Mit seinem Roman »Lockruf des Kreells« hat sich Ruben Wickenhäuser als Autor innerhalb der Serie PERRY RHODAN NEO etabliert. In der nächsten Handlungsstaffel wird sein zweiter Roman folgen. Mit dem in Schweden lebenden Schriftsteller hat Klaus N. Frick ein Interview geführt – die Fragen und die Antworten wurden per Mail ausgetauscht.
Wegen seiner Länge kommt das Interview in zwei Teilen: Heute bringen wir den ersten, morgen den zweiten Teil.
Klaus N. Frick: Du hast zuerst zwei STELLARIS-Kurzgeschichten veröffentlicht, jetzt deinen ersten Roman. Wie fühlt man sich als Autor im großen PERRY RHODAN-Universum?
Ruben Wickenhäuser: Ganz prächtig! Und das aus vielerlei Gründen. Mich faszinieren die Möglichkeiten der Science Fiction an sich. Die vorgefertigten Exposés haben ebenfalls ihren Reiz: Bei klassischen Romanen ist das zeitintensive Entwickeln einer völlig neuen Handlung, das Austüfteln von Wendungen und dergleichen natürlich sehr reizvoll. Aber es ist doch eine sehr schöne Abwechslung, bei PERRY RHODAN NEO sozusagen den Rohbau der Handlung geliefert zu bekommen, den es dann unterhaltsam einzurichten gilt. Besonders spannend finde ich es dabei, die Entwicklung der Gesamthandlung zu verfolgen, also die Exposés und fertigen Beiträge der Kolleginnen und Kollegen zu verschlingen und sich dabei schon Gedanken um den künftigen eigenen Text machen zu können.
Damit sind wir schon beim nächsten Punkt, der Teamarbeit. Die ist im gewöhnlichen Autorenhandwerk eher selten. Der Austausch macht großen Spaß, es fühlt sich wie in einer Mannschaft an, die gemeinsam ein größeres Ziel anstrebt. Bei PERRY RHODAN NEO ist das natürlich die Vollendung der jeweiligen Zehnerstaffel, während sich aus den Nebeln der Zukunft langsam die Gestalt der nächsten herausschält.
Zudem ist die Teamarbeit angenehm professionell. Da haben Allüren und Empfindlichkeiten keinen Platz, und sie erfordert vollen handwerklichen Einsatz. Schließlich müssen wir uns auf die Sprache der Serie einstellen und die Geschichte idealerweise innerhalb von zwei, drei Wochen niederschreiben.
Abgesehen davon: An der ältesten Science-Fiction-Serie der Welt mitgestalten zu können, das ist schon was Besonderes.
Klaus N. Frick: Kanntest du die Serie schon vorher? Oder schlug dein Herz eher für die Fantasy?
Ruben Wickenhäuser: Fantasy ist eigentlich nicht so mein Ding. Zumindest die von der tolkienschen Welt geprägte Fantasy empfinde ich als literarisch recht beliebig. Die hat meiner Meinung nach mit Phantasie als solcher nur wenig zu tun. Das ist ein bisschen so wie bei jenen marktgerecht angepassten Historischen Romanen, die leider häufig nicht besonders historisch sind.
Was etwas überspitzt gesprochen bei letzteren Schmalz und Blut sind, sind bei ersteren Elfenohren, Zwergenbärte und Zauberstäbe. Oh, und Drachen natürlich. Drachen – da könnte ich gleich übergehen zu diesen furchtbar spießigen Kinderbuchdrachen, die zur Schule gehen … aber das führt uns zu weit vom Thema weg.
Phantastik ist da schon eine ganz andere Nummer, die hat mich schon immer angesprochen. Das ist ein Genre, bei dem die grenzenlosen Möglichkeiten des Romans wirklich zum Tragen kommen. Vielleicht lässt sich mit dieser Grenzenlosigkeit eine Parallele zur Science Fiction ziehen, die auf ihre Weise visionär und utopisch eine mögliche Zukunft projizieren kann – auch wenn sich ein Lem natürlich nicht mit dem Gros der populären Science Fiction vergleichen lässt.
Aber die Projektion in eine ferne Zukunft hatte mich auch bei PERRY RHODAN fasziniert. Nur hatte mich der eine oder andere Silberband der Originalserie, den ich in die Hand nahm, nicht so richtig packen können. Gucky und die Mutanten empfand ich als plakative Ausreden zum Probleme lösen, übermächtige und streckenweise nervtötende Dei ex Machina. Obendrauf noch psychisch begabte Ohrenhandjaguars und Schoßelefanten, also bitte.
Dann kam PERRY RHODAN NEO heraus, und das hat gezündet. Das war spannend zu lesen, sprachlich gut, interessant aufgebaut, mit Wendungen und gelegentlich mit Außerirdischen, die tatsächlich wie Außerirdische aussahen und sich auch so kryptisch verhielten – siehe zum Beispiel die Ankunft der Fantans. Oder die Mentalität der Orgh, großartig gemacht!
Gucky ist zwar gelegentlich immer noch etwas übermächtig, wenn er beispielsweise Faktor I als Tennisball benutzt, aber er hat viele liebenswerte Seiten gewonnen und seine Fähigkeiten werden wenigstens halbwegs im Zaum gehalten. Bei der Arbeit an »Lockruf des Kreells« habe ich ihn sogar liebgewonnen. Hätte ich mir damals nicht vorstellen können.
