Logbuch: 60 Jahre Arndt Ellmer – Der Mann aus dem Hotzenwald

26. Februar 2014

Der Begriff »Hotzenwald« ist eigentlich nur jenen Menschen bekannt, die sich in besonderer Weise für Geografie, für Geschichte oder – seltsames Hobby – für Schwarzwaldtäler interessieren. Der Hotzenwald selbst ist eine Region im südlichen Schwarzwald, kurz vor der Grenze zur Schweiz, und Wikipedia verrät über ihn:

»Im engeren Sinn ist der Hotzenwald das südlichste Gebiet des Südschwarzwaldes, das nach Westen in etwa durch die Wehra, im Norden in etwa durch den Oberlauf der Alb bei St. Blasien, im Osten durch den Bergrücken zwischen Alb und Schlücht sowie im Süden durch den Hochrhein und Klettgau begrenzt wird. Diese Eingrenzung des Hotzenwaldes deckt sich in etwa mit dem Gebiet der ehemaligen Grafschaft Hauenstein.«

Wer sich nicht auskennt, kann damit auch nicht viel anfangen. Wikipedia ist nicht immer hilfreich ... Immerhin verrät das Online-Lexikon ein wenig über den Begriff Salpetererkriege: Dabei handelt es sich um eine Reihe von Bauernaufständen, die im 18. und 19. Jahrhundert den Hotzenwald erschütterten.

Was hat das jetzt alles mit Wolfgang Kehl alias Arndt Ellmer zu tun, jenem Mann, der in diesen Tagen seinen sechzigsten Geburtstag feiern kann? Vielleicht so viel: Er ist im Hotzenwald geboren, in einer kleinen Gemeinde, die nur auf detailgetreuen Landkarten verzeichnet ist, und er hat offenbar bereits in frühester Kindheit einen gewissen Hotzenwälder Geist in sich aufgesogen.

Man sagt Berg- und Waldbauern nach, dass sie sturschädelig und zugleich ein wenig gemütlich seien; bei Wolfgang muss in früher Jugend eine tüchtige Prise Phantasie dazu gekommen sein. Das alles brachte es mit sich, dass es ihn zum Studium nach Würzburg verschlug, ihn aber später wieder zurück in den Hotzenwald zurückzog, wo er seitdem im Haus der Eltern an zahlreichen Romanen gearbeitet hat.

Arndt Ellmer – um ihn beim Autorennamen zu nennen – ist ein Arbeiter, kein Kunsthandwerker. Sein Ziel ist und war nie, die Leser mit kunstvoll gedrechselten Sätzen oder anspruchsvoller Lyrik zu überraschen, stattdessen wollte er sie unterhalten und fesseln. Das wiederum tut er seit mehreren Jahrzehnten, und es kann von daher kaum überraschen, dass er beispielsweise in der Riege der PERRY RHODAN-Autoren seit langem unverzichtbar ist.

Wenn man sich als Schwarzwälder auf etwas eingelassen hat – und ich weiß aus eigener Erfahrung, wovon ich spreche –, bleibt man dieser Sache normalerweise über viele Jahre hinweg treu. Man wechselt Frauen, Interessen oder politische Ansichten nicht einfach über Nacht, nur weil es jetzt einige Leute gibt, die dieses oder jenes besser fänden. Als Schwarzwälder ist man sturschädelig und in gewisser Weise konsequent.

Es gibt Leute, die mögen so eine Einstellung spießig finden. Will man aber über Jahre und Jahrzehnte hinweg an einem literarischen Gesamtprojekt mitarbeiten, das weltweit seinesgleichen sucht, bleibt einem wohl kaum etwas anderes übrig, als – neben viel Phantasie – eine tüchtige Portion Beharrlichkeit mitzubringen.

Arndt Ellmer hat die PERRY RHODAN-Serie nicht nur einmal gerettet. Ich weiß es, denn ich war dabei. Er war stets sofort zur Stelle, wenn »Not am Mann« war.

In solchen Fällen arbeitete er – wie ein Holzfäller in einem sturmumtosten Wald, der seine Pflicht tut – mit, ohne lang zu diskutieren. Er schrieb einen Roman in buchstäblich letzter Minute, zu einem Thema, das ihm nicht lag, und es war ihm wie allen anderen Beteiligten klar, dass es dafür von den Lesern keinen Applaus, sondern eher handfeste Kritik geben würde. Aber diese Arbeit musste getan werden, und Arndt Ellmer kümmerte sich darum.

Vielleicht ist das ebenfalls typisch für einen Mann aus dem Hotzenwald: Man steht zu dem, was man tut. Man hilft den Kollegen auch einmal, ohne gleich nach dem großen Erfolg zu fragen – man tut es einfach. Man hält zusammen, man ist solidarisch – ohne dass man diese Dinge bei jeder Gelegenheit öffentlich verkünden müsste.

Ich bin sicher, dass Arndt Ellmer im »wirklichen Leben«, also außerhalb der Science-Fiction-Romanserie, für die wir beide arbeiten, sich ähnlich verhält. Darüber weiß ich zu wenig, um mir ein Urteil zu bilden; ich war noch nie bei ihm zu Hause und kenne sein soziales Umfeld nicht gut genug. Aber so stelle ich ihn mir vor.

Der Arndt Ellmer, den ich kenne, hat einen verschmitzten Humor, der im Gespräch eher »funktioniert« als im gedruckten Roman. Er steht mit beiden Beinen im Leben, sowohl privat als auch beruflich. Er steht nicht im Verdacht, auf einmal völlig versponnene Dinge zu tun. Aber ich bin sicher, dass – würde man ihm mal so richtig fies auf die Füße treten – aus ihm der Widerstandsgeist eines echten Hotzenwälders erwachsen würde.

60 Jahre ist der Mann nun alt. Respekt! Jahrelang war er »der Junge« unter den PERRY RHODAN-Autoren; jetzt ist er älter und erfahren, und die jüngeren Autoren fragen ihn gelegentlich, wie denn das früher wirklich gewesen sei. Dann schmunzelt er und erzählt wenig. Ein echter Hotzenwälder weiß schließlich auch, wenn man eher schweigt ...

Klaus N. Frick