

20. Oktober 2016

Anmerkung der Redaktion: Für den Gedächtnisband, den der Terranische Club Eden (TCE) über den verstorbenen PERRY RHODAN-Autor Rainer Castor veröffentlichte, schrieb auch Uwe Anton einen Artikel. In diesem geht der PERRY RHODAN-Autor vor allem auf die langjährige Zusammenarbeit mit Rainer Castor ein.

Den Beitrag finden wir extrem lesenswert, weshalb wir ihn auch auf unserer Internet-Seite veröffentlichen. Wegen seiner Länge kommt er in zwei Teilen – heute ist es Teil eins, morgen folgt Teil zwei, in dem es vor allem um die gemeinsame Arbeit an den Exposés geht.

Mann, was haben wir uns gefetzt.

Das ist das erste, was mir einfällt, wenn ich etwas über meine Zusammenarbeit mit Rainer Castor bei den PERRY RHODAN-Exposés schreiben soll. Rainer war in dieser Hinsicht wirklich kein einfacher Mensch. Bei Perry Rhodan verstand er keinen Spaß. Er hat Perry Rhodan gelebt, vierundzwanzig Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr.

Bei Robert Feldhoff begann Rainer mit der technischen Unterfütterung der RHODAN-Expos. Die beiden haben sich bei ihrer Zusammenarbeit schnell eingespielt. Robert war erleichtert, sich um manche Dinge nicht mehr kümmern zu müssen, Rainer war froh, sich darum kümmern zu dürfen. Wie weit ist Arkon von Terra entfernt, wie lange dauert unter welchen Umständen der Flug? Was ist über die Maahks bekannt, die Blues, die Tefroder? Rainer hat nicht nur PERRY RHODAN gelebt, er war ein wandelndes Lexikon.

Das ist das Problem mit seinem Vermächtnis: Wie soll man die Daten, die er im Lauf von über dreißig Jahren angesammelt hat, ordnen, zusammenstellen und auswerten? Rainer hatte ein eigenes System; er hatte die Daten im Kopf, wusste, wo er auf seinen legendären Festplatten was findet. Seine Nachfolger bei PERRY RHODAN versuchen ein Jahr nach seinem Tod noch immer, dieses System zu durchschauen, sind aber noch nicht sehr weit gekommen.

Da ich eher ein Teamplayer als ein Einzelkämpfer bin, war ich froh, Rainer als Expo-Bearbeiter sozusagen »übernehmen« zu können. Wir hatten vorher schon unsere Erfahrungen miteinander gesammelt. Rainer machte bei den ATLAN-Miniserien, für die ich die Exposés geschrieben habe, ebenfalls die technische Beratung. Schon bald zeichnete sich dabei ab, dass wir trotz aller Differenzen – oh, und die gab es! – auch dabei ausgezeichnet miteinander auskamen.

Schon bei ATLAN und später auch bei PERRY RHODAN arbeiteten wir nicht im stillen Kämmerlein vor uns hin, sondern tauschten uns regelmäßig aus. Wir kannten uns auch privat, unternahmen einiges miteinander. Dabei war ich allerdings stets die treibende Kraft.

Rainer war zufrieden, wenn er zu Hause sitzen und sich PERRY RHODAN widmen konnte. Ich musste ihn überreden, mal zu einem Stammtisch nach Duisburg zu kommen, mal dieses oder jenes zu unternehmen, kurz gesagt: das Haus zu verlassen.

Schon bei der Expoarbeit für ATLAN trafen wir uns regelmäßig. Gelegentlich kam er nach Wuppertal, meistens bin ich nach Andernach gefahren, habe dort auch übernachtet, zuerst im Haus seiner Eltern, später in seiner Eigentumswohnung, die er sich als Büro eingerichtet hatte. Wir haben stets gearbeitet wie die Tiere und dann den Abend genossen.

Mal waren wir bei einem Thailänder (der sein Restaurant erst einen Tag nach unserem Besuch eröffnen würde, eine Geschichte für sich), mal bei Rainers Lieblingschinesen. (Das sogar an einem Tag zwei Mal, mittags und abends. Er wusste eben, was er an dem Laden hatte.) Kneipengänger waren wir beide nicht: Da haben wir uns lieber mit einer Flasche Wein oder auch Mineralwasser noch mal bei ihm im Büro hingesetzt und weitergearbeitet, manchmal bis spät in den Morgen. Und dabei haben wir uns manchmal auch schlimm gefetzt, angeschrien und uns Dinge an den Kopf geworfen, die jeden anderen bewogen hätten, den Kontakt mit diesem Menschen abzubrechen.

Aber wir wussten damit umzugehen. Es ging um eine größere Sache, und wenn am nächsten Morgen die erste Kanne Kaffee – und Rainer hat viel Kaffee getrunken! – ihren Duft verströmte, haben wir uns zusammengesetzt und schon beim Frühstück die Diskussion gemäßigt fortgesetzt.
 

Uwe Anton