Wer weiß denn so was? – Teil eins Eine Kolumne von Falk-Ingo Klee

12. Juni 2020

(Der ehemalige ATLAN- und Taschenbuchautor Falk-Ingo Klee erinnert in dieser Kolumne an die Nachschlagewerke zur PERRY RHODAN-Serie und deren Geschichte. Wegen ihrer Länge kommt die Kolumne in drei Teilen: heute Teil eins, morgen Teil zwei und übermorgen Teil drei.)

»Wer weiß was?«, ist eine beliebte Frage. Ebenso beliebt ist die Antwort: »Natürlich das Lexikon!«

Früher waren das schwergewichtige gedruckte Bücher, die als Nachschlagewerke dienten; sie schmückten aber auch oft als reine Dekoration den Bücherschrank im Wohnzimmer. Sie sollten von der Belesenheit ihres Besitzers künden, wurden aber häufig als reines Statussymbol angeschafft, wenn es sich um eine zwanzig- oder dreißigbändige Enzyklopädie handelte. Je nach Ausstattung waren da schon mal ein paar Tausend Mark oder Euro fällig.

Noch heute steht bei mir »Der neue Brockhaus« im Bücherregal, bestehend aus fünf dicken Bänden und einem gleichstarken Atlas. Wie der sechsbändige »Duden« dienten mir beide als Nachschlagewerke, bevorzugt habe ich allerdings ein wesentlich praktischeres einbändiges Handlexikon.

Viele frühere Nutzer solcher Lexika kennen das: Man schlägt im Band »Q-T« das Wort Sauerstoff nach, und dann kommt unter diesem Stichwort der Hinweis »Siehe Oxygenium«, das im Band »M-P« steht. Dort gibt es Querverweise auf Atmosphäre, Elektrolyse und Fotosynthese … Wenn man die dann alle durchgelesen und nahezu sämtliche Bände des mehrbändigen Nachschlagewerks aus dem Regal gezogen hatte, entwickelte sich je nach Gefühlslage eine deutliche Abneigung oder sogar eine gewisse Aggression gegen solch wissensverkündende Kleinteiligkeit. Denn man wusste zum Schluss gar nicht mehr, nach welchem Stichwort man eigentlich gesucht hatte.

Im Lexikon etwas zu finden, setzte aber auch profunde Rechtschreibkenntnisse und ein gewisses Fremdwörter-Repertoire voraus. Wer »Chrysantheme« nicht unter exakt dieser Schreibweise suchte, erfuhr nie, um was es sich handelte, und wer unter »Triumphirat« nachschlug, fand unter diesem Stichwort … nichts.

Und heute? Da gibt man den Suchbegriff einfach online in ein Suchfeld ein. Dabei muss man nicht einmal die korrekte Schreibweise kennen. Wer »Triumphirat« eintippt, bekommt den freundlichen Hinweis »Meinten Sie Triumvirat?« Klickt man das an, ist die erste Adresse in der Regel das Online-Lexikon Wikipedia. Dieser Dr. Allwissend des 21. Jahrhunderts hat den dicken Schmökern von einst längst den Rang abgelaufen.

Und wer etwas nachschlagen will, was mit dem Perryversum zu tun hat, egal, ob die Frage technischer Art ist oder Personen betrifft, Statistiken, Autoren oder Heftcover, wird beim Online-Lexikon Perrypedia fündig. Seit der Gründung im Jahr 2004 wurden mittlerweile rund 49.000 Artikel verfasst, und täglich werden es ein paar Beiträge mehr – denn auch der PERRY RHODAN-Kosmos wächst weiter.

In meiner letzten Kolumne – sie trug den Titel »Das Triumvirat der Expokraten« – hatte ich ja berichtet, dass man sich in den siebziger und frühen achtziger Jahren auf sein Gedächtnis verlassen oder mal einen Autoren-Kollegen kontaktieren musste, wenn es um Informationen aus der PERRY RHODAN- oder ATLAN-Serie ging. Schriftliche Informationen in Form eines Lexikons gab es nicht.

Es hatte zuvor mehrere Versuche gegeben, dem Problem abzuhelfen, aber wirklich gelungen war keiner. Mit Band 278 der PERRY RHODAN-Serie erschien 1966 im Heft der erste Lexikonbeitrag, mit dem »allen Freunden von PERRY RHODAN ein Schlüssel zum noch besseren Verständnis all der Begriff und Probleme in die Hand gegeben werden soll, die beim Lesen von PERRY RHODAN auftauchen können«, schrieb der damalige Bearbeiter H. G. Ewers, der selbst PERRY RHODAN-Autor war.

Dieser Lexikonbeitrag beschrieb die Begriffe Kybernetik, Kybernetiker und Elektronengehirn. Heutzutage sind das feststehende oder sogar altmodische Bezeichnungen – etwa das Elektronengehirn. Damals waren sie exotisch und futuristisch, für die meisten Zeitgenossen der damaligen PERRY RHODAN-Leser einfach nur Spinnerei und Verrücktheit. Die PERRY RHODAN-Fans wussten es natürlich besser; für sie waren das bekannte Begriffe und Vokabeln. Aber serienspezifische Bezeichnungen waren das nun gerade nicht.