Logbuch: Das absolute Abenteuer – die neuen ATLAN-Taschenhefte (Teil 2) von Rüdiger Schäfer

18. Januar 2013

Wer nun glaubt, dass das Überarbeiten eines dreißig Jahre alten ATLAN-Romans reine Routine ist, die man in ein paar Stunden praktisch nebenher erledigen kann, der irrt gewaltig. Die rund fünfzig Stunden, die ich allein in das erste Taschenheft gesteckt habe, sind sicherlich zum Teil meiner Unerfahrenheit auf diesem Gebiet geschuldet, aber mit einer automatischen Rechtschreibprüfung und dem Ausmerzen von ein paar Wortwiederholungen ist es eben nicht getan. Selbst dann nicht, wenn eine Legende wie Günter M. Schelwokat schon einmal Hand angelegt hat.

Ich vergleiche belletristische Texte gern mit Melodien. Auch in der Prosa gibt es Harmonie und Rhythmus. Bei einem gut geschriebenen Roman darf der Leser nicht stolpern. Die Sätze müssen sich nahtlos aneinander reihen, müssen wie Wellen ineinander fließen. Man darf nicht über ungewöhnliche Formulierungen oder unnötige Fremdwörter stolpern. So etwas stoppt die Lesekontinuität; man hält automatisch inne und steigt somit aus der Geschichte aus. So etwas muss der Autor, aber auch der Lektor unter allen Umständen vermeiden.

Habe ich das »absolute Abenteuer« bereut? Bisher nicht (ich habe gerade die Bearbeitung von Band 3 abgeschlossen). Die Arbeit ist anstrengender und fordernder, als das Schreiben von eigenen Romanen. Man ermüdet schneller; mehr als zehn Manuskriptseiten auf einmal kriegt man selten durch (zumindest ich nicht). Und beim zweiten Drüberlesen findet man erneut Dinge, die geändert werden können. Nein, ich beneide das Rastatter Redaktionsteam schon lange nicht mehr.

Auf der anderen Seite steht die Erfahrung, die man durch die intensive Beschäftigung mit Texten fremder Autoren gewinnt. Man lernt weniger als Schriftsteller dazu, dafür jedoch umso mehr, was es heißt, etwas so Komplexes und Sensibles wie eine komplette Serie in einen geeigneten Rahmen einzupassen. Man lernt, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden, Strukturen zu schaffen, einen roten Faden zu verfolgen und vorauszudenken. Dazu trägt selbstverständlich auch das Feedback aus dem Verlag bei, denn die Manuskripte, die ich abliefere, werden dort noch einmal gelesen und endlektoriert.

»ATLAN – Das absolute Abenteuer« ist somit tatsächlich ein Abenteuer, und das nicht nur für den unsterblichen Arkoniden. Ich hoffe natürlich, dass die Serie lange läuft, dass neue Leser den großartigen SOL-Zyklus für sich entdecken, und alte Hasen noch einmal in Erinnerungen schwelgen.

Mit den gelungenen neuen Titelbildern von Arndt Drechsler und der repräsentativen Publikationsform des Taschenhefts wird einer der spannendsten und ereignisreichsten Zyklen der einstigen ATLAN-Heftserie noch einmal genau so präsentiert, wie er es verdient.

Rüdiger Schäfer