Im Rückspiegel betrachtet Eine 80er-Jahre-Kolumne von Falk-Ingo Klee

12. Dezember 2017

Neulich las ich auf der PERRY RHODAN-Internet-Seite, dass Thomas Le Blanc in der Edition der Phantastischen Bibliothek ein Taschenbuch mit dem Titel »Die Rückkehr des grünen Kometen« herausgegeben hat. Mit dieser Sammlung von Kurzgeschichten soll Herbert W. Franke die Reverenz erwiesen werden, der in diesem Jahr seinen 90. Geburtstag feiern konnte. 

Herbert W. Franke kenne ich zwar nicht persönlich, aber Thomas Le Blanc. Anfang der 80er-Jahre bekam ich eine Einladung zu einem Treffen von Science-Fiction-Autoren. Ort der Zusammenkunft war Wetzlar. Das ist die Nachbarstadt von Gießen, mit dem Auto quasi ein Katzensprung, also sagte ich zu.

Die Namen der Teilnehmer an dieser Zusammenkunft sagten mir damals ebenso wenig wie der Name des Gastgebers, nämlich Thomas Le Blanc. Das mochte zum einen daran liegen, dass sich mein Science-Fiction-Horizont im Wesentlichen nur zwischen TERRA ASTRA und PERRY RHODAN erstreckte, zum anderen daran, das viele Autoren unter Pseudonym veröffentlichten. Dabei waren sie so kreativ wie bei ihren Geschichten, sprich, sie schrieben teilweise unter einem halben Dutzend Namen oder mehr.

Wenn ich mich recht erinnere, war auch Jürgen Grasmück bei diesem Treffen dabei, der – so habe ich kürzlich in Wikipedia gelesen – allein vierzehn Aliasnamen benutzte. Einer davon war Dan Shocker. Den kannte ich natürlich, weil sich die Gruselromanserie im Heftformat mit anderen Serien wie »Landser«, »Jerry Cotton« und MYTHOR oder Western- und Liebesromanen den gleichen Verkaufsständer mit PERRY RHODAN teilte. Allerdings hielt ich Dan Shocker für ein Gemeinschafts- oder Verlagspseudonym einer Handvoll Autoren und nicht für das einer Einzelperson.

Ich hatte das Wetzlarer Treffen schon fast wieder vergessen, als mich Thomas Le Blanc eines Tages anrief. Mittlerweile wusste ich, dass er Gymnasiallehrer für Mathematik und Physik war, zwei Fächer, deren Musen mich in der Schule nicht geküsst hatten. Seine große Leidenschaft war aber Science Fiction, nicht einfach als Fan, sondern als profunder Kenner und Förderer dieser Materie. Er überraschte mich mit der Frage, ob ich Lust hätte, zwei Kurzgeschichten zu schreiben, die in Anthologien veröffentlicht werden sollten.

Wer den Oberbürgermeister der Stadt Wetzlar dazu bringt, ab 1983 ein Preisgeld von 2500 DM (seit 2002 4000 Euro) aus dem Stadtsäckel für einen Phantastik-Preis abzuzwacken, vermag letztlich auch Autoren zu überzeugen, also sagte ich zu. Ich brachte meine Ideen zu Papier und schickte ihm die Manuskripte. Was dann folgte, war völlig neu und ungewohnt für mich.

Thomas Le Blanc betätigte sich auch als Lektor, aber ganz anders, als ich es von Günter M. Schelwokat, dem Lektor von TERRA ASTRA, ATLAN und PERRY RHODAN kannte. Wenn Thomas Le Blanc anrief, hatte er keinen Duden unter dem Arm, um mir Rechtschreib- oder Tippfehler in die Feder zu diktieren, sondern es ging auf Augenhöhe um die Geschichten selbst.

Er diskutierte mit mir über Details und Formulierungen, wir rangen um Worte, Begriffe und Feinheiten und feilschten um Adjektive und Verben. Es war ein fruchtbarer Prozess von fordern und fördern, der natürlich schmerzhaft war. Mit der Schreibmaschine konnte man nicht einfach wie beim PC Texte löschen, korrigieren und verschieben, sodass es mehrmals hieß: Neuschreiben.

1983 erschienen dann die beiden einzigen bis dato von mir verfassten Kurzgeschichten in Büchern, bei denen Thomas Le Blanc jeweils als Herausgeber fungierte: »Karma« in der Anthologie »Fomalhaut«, erschienen im Goldmann Verlag und »Pest«, veröffentlicht im Band »Noch Leben auf Ka III?«  bei der Franckh'schen Verlagsbuchhandlung. Dabei befand ich mich zwischen diesen Buchdeckeln in Gesellschaft so bekannter Autoren wie beispielsweise Jörg Weigand, William Voltz, Wolfgang E. Hohlbein, Rainer Erler, Horst Pukallus und Ernst Vlcek.

Ein paar Jahre später wurde ich aufgrund des 70. Geburtstags von Walter Ernsting alias Clark Darlton noch einmal rückfällig in Sachen Kurzgeschichte, aber dazu mehr in meiner nächsten Kolumne. 

Als ich später aus Platzgründen meine von Band 500 bis 850 komplette ATLAN-Sammlung abgeben musste, war Thomas Le Blanc ein kompetenter Ansprechpartner. Er hatte den Aufbau einer Phantastischen Bibliothek in Wetzlar nicht nur geplant, sondern auch initiiert und war ein dankbarer Abnehmer für die Spende. Heute ist die Phantastische Bibliothek in Wetzlar mit über 270.000 Titeln die größte öffentlich zugängliche Einrichtung dieser Art weltweit.

Wer also die »neue« Heimat meiner ATLAN-Sammlung mal besichtigen oder sich darüber informieren möchte, findet unter www.phantastik.eu viele interessante Informationen zur Phantastischen Bibliothek in Wetzlar. Da steht aber nicht nur meine ATLAN-Sammlung, sondern die komplette ATLAN-Serie. Und auch die ganze PERRY RHODAN-Serie. In der eigenen Abteilung »Fantasy- und Science-Fiction-Serien«.