Erinnerung an Clark Darlton – Teil drei Eine Kolumne von Falk-Ingo Klee

12. März 2020

 

(Der ehemalige ATLAN- und Taschenbuchautor Falk-Ingo Klee erinnert in dieser Kolumne an Walter Ernsting, der als Clark Darlton einer der Gründer der PERRY RHODAN-Serie war. Wegen ihrer Länge kommt die Kolumne in drei Teilen: vorgestern Teil eins, gestern Teil zwei und heute Teil drei.)

 

Zurück zum Bericht Walter Ernstings. Er und Scheer diskutierten über die Handlung in den ersten Bänden, über Raumschiffe, ihre Geschwindigkeit sowie die Waffentechnik. Am dritten Tag ging es dann in die Endrunde. Die zehn geforderten Exposés wurden erstellt und ein ungefährer Ausblick auf die nächsten zwanzig Bände formuliert.

Mit diesen Unterlagen im Gepäck fuhren sie zum Verlag nach München. Bernhardt nahm die Exposés entgegen und legte sie zu dem Stapel von anderen Manuskripten auf seinem Schreibtisch.

»›Gut, ich werde mir das Zeug dann mal durchlesen und euch sagen, was ich davon halte. Aber jetzt fahrt erst mal schön nach Hause und fangt an. Scheer, Sie schreiben den ersten Roman, Ernsting den zweiten, Scheer den dritten und Darlton dann den vierten. Dann sehen wir weiter.‹

Die Namen Ernsting und Darlton hatte er schon immer durcheinandergebracht, dies konnte also kaum als Zeichen von Nervosität gedeutet werden. Außerdem strahlte sein Gesicht richtiges Wohlwollen aus. Schnell nutzte ich seine offensichtlich gute Laune.

›Könnten wir einen Vorschuss auf das Honorar bekommen?‹

Sein Blick sprach Bände.

›Was für ein Honorar? Ist doch noch gar nicht heraus, ob wir die Serie überhaupt starten. Seien Sie nicht so geldgierig, Ernsting!‹«

Ohne Honorar, aber voller Zuversicht, dass es klappen würde, lieferten beide Autoren sechs Wochen später ihre Manuskripte im Verlag ab aber nicht, ohne vorher Kopien ausgetauscht zu haben. Und dann begann eine quälend lange Wartezeit. »Günter Schelwokat«, so schreibt Walter Ernsting, »kannte ich zu wenig, um ihn einfach anzurufen und zu fragen.

Was KHS inzwischen unternahm, entzieht sich meiner Kenntnis, aber wie ich ihn kenne, hat er täglich beim Verlag angerufen und auf den Nerven unseres Herrn Bernhardt Harfe gespielt. Ohne großen Erfolg, denn sonst hätte er mich sicher informiert. Oder vielleicht nicht?«

Die nervenzehrende Warterei überbrückte Walter Ernsting, indem er sich das Exposé für Band 7 vornahm und den Roman in die Schreibmaschine tippte. Dabei war er ziemlich sicher, dass Mahn und Scholz, für die die Bände 5 und 6 reserviert waren, ebenfalls schon zu Werke gingen. Dann endlich meldete sich auch der Verlag.

Ernsting und Scheer wurden nach München zitiert, wo ihnen Kurt Bernhardt in einem chinesischen Restaurant eröffnete, dass entschieden worden war, dass die Serie in Kürze, nämlich im September 1961, mit Band 1 starten würde. Das verband er mit der Bemerkung, dass die PERRY RHODAN-Serie bisher eine seiner besten Ideen gewesen sei.

Es dauerte dann noch zwei Monate, aber, so bemerkte Walter Ernsting: »Wenn ich mich recht erinnere, war Johnny Bruck wohl damals schon der beste Grafiker in Sachen Science Fiction. Und uns allen war klar, die Titelbilder würden darüber mitentscheiden, ob PERRY RHODAN das erste Jahr überlebte.«

Ja, und wie die PERRY RHODAN-Serie überlebt hat. Nächstes Jahr, im September 2021, feiert sie ihren 60. Geburtstag. Walter Ernsting hatte daran einen bedeutenden Anteil, nicht nur, weil er einer der beiden geistigen Väter der Serie war, sondern auch, weil er zu den fleißigsten Autoren gehörte. Er schrieb 192 Romane, bevor er 1992 mit Band 1622 seine letzte PERRY RHODAN-Story verfasste. K. H. Scheer, der die Exposés konzipierte, kam lediglich auf 76 Bände. Die meisten PERRY RHODAN-Romane schrieb bis heute Klaus Mahn mit 252,5, ebenfalls ein Autor der ersten Stunde.

Ich lernte Walter Ernsting 1986 beim WeltCon in Saarbrücken kennen. Er gehörte dort – wen wundert‘s - zur Whisky-Fraktion. Bourbon war es aber längst nicht mehr. Walter war 1981 in ein kleines Örtchen in der Republik Irland übergesiedelt und bevorzugte jetzt Irish Whiskey. Wie Klaus Mahn später mal verriet, kannte er sogar die Marke: Bushmill. Und er wusste auch, dass Walter nie verreiste, ohne einen ansehnlichen Vorrat davon mitzuführen.

Ob Walter damals in Saarbrücken mit einer Reisetasche mit integriertem Barfach angereist war oder mit einem eingebautem Whiskeyflaschen-Safe im Koffer, weiß ich nicht, denn als Walter im Hotel ein- und auscheckte, war ich leider nicht dabei.

Nach seinem Tod wurde ein Asteroid nach ihm benannt (15265 Ernsting). Viel besser in Erinnerung wird Walter Ernsting oder besser Clark Darlton den PERRY RHODAN-Fans natürlich dadurch bleiben, dass er es zusammen mit K. H. Scheer war, der mit dem Protagonisten Perry Rhodan den Grundstein für die erfolgreichste Science-Fiction-Serie der Welt gelegt hat.

Aber auch ein Gefährte Perry Rhodan ist untrennbar mit seinem Namen verbunden: Gucky Zwar hat er den Mausbiber nicht erfunden (das war Scheer), aber er hat ihn mit Leben erfüllt und zu einer ebenso sympathischen wie unentbehrlichen Figur der PERRY RHODAN-Serie aufgebaut.

Übrigens: Der Name Perry Rhodan beruht auf einem Vorschlag von Ernsting und Darlton, um es mit Kurt Bernhardt zu sagen …