Wien im Perryversum, Teil 2 Hinter den Materiequellen – die Kolumne von Rainer Nagel

17. Oktober 2017

Nachdem ich im ersten Teil dieser Kolumnen-Trilogie die Vorarbeiten geleistet habe, ist nun die Bühne frei für Leo Lukas. Sein Doppelband 2284 (»Die Fliegenden Rochettes«) und 2285 (»Tag der Verkündung«) erschien Ende Mai und Anfang Juni 2005. Im Kampf gegen Gon-Orbhon verschlägt es die titelgebende Artistengruppe (unter Beteiligung von Homer G. Adams und Mondra Diamond) nach Wien.

Bereits früh im Roman findet sich ein »typischer Lukas«; ich zitiere:

»›Herr Matti aber‹, schimpfte sie prompt, ›trifft sich ja lieber mit anderen Spinnern als mit potenziellen Geldgebern. Und er steuert Wien an und nicht etwa Moskau, wo sie verrückt nach Zirkus sind. Weil sich in Wien besonders viele von diesen Spinnern herumtreiben!‹

Nun widersprach er doch. ›Wir sind hierher gereist, weil die Bewohner der Mittelmeer-Region circensische Vorführungen mindestens so sehr lieben wie die Menschen in Asien. Wien lag ganz einfach auf dem Weg – und wir sparen Geld.‹«

Und die Leser erfahren weiter:

»Er beließ Babett in der Obhut von Gertraudis und stieg aus dem Schweber. Da er sich außerstande sah, Sirene jetzt schon unter die Augen zu treten, schlenderte er aus dem Zirkusareal hinaus in den Donaupark.

Es war eine laue Märznacht. Rings um das ausgedehnte Erholungsgebiet an der Alten Donau ragte die Skyline des Modernen Wien buchstäblich bis in die Wolken, ein buntes Gemisch aus Baustilen verschiedenster Epochen. Einige Trichterkelche, die von den arkonidischen Besatzern in Windeseile hochgezogen worden waren, überflügelten sogar die LFT-Türme.

Die Luft roch nach Schneeglöckchen – Galanthus nivalis. Blindschleichen – Anguis fragilis – huschten durchs Gestrüpp, brünftige Grasfrösche – Rana temporaris – quakten, und Direktor Matti di Rochette – Idiotus idiotissimus – begann sich damit abzufinden, dass sein Lebenswerk in Trümmern lag.«

Auch das perryversische Wien hat ganz alltäglichen Probleme:

»Die Donaumetropole hatte, wohl wegen der Nähe zu den Alpen, schon vor Jahrtausenden als ›Welthauptstadt der Geologie‹ gegolten; eine Tradition, die sich erhalten hatte.

In Wien gab es gleich zwei Vereinigungen von diesem Fachgebiet zugeneigten Hobby-Forschern – bei Terranern konnte keine Stadt so klein sein, dass sich eine Interessengemeinschaft nicht in zwei verfeindete Vereine aufspalten würde. Matti pflegte mit beiden seit längerem einen regen Gedankenaustausch.

Anno 1333 NGZ war natürlich alles Wesentliche über Mineralien sowie die Erdkruste als Ganzes erforscht. Entsprechend belächelt wurden Privatgelehrte wie Matti und seine Gesinnungsgenossen.«

Etwas später heißt es: »Der Stammtisch traf sich in einem sogenannten Altwiener Kaffeehaus am Rand des historischen Stadtkerns, der zuletzt 1307 NGZ nach Originalplänen rekonstruiert worden war, zum etwa siebzigsten Mal. Den liebevoll gestalteten, an alle erreichbaren Welten versandten Publikationen zufolge verfügte man auch über einen Klubraum im Keller desselben Gebäudes.«

Sogar die halbseidene Finanzwelt wirkt durchaus vertraut: »›Wir befinden uns in Wien, wo es schwärzere Märkte gibt als irgendwo sonst. Vor zwei Wochen habe ich ein ganz gut dotiertes, anonymes Nummernkonto bei einer Privatbank direkt am Mexikoplatz eingerichtet. Im Anschluss an unser Gespräch werde ich dort soviel abheben, dass du deinen Leuten die ausständigen Gagen zahlen kannst, und nebenbei in Richtung Minipositronik vorfühlen.‹«

Der Wiener Tourismus ist (wieder) ungebrochen stark, einschließlich diverser Außerirdischer:

»Der Platz vor dem Riesenrad wimmelte von Angehörigen verschiedenster Völker.

Nicht wenige Besucher Terras, Humanoide wie Nichthumanoide, waren vom Hyperimpedanz-Schock überrascht worden und saßen, da ihre weit entfernten Heimatplaneten außer Reichweite der verfügbaren Raumschiffe lagen, auf der Erde fest. Das Gros dieser ›Gestrandeten‹ hatte sich mittlerweile ganz gut eingelebt und integriert. Sie fanden sich, genauso wie die Menschen, damit ab, dass ihre Welt mit einem Schlag kleiner geworden war, und versuchten, das Beste daraus zu machen. Dazu gehörten auch Besuche traditionsreicher terranischer Orte und Sehenswürdigkeiten, wie eben Wiens und des Praters.

Homer schob sich durch die lärmende, ausgelassene Menge, wobei er die Arme dicht am Körper hielt und möglichst wenig bewegte. Ein aufgrund der Kunstmuskeln, die das Exo-Skelett trugen, allzu heftig ausfallender Rempler konnte leicht Streit provozieren, zumal viele der Entspannung Suchenden unter dem Einfluss diverser Rauschmittel standen.

Rechts vom in allen Farben funkelnden Portalbogen, der den Eingang zum eigentlichen Wurstelprater bildete, erhob sich das Riesenrad. Es stellte bei weitem nicht die höchste und spektakulärste, wohl aber die legendärste Attraktion des Vergnügungsparks dar. Dahinter erstreckte sich ein Dorf, nein: eine ganze Kleinstadt aus mehrstöckigen Schaubuden, überragt von historischen Hochschaubahnen, Fluggeräten für Kinder und dergleichen mehr.

Den Radau und die verschiedensten, sich nicht besonders gut mischenden Gerüche ignorierend, so gut es ging, arbeitete sich Homer mühsam zum Kartenschalter im Betonfundament des Riesenrads vor. Dort tauschte er den Reservierungschip, den ihm der Springer-Bankier gegeben hatte, gegen ein Ticket.«

Man sieht, die Terra-Nostalgiker haben beim Wiederaufbau ganze Arbeit geleistet.

Und am Ende des Romans sitzt Adams im Riesenrad fest. Zusammen mit einem Überschweren, der ihn mit einer Waffe bedroht.

Diese brenzlige Situation löse ich im dritten Teil der Kolumnen-Trilogie auf ...

Perry Rhodan 2284: Die Fliegenden Rochettes
Lukas, Leo
PERRY RHODAN DIGITAL
ISBN/EAN: 9783845322834
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