Erinnerung an Johnny Bruck – Teil zwei Eine Kolumne von Falk-Ingo Klee

9. Februar 2020

 (Der ehemalige ATLAN- und Taschenbuchautor Falk-Ingo Klee erinnert in dieser Kolumne an Johnny Bruck, der jahrzehntelang das Gesicht der PERRY RHODAN-Serie prägte. Wegen ihrer Länge kommt die Kolumne in zwei Teilen: gestern Teil eins, heute Teil zwei.)

Es wäre reichlich übertrieben, zu sagen, dass es Johnny Bruck zu verdanken ist, dass sich PERRY RHODAN seit fast 60 Jahren – in Worten sechzig - am Markt behaupten kann und zur größten Weltraumserie der Welt wurde. Seinen Anteil daran hatte er sicherlich ebenso wie die unterschiedlichen Autoren.

Sie erfanden und formulierten Woche für Woche die spannenden Geschichten und aufregenden Abenteuer des unsterblichen Protagonisten, seiner Gefährten und der Menschheit als solches, und Johnny präsentierte mit seinen Titelbildern das passende bunte Schaufenster dazu.

Mit der wachsenden Leserschar wuchs die Fan-Gemeinde von Johnny Bruck, er wurde Kult. Es war daher kein Wunder, dass die Leser nachfragten, als die Titelbilder, die sonst mit seinem Namen signiert waren, von Heft 1362 bis 1369 plötzlich mit »J. Pflasterer« oder »J. Plaster« unterzeichnet wurden.

Nun, es gab keinen neuen Titelbildzeichner. Johnny hatte sich bei einem Unfall die rechte Hand gebrochen. Er setzte mit seiner Arbeit aber nicht aus und schonte sich, sondern malte entgegen ärztlicher Weisung mit der ihm eigenen Schaffenslust trotz der eingegipsten Finger einfach weiter.

Und die Signatur hatte Johnny einfach gewählt, weil das englische Wort »plaster« übersetzt »Gips« heißt. Ja, er war ein bienenfleißiger Zeichner. Zwölf bis vierzehn Titelbilder malte er monatlich. Dazu kam noch einmal die gleiche Anzahl an Innenillustrationen, aber zufrieden war er mit seinen Werken nur selten.

Ich lernte Johnny Bruck beim PERRY RHODAN-WeltCon 1986 in Saarbrücken kennen. Der Verlag hatte für uns Autoren, Künstler und andere Mitwirkende Zimmer in einem Hotel gebucht, das außerhalb des Stadtkerns lag. Ein Charterbus brachte uns dann von dort zur Saarlandhalle. Im äußersten Notfall, so war uns gesagt worden, konnten wir auf Verlagskosten auch ausnahmsweise ein Taxi nehmen.

Warum, weiß ich nicht mehr, jedenfalls verpasste ich den Bus. Das war mir peinlich, denn eigentlich ist Pünktlichkeit für mich selbstverständlich. Während ich mich nach möglichen Leidensgenossen umsah, entdeckte ich Johnny Bruck. Wir waren uns ein paarmal über den Weg gelaufen, und da wir Namensschilder mit dem PERRY RHODAN-Schriftzug trugen, hatten wir uns auch gegrüßt, aber nähere Kontakte gab es nicht.

Johnny war eine beeindruckende Erscheinung, die nicht in ein gängiges Raster passte. In einer Zeit, da ein glattrasiertes Gesicht obligatorisch war, trug er einen auffälligen weißen Vollbart und dazu eine ungewöhnliche doppelschirmige Sherlock-Holmes-Mütze. Ihm war seine Verspätung absolut nicht peinlich. Mit einer beeindruckenden Selbstverständlichkeit bestellte er an der Rezeption ein Taxi und lud mich ein, mitzufahren.

Zum besseren Verständnis muss ich folgendes vorausschicken. Kurt Bernhardt war bis Anfang 1982 Cheflektor beim Heyne-Verlag in München, dem der Moewig-Verlag mit dem Romanheftbereich wie PERRY RHODAN angeschlossen war. Bernhardt behauptete von sich selbst, nicht die blasseste Ahnung von Science Fiction zu haben.

Wir saßen im Taxi hinten, und Johnny plauderte mit mir – natürlich per Du –, als ob wir uns schon ewig kennen würden. So erzählte er mir, dass er Kurt Bernhardt einmal durchs Büro gejagt und geohrfeigt hatte, weil der seine Frau beleidigt hatte. Er erwähnte diese Episode nicht, um damit zu prahlen, dass er so wichtig war, dass man ihn nicht gefeuert hatte (was für mich auf der Hand gelegen hätte), sondern weil er sich nach all den Jahren immer noch ärgerte. Nämlich darüber, dass der Verlag damals sein ohnehin spärliches Honorar, wie er es nannte, nicht nur einfror, sondern selbst dann auf dem niedrigen Niveau hielt, als die Autorenentgelte erhöht wurden.

Ich weiß nicht, wie wir darauf kamen, aber Johnny als bekennender Whisky-Fan (Scotch, nicht Bourbon) erzählte von einem Arztbesuch. Angesichts seiner Leberwerte hatte der Doktor die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und ihm sowie seinem Entgiftungsorgan ein baldiges Ende prophezeit.

Johnny fuhr fort: »Ich habe die Whiskyflasche weggeschlossen, habe meine Leber für vierzehn Tage trocken gelegt und bin wieder zum Doc. Der war angesichts meiner jungfräulichen Leberwerte völlig perplex. Und ich konnte wieder wie gewohnt meinen Whisky trinken.«

Ja, so habe ich Johnny Bruck erlebt. Es war natürlich nur eine relativ kurze Episode, aber mit Johnny wäre ich gerne noch öfters im Taxi gefahren …

Perry Rhodan 1366: Die Freiheit des Bewußtseins
Darlton, Clark
PERRY RHODAN DIGITAL
ISBN/EAN: 9783845313658
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