Für die Kassettenkinder – Teil eins Eine Kolumne von Olaf Brill über die »Europa«-Hörspiele und ein Buch dazu

3. Juli 2021

Im PERRY RHODAN-Roman »Die Gilde der Kidnapper« (Band 3120, geschrieben von Susan Schwartz), war ein Beitrag von Olaf Brill enthalten – als Teil des aktuellen PERRY RHODAN-Reports. In seinem Artikel blickt der Autor und Redakteur auf die »Europa«-Hörspiele zurück und erzählt von einem neuen Buch.

Wegen seines Umfangs kommt der Text in zwei Teilen: heute Teil eins, morgen der abschließende zweite Teil.

 

Chronik eines Hörspiel-Labels

Es war sofort klar: Dieses Buch musste ich einfach haben!

Wer in den 70er- oder 80er-Jahren aufgewachsen ist, gehört zur Generation der »Kassettenkinder«. Das sind Menschen, die heute im – Verzeihung! – vorgerückten Alter sind. Als sie Kinder waren, lauschten sie jedoch hunderte Stunden lang den Hörspielabenteuern ihrer Weltraum- und Wildwesthelden, Kinderdetektive und Geisterjägern. Auf den Langspielplatten und Tonkassetten prangte nicht selten ein konkav geformter Schriftzug im roten Rechteck: »Europa«.

Befasst man sich also mit dem »erfolgreichsten Hörspiellabel der Welt«, ist diese Tätigkeit also eng verbunden mit der liebevollen Erinnerung an die eigene Kindheit. Viele heute Erwachsene nutzen die alten »Europa«-Hörspiele, um für ein paar Minuten dahin zurückzukehren. Kopfhörer auf, die Augen geschlossen – und da sind sie wieder: die vertrauten Stimmen und Geräuscheffekte, die uns im Kinderzimmer in andere Dimensionen schleuderten.

Die Autoren Frank Boldewin und Wolfram Damerius legen ein prächtiges, großformatiges, kiloschweres und durchgehend farbig illustriertes Buch vor. Es erzählt eine über fünfzigjährige Unternehmensgeschichte minuziös nach, mit vielen Abbildungen der Schallplatten- und Kassettencover, Fotos von den Machern, Höraufnahmen, Preisverleihungen und zeitgenössischer Werbung.

Die »Europa«-Produzentin Heikedine Körting – auch als die »Hörspielkönigin« bekannt – hat die Anregung für das Buch gegeben, dem Projekt ihr Archiv geöffnet, stand für Interviews zur Verfügung und hat ein kleines Vorwort beigesteuert.

Die Autoren legen das Gewicht auf die Abbildungen, die im Verhältnis 3:1 zu den Textbeiträgen stehen. So werden schon beim Blättern Kindheitserinnerungen wach. Das Buch ist aber auch penibel recherchiert. Es geht zurück bis zur Gründung der Plattenfirma Miller International Schallplatten GmbH, noch bevor daraus 1965 das Label »Europa« entsprang.

Kurzbiografien der wichtigsten Köpfe ziehen sich durch das ganze Buch. Nach und nach werden alle »Europa«-Produktionen bis in die Gegenwart vorgestellt.

 

H. G. Francis war allgegenwärtig

Einer der fleißigsten und wichtigsten »Europa«-Autoren war der Hamburger Schriftsteller Hans Gerhard Franciskowsky, der unter dem Pseudonym H. G. Francis ebenso fleißig für die PERRY RHODAN-Serie tätig war (er schrieb über zweihundert Romane, und nochmal fast hundert Bände für ATLAN). Er wird natürlich in einem Kurzporträt gewürdigt und kommt auch sonst im Buch an jeder Ecke vor.

Francis schrieb unter anderem die ersten sechzig Hörspielskripte des wahrscheinlich größten »Europa«-Erfolgs »Die drei ???« (dem im Buch entsprechend viel Platz eingeräumt wird). Daneben adaptierte er Literaturklassiker wie Jules Vernes »20.000 Meilen unter dem Meer« und »In 80 Tagen um die Welt«, die »Rätsel«-Serie nach Enid Blyton, »Hanni und Nanni«, »TKKG«, »Flash Gordon«, »Edgar Wallace«, »Masters of the Universe« und viele andere Vorlagen.

Francis’ Eigenentwicklungen waren die Science-Fiction-Serie »Commander Perkins« – eine Art »PERRY RHODAN für Kinder« – und die »Gruselserie« mit ihren neonfarbenen Titelbildern. Diese wird aktuell fortgesetzt mit neuen Folgen, geschrieben von »Die drei ???«-Autor André Minninger und mit an die damalige Darstellung angelehnten Titelbildern des Illustrators Wolfram Damerius – einem der beiden Buchautoren.

Perry Rhodan 3120: Die Gilde der Kidnapper
Susan Schwartz
PERRY RHODAN DIGITAL
ISBN/EAN: 9783845361208
1,99 €
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