Erinnerung an Johnny Bruck – Teil eins Eine Kolumne von Falk-Ingo Klee

8. Februar 2020

(Der ehemalige ATLAN- und Taschenbuchautor Falk-Ingo Klee erinnert in dieser Kolumne an Johnny Bruck, der jahrzehntelang das Gesicht der PERRY RHODAN-Serie prägte. Wegen ihrer Länge kommt die Kolumne in zwei Teilen: heute Teil eins, morgen Teil zwei.)

Am 6. Oktober 2020 jährt sich der Todestag von Johnny Bruck zum 25. Mal. Grund genug, an diesen großartigen Künstler zu erinnern, dessen Name so untrennbar mit der PERRY RHODAN-Serie verbunden ist.

Von Beginn an, von 1961 bis 1995, also 34 Jahre lang, schuf Johnny Bruck nicht nur die Titelbilder von PERRY RHODAN, sondern war auch Cover-Illustrator anderer Reihen und Serien wie ATLAN und TERRA ASTRA. Dazu kamen die Innenillustrationen in vielen Einzelbänden. Kein anderer Künstler, kein Autor und kein anderer Mitwirkender an der Serie kommt auf eine so lange Zeit der Mitarbeit.

Johannes Herbert Bruck, besser bekannt als Johnny Bruck, wurde am 22. März 1921 geboren und starb völlig überraschend am 6. Oktober 1995 durch einen Verkehrsunfall. Um Johnny, wie er meist genannt wurde, trauerte nicht nur seine Familie, die der Verlust natürlich am tiefsten traf, sondern auch die Fangemeinde, die Woche für Woche die Romane mit den ebenso ausdrucksstarken wie beeindruckenden Werken auf dem Cover kaufte.

Johnny Bruck wurde aber nicht erst nach seinem Tod zur Ikone, nein, diesen Status hatte er bereits zu Lebzeiten erreicht. Er war durch seine eindrucksvollen Titelbilder zu seinem eigenen Denkmal geworden, denn er vermittelte den Lesern Woche für Woche, was kein Autor schaffte: ein visuelles Science-Fiction-Erlebnis.

All die fremden Welten, die teils exotischen Außerirdischen, die futuristischen Raumschiffe, die in den Romanen beschrieben wurden – das alles brachte Johnny mit gekonntem Pinselstrich virtuos zu Papier, komponierte Phantasie und Vorstellungskraft zu einem kunstvollen optischen Erlebnis.

Als die PERRY RHODAN-Serie im September 1961 startete, war das Umfeld dafür alles andere als gut. Heute wie damals im Heftformat erhältlich (anfangs für 70 Pfennig, also 0,70 DM), gehörten die Romane zu den Druckerzeugnissen, die man abfällig als Groschenheftchen bezeichnete. (Das Zehn-Pfennig-Stück gab es als Münze, umgangssprachlich ein Groschen. PERRY RHODAN kostete seinerzeit also sieben Groschen).

Lehrer, Literaten, Erzieher und Eltern wetterten damals unisono, dass die Groschenromane als Schundliteratur ihre Leser verblöden und verrohen ließen und dem Verfall der Sitten Vorschub leisteten. Und es gab nicht wenige warnende Stimmen, die mahnten, dass der Untergang der Kultur im Lande der Dichter und Denker bevorstand, wenn derartige Hefte nicht verboten würden.

In der Schule standen Goethe und Schiller auf dem Lehrplan, Storm, Fontane und Droste-Hülshoff. Es gehörte zum Lehrstoff, »Die Bürgschaft« und »Die Glocke« auswendig zu lernen. Modernere Lyriker wie Richard Dehmel galten als zu progressiv und auch ein bisschen unanständig, Berthold Brecht wurde im Westen geächtet. Seine Werke huldigten dem Kommunismus, er war der Dichter des Klassenfeinds in der »Ostzone« oder einfach »Zone«, wie die DDR damals von den Westdeutschen genannt wurde.

Dort, wo PERRY RHODAN verkauft wurde, nämlich am Kiosk, war das Umfeld keinesfalls freundlicher – es war ein Haifischbecken, in dem sich die jungfräuliche Serie bewähren musste. Zahlreiche Verlage boten ihre Produkte in Heftform an, und sie bedienten nahezu alle Genres.

Da warb »Der Landser« mit Schwarz-Weiß-Cover und Titeln wie »Auf den Totenfeldern der Normandie« um Leser. »Jerry Cotton«, ebenfalls mit Schwarz-Weiß-Titelblatt, lockte mit reißerischen Aufdrucken wie »Der Tag, an dem der Henker kam« die Käufer. Und der »Silber Western« mit Farbumschlag hatte markige Titel wie »Der Menschenrächer« zu bieten.

Im Arthur Moewig Verlag erschien bereits seit 1957 mit »Terra Utopische Romane« eine SF-Reihe, in der unter anderem Romane von K. H. Scheer, Clark Darlton, Kurt Brand, Hans Kneifel und auch Kurt Mahr erschienen. Die »Utopia Zukunftsromane« aus dem Erich Pabel Verlag gab es schon seit 1953, und hier wurden beispielsweise auch K. H. Scheer und Clark Darlton veröffentlicht.

Und dann wurde vom Arthur Moewig Verlag »Die große Weltraumserie von K. H. Scheer und Clark Darlton« ins Rennen geschickt, mitten hinein in diesen heiß umkämpften Markt. Dort tummelten sich zudem Comics, und eine Serie namens »Nick, Pionier des Weltalls« (als Nachfolgeserie von »Nick, der Weltraumfahrer«) bediente ein ähnliches Klientel schon seit 1958 mit Science Fiction.

Und obwohl die meisten Deutschen damals kein Englisch sprachen, kam PERRY RHODAN Band 1 mit der eher banalen Aussage »Unternehmen Stardust« daher. »Stardust« verstand kaum jemand, und gemessen an den markigen anderen Titeln klang »Unternehmen Stardust« langweilig, ereignislos und uninteressant.

Aber da war ja noch das farbige Titelbild, das Johnny Bruck gezeichnet hatte. Es war beeindruckend, ja geradezu aufregend, es machte neugierig, es war, wie man heute sagen würde, ein Eyecatcher. Die Zeichnung war futuristisch und trotzdem fast fotorealistisch, sie vermittelte Spannung und Abenteuer; alles Attribute, die der Titel vermissen ließ. Es war das Cover, das dazu animierte, das Heft zu kaufen.

Perry Rhodan 1: Unternehmen Stardust
Scheer, K H
PERRY RHODAN DIGITAL
ISBN/EAN: 9783845300009
1,99 €
(inkl. MwSt.)
Download
In den Warenkorb