Rundreise zu den Kolonien – Teil 2 Rüdiger Schäfer und Rainer Schorm berichten vom Besuch im Canopussystem

17. April 2019

Die NEO-Exposéautoren Rüdiger Schäfer und Rainer Schorm werfen in der Artikelserie »Rundreise zu den Kolonien« einen Blick auf die neue Zeit, mit der sie ab Band 200 von PERRY RHODAN NEO die Leser faszinieren und unterhalten werden. Im zweiten Teil geht es ins Canopussystem.

 

Auf der über dreihundert Lichtjahre entfernten Erde schreibt man den 17. April 2082, als die MAGELLAN im Canopussystem eintrifft. Der gelbe Riese vom S-Typ ist ein eher seltener Vertreter seiner Art und wird von vier Planeten umkreist.

Die äußere Welt – Imart – ist dreimal so weit von ihrer Sonne entfernt wie der Zwergplanet Pluto von Sol. Trotzdem strahlt der Gigantstern, den die Siedler Gator getauft haben, als flammende Scheibe von einem Himmel, der nur von wenigen Wolken verdeckt wird. Es scheint, als hätte sich der Wettergott für die Ankunft des Protektors der Terranischen Union und des »Kaisers« von Olymp ganz besonders ins Zeug gelegt, denn klaren Himmel sieht man auf Imart nicht oft.

Gelber Riese hin oder her: Auf Imart ist es meistens kalt. Die Luft auf Meeresniveau ist so dünn wie auf der Erde in siebentausend Metern Höhe. Normale Menschen können dort nur mit Atemgeräten überleben.

Ajador Pirm, der Obmann der Kolonie, empfängt seine Gäste im Verwaltungskomplex der Hauptsiedlung Nor Tun. Der Name kommt aus dem Armenischen und bedeutet »Neue Heimat«. Pirm stammt ursprünglich aus Armenien; er wurde in der Hauptstadt Jerewan geboren und war einer der Ersten, die das Variable Genome Project erfolgreich abgeschlossen und die Erde verlassen haben.

Fasziniert betrachtet Rhodan die deutlich vorgewölbte Brust des Obmannes. Prims Haut glänzt in kräftigem Grün. Die zahlreichen Fältchen um die Augen lassen vermuten, dass er gerne lacht. Prims Freude über die Anwesenheit der hohen Gäste wirkt nicht gespielt.

Rhodan weiß, dass die Imarter genetisch sorgfältig auf die schwierigen Bedingungen im Canopussystem vorbereitet worden sind. Man hat nicht nur ihre Lungen und Herzen vergrößert, sondern auch Chloroplasten in ihre Epidermis eingelagert. Dadurch können sie einen Teil des hohen Energiebedarfs per Photosynthese decken; daher rührt ihre grüne Hautfarbe, die auf der Erde und in den anderen Kolonien immer wieder Anlass für alberne Scherze ist.

Nor Tun liegt auf einem der mächtigen Säulengebirge Imarts. Es ragt viele tausend Meter in den üblicherweise wolkenverhangenen Himmel hinauf. An seinen Hängen steigt Luft nach oben, die sich auf ihrem Weg erwärmt, bis sie schließlich in großer Höhe abkühlt und kondensiert. Deshalb liegen die ausgedehnten Plateaugipfel häufig unter einer dichten Nebeldecke verborgen.

Durch die Wärme und die allgegenwärtige Feuchtigkeit findet man dort eine üppige Vegetation, die hauptsächlich aus Schling- und Kletterpflanzen besteht. Deren Samen werden aus den tieferen Regionen des Planeten durch die warmen Winde in Felsritzen geweht, so dass die meisten Säulenberge von grünen Pflanzenmänteln eingehüllt sind. Dieses einzigartige Wetterphänomen nennen die Imarter »Flue«.

Ajador Pirm ist sichtlich stolz auf das, was er Perry Rhodan und Anson Argyris in den folgenden Tagen zeigen kann. Die rund 150.000 Siedler haben tatsächlich Unglaubliches geleistet. Nor Tun ist über drei Berggipfel verteilt. Zwischen den grünen Kuppen spannen sich teils abenteuerlich aussehende Brücken und Seilzüge, die praktisch ununterbrochen in Benutzung sind. Wer an Höhenangst leidet, für den ist Imart definitiv die falsche Welt.

Rhodan beobachtet eine Reihe von Imartern, die mit Flugsegeln atemberaubende Manöver über der Siedlung zeigen. Durch die ständigen Aufwinde sind die Bedingungen für solcherlei Vergnügungen ideal. Pirm erklärt, dass die meisten Imarter schon von frühster Jugend an lernen, mit den Segelkonstruktionen umzugehen.

Der Flue wird allerdings auch von riesigen Schwärmen von Fledermullen genutzt. Sie lassen sich davon nach oben tragen, um in den höheren Regionen an die dort vorhandenen Samen und Pflanzenpollen zu kommen, die sie als Nahrung nutzen. Bei besonders starken Flues gibt es eine Rotlichtwarnung. Dann müssen die Brücken und Seilkonstruktionen schnellstmöglich geräumt werden, weil die Tiere sich sonst bedroht fühlen und die Imarter angreifen.

Rhodan erinnert sich noch gut an die großen Probleme, die man zu Beginn mit der Canopus-Kolonie hatte. Der komplizierte genetische Anpassungsprozess führte zu drei Wellen schwerer Lungenembolien, denen mehrere hundert Siedler zum Opfer fielen. Einige Tausend blieben mit mehr oder weniger schweren Folgeschäden zurück. Eine beispiellose humanitäre Katastrophe. Damals stand das Variable Genome Project – und damit der weitere Ausbau der Kolonien – kurz vor einem Abbruch.

Am 20. April treffen sich Perry Rhodan, seine Frau Thora, Ansons Argyris und eine Reihe von Experten und Stabsoffizieren der MAGELLAN zur routinemäßigen Abschlussbesprechung. Der Besuch auf Imart wird als überaus erfolgreich betrachtet. Auch der »Kaiser« ist mit den geschlossenen Handelsverträgen zufrieden. Am folgenden Tag steht der Flug nach Siga auf dem Programm.

Es ist Kommandant Conrad Deringhouse, der zum Abschluss die neusten Nachrichten aus dem Capellasystem präsentiert. Dort scheint es zu Demonstrationen gegen die amtierende Verwaltung zu kommen. Kurz überlegt man, ob man den Terminplan ändern und den Besuch auf Plophos vorziehen soll, entscheidet sich dann aber dagegen.

Die Rundreise des Protektors ist minutiös geplant. Jede Änderung würde erhebliche politische Verwerfungen produzieren – und die Behörden scheinen die Lage auf Plophos unter Kontrolle zu haben.