Alte und neue PERRY RHODAN-Comics – Teil 2 Der ehemalige Comic- und ATLAN-Autor Dirk Hess im Interview

3. Februar 2016

Dirk Hess war einer der Menschen, die in den 70er-Jahren dafür sorgten, dass PERRY RHODAN im Comic-Sektor ein starkes Standbein hatte. Er textete »PERRY – Unser Mann im All« in den Jahren 1971 bis 1975 und war damit für den Inhalt der Haupthandlung verantwortlich. In derselben Zeit war er auch als ATLAN-Autor tätig.

Seit Jahren hat er sich in der »Szene« eher rar gemacht. Das Erscheinen der neuen PERRY RHODAN-Comics brachte die Idee auf, ihn zur Vergangenheit zu befragen ... Das Interview wurde per Mail geführt, die Fragen stellte Klaus N. Frick.
Wegen der Länge bringen wir das Interview in zwei Teilen; gestern war Teil eins dran, heute ist es Teil zwei.


Klaus N. Frick: Wieso bist du damals eigentlich weitestgehend aus der Szene verschwunden?

Dirk Hess: Nun, mir wurde sehr schnell klar, dass ich nicht pausenlos kreativ sein kann und im Grunde nur ein mittelmäßiger Autor war. Außerdem fehlte mir nach Willis viel zu frühem Tod der Ansprechpartner und Freund, mit dem ich ungezwungen spekulieren und fabulieren konnte. Neben meiner Arbeit als Pressesprecher und Leiter der internen Kommunikation lieferte ich bis Anfang der 2000er-Jahre Texte und Übersetzungen für »Micky Maus« ab.

Da ich mir kürzlich die neue »Flash«-TV-Serie reingezogen habe, erinnerte ich mich natürlich auch daran, dass ich damals für Ehapa diese Serie und viele andere komplett ins »Germanische« übertragen habe.


Klaus N. Frick: Der PERRY RHODAN-Serie bist du indirekt treu geblieben; du hast an Story-Wettbewerben und dergleichen teilgenommen. Wieso wurde eigentlich nie mehr daraus?

Dirk Hess: Im Grunde eine Differenzierung meiner vorherigen Antwort.

Es war 1976, als ich für Herrn Bernhardt nach Ablieferung mehrerer Horror-Romane eine »Frankenstein«-Serie und eine Fantasy-Horror-Reihe entwickeln sollte. Für den »Frankie« lieferte ich ein Szenario und zehn Exposés ab. Willi schrieb den ersten, ich den zweiten Roman. Dann kam Schelwokat auf die Idee, das Ganze von Horst Gehrmann – H. G. Ewers – umarbeiten zu lassen, da Horror angeblich zu anfällig für Kritik seitens der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften sei. Außerdem war ich für Schelwokat seit Ablieferung meines ersten Manuskripts, das dann der Zauberkreis-Verlag veröffentlicht hatte, eine gewisse Persona non grata.

Gehrmann machte dann aus Dämonen »Psikonen« und erklärte die Episode mit im Koma liegenden Personen, die rege Hirnaktivitäten besaßen, als medizinischen Schwachsinn. Außerdem kritisierte er meinen Ansatz, Krimi, Fantasy- und Horror-Elemente miteinander zu verknüpfen, als unglaubwürdigen Unsinn. Hätte es damals schon die Serie »Akte X« gegeben, wäre mir wohl plumpes Plagiat vorgeworfen worden.

Bernhardt beauftragte mich nach einer »Beruhigungsphase« die vorher bereits angedachte Fantasy-Horror-Reihe erneut zu projektieren, nachdem ich eine Reihe »Dämonenkiller«- und »Vampir«-Horrorromane abgeliefert hatte. Ich schrieb dazu nicht nur ein Szenario für die erste »Staffel«, sondern auch gleich den ersten Roman mit dem Titel »Die Rache des Monko«. Da ich dann monatelang nichts mehr hörte, verfolgte ich intensiv meine Neuorientierung in der Pressearbeit.


Klaus N. Frick: Hast du noch eine »Beziehung« zu Comics?

Dirk Hess: So was verliert man nicht. Immerhin sind Comics – verdammt, reden wir doch endlich von »Graphic Novels« – inzwischen längst aus der Schmuddelecke heraus und bereichern den visuellen und literarischen Kosmos. Immerhin waren »Bildergeschichten« 2009 sogar im Louvre vertreten. Dem geneigten Interessenten dafür öffnet sich ein breiter, qualitativ interessanter Rahmen. Von hoch begabten Leuten gibt es großartige Alben, die sich in Form und Inhalt als Kunstform mit allen anderen durchaus messen können. Es ist für mich immer wieder eine schöne Erfahrung, in die gut gemachten literarischen Visualisierungen einzutauchen (u.a. Hans Hillmanns Adaption der Kurzgeschichte »Fliegenpapier« von Dashiell Hammett, an der er sieben Jahre arbeitete).


Klaus N. Frick: Graphic Novels als eigenständige Kunstform für eine kleine Liebhabergemeinde?

Dirk Hess: Natürlich nicht. Graphic Novels sind für mich ein Teil unserer wunderbaren kreativen Vielfalt. So verbinden sich Literatur, Zeitgeist, Geschichte und Film mit den fabelhaften Bildergeschichten zu einem großen Ganzen, das sich in vielfältiger Weise immer wieder neu befruchtet. Nicht von ungefähr wurden aus Büchern Graphic Novels und Filme. Ein schönes Beispiel ist die Graphic Novel »A Girl Walks Home Alone at Night« der jungen Exiliranerin Ana Lily Amirpour, den sie dann auch gleich grandios verfilmte. Und nicht zu vergessen »The Walking Dead«!