Die letzte Bestellung – Teil eins Eine Kolumne von Falk-Ingo Klee

5. Januar 2020

(Der ehemalige ATLAN- und Taschenbuchautor Falk-Ingo Klee erinnert in dieser Kolumne an den PERRY RHODAN-WeltCon im Jahr 1986. Wegen ihrer Länge kommt die Kolumne in zwei Teilen: heute Teil eins, morgen Teil zwei.)

Der PERRY RHODAN-WeltCon in Saarbrücken warf schon lange vor Beginn im September 1986 seine Schatten voraus. Ich wurde zum ersten (und auch zum einzigen Mal) offiziell als Autor zu einer solchen Veranstaltung eingeladen. Mit diesem Event in der Saarlandhalle wollte der Verlag zusammen mit Fans und Aktiven wie Autoren, Zeichnern, anderen Künstlern und auch Mitarbeitern das 25-jährige Bestehen der PERRY RHODAN-Serie feiern.

Es überraschte mich, dass der Pabel Moewig Verlag ein Foto von mir haben wollte, um Autogrammkarten zu drucken. Um dem möglichst schnell nachzukommen, bat ich einen Kollegen, mich in der Firma in meinem Büro zu fotografieren. Er war begeisterter Hobbyfotograf und mit einer Kamera ausgestattet, die auch einem Profi zur Ehre gereicht hätte.

Natürlich funktionierten Fotoapparate damals nicht digital, sondern nur mit einem eingelegten Rollfilm, der nach dem Fotografieren noch entwickelt werden musste. Von diesem Negativ wurden Abzüge, also Fotos gemacht und erst dann sah man, ob das Bild etwas geworden war. Dass mal einscannen und mailen so etwas wie Standard werden könnte, das wäre damals weder mir noch meinen anderen Kollegen von der Science-Fiction-Zunft selbst in unseren kühnsten Träumen nicht eingefallen. Die Realität seinerzeit war, dass das Foto per Brief nach Rastatt geschickt wurde.

Ein paar Wochen später erhielt ich vom Verlag ein Päckchen mit den besagten Autogrammkarten. Zu meinem Erstaunen waren die – obwohl ich ATLAN-Autor war – mit PERRY RHODAN überschrieben. Ich hatte schon damals beruflich auch mit Werbung und Anzeigen zu tun und wusste, dass ein einheitlicher Rahmen, in den nur noch ein Foto und ein Name eingedruckt werden mussten, preiswerter und weniger aufwendig war als diverse Reprovorlagen. Ein bisschen stolz machte es mich allerdings schon.

Ich muss dazu sagen, dass es in dieser Hinsicht unter den Autorenkollegen keinerlei Dünkel gab und es keine Rolle spielte, wer wo was verfasste. Im Gegenteil, selbst die altgedienten PERRY RHODAN-Autoren schrieben bei ATLAN mit. Ich glaube Walter Ernsting (Clark Darlton) war der einzige, der keine Romane für andere Serien außer PERRY RHODAN verfasste.

Zum WeltCon in Saarbrücken war sogar Kurt Brand eingeladen worden. Er gehörte wie die beiden PERRY RHODAN-Schöpfer Karl Herbert Scheer und Walter Ernsting zu den Vorreitern der Science-Fiction im Nachkriegsdeutschland. Mit Band 34 war Brand 1962 in die PERRY RHODAN-Serie eingestiegen, bereits drei Jahre später beendete er mit Heft 208 die Zusammenarbeit.

Im 1986 erschienenen Werkstattband »Die ersten 25 Jahre« kam Kurt Brand zu Wort, und er nannte »Knatsch«, aus dem Ärger erwuchs, als Grund für sein Ausscheiden. Natürlich kannte ich Kurt Brand namentlich und hatte seine PERRY RHODAN-Romane gelesen. Und sogar ein paar Hefte der »Ren Dhark«-Serie, die er in Konkurrenz zu PERRY RHODAN 1966 beim Martin Kelter Verlag aus der Taufe gehoben hatte.

Mit Band 98 erschien 1969 der letzte »Ren Dhark«-Roman, dann wurde die Reihe eingestellt. Kurt Brand verfasste nicht nur die Exposés, sondern schrieb auch die meisten Abenteuer selbst (mehr Infos zu Kurt Brand und seinem umfangreichen Werk stehen in der Perrypedia und bei Wikipedia).

Kurt Brand kam mit seiner Frau zum WeltCon, und beide trugen Trachten ihrer Wahlheimat Südtirol. Ich unterhielt mich zusammen mit anderen Autorenkollegen ganz nett mit ihm, von Ärger auch seinen alten Mitstreitern von damals gegenüber keine Spur.

Wie Horst Hoffmann als Redakteur im besagten Werkstattband berichtete, hatte Kurt Brand sogar die PERRY RHODAN-Redaktion in Rastatt just zu der Zeit besucht, als sein Bericht für den Werkstattband bearbeitet wurde. Die Information in der Perrypedia, dass sich Kurt Brand erst 1991 mit dem PERRY RHODAN-Team versöhnte, ist also nicht zutreffend.