Die Himalaya-Bombe – Teil 2 Werkstattbericht von Rüdiger Schäfer

9. September 2020

Schnell merkte ich, dass dieser Roman nicht nur inhaltlich und stilistisch anders war als alles, was ich bisher für die Serie geschrieben hatte. Ja, Hannah lebt im Jahr 2090, also in der aktuellen Handlungsgegenwart. Allerdings ist sie eine ganz gewöhnliche Frau im besten Alter, die ihr Leben lebt und über all die kosmischen Verwicklungen, in die sich unsere Helden alle zwei Wochen stürzen, nur sehr wenig weiß.

Sie hat die Erde noch nie verlassen – wie Milliarden anderer Menschen auch. Sie hat noch nie einen Antigravschacht benutzt. Und Terrania hat sie bislang nur im Trivid gesehen.

Genau das ist es, was man als Leser naturgemäß gerne vergisst: Die Autoren nehmen uns mit auf die abenteuerlichen Reisen von Perry Rhodan, Thora, Gucky und all den anderen Figuren. Diese bewegen sich in einer futuristischen Welt, sind mit Raumschiffen unterwegs und besuchen die exotischsten Schauplätze. Dass die überwiegende Mehrheit der auf der Erde lebenden Menschen von solchen Dingen nur träumen kann oder aus den Nachrichten erfährt, gerät da schnell aus dem Fokus.

Die NEO-Erde des ausgehenden 21. Jahrhunderts ist nämlich keineswegs das hochtechnisierte Utopia, das man aus der Erstauflage kennt, sondern eine Welt mit nach wie vor vielen Problemen und politischen Konflikten. Ein Ort, der sich bei näherem Hinsehen gar nicht so sehr von unserer Gegenwart unterscheidet …

Der Rechercheaufwand – vor allem zu Beginn – war immens. Wie hoch war der Stardust Tower noch mal? Was hatten wir bislang über den Chinesischen Block geschrieben? Wie sahen Stella Michelsen, Maui John Ngata oder Farouq Rhodan nochmal im Detail aus? Für Hannah Stein sind ja fast alle Elemente neu und unbekannt, müssen also aus ihrer Sicht beschrieben werden.

Allein der Flug von Köln nach Terrania – für sie eine Weltreise und ein unglaubliches Abenteuer. Und das an Bord einer Space-Disk … eines Raumschiffs! Die erste Begegnung mit Protektor Reginald Bull – eine weltbekannte Persönlichkeit, die sie bislang nur in den Nachrichten gesehen hat! Peking, die Verbotene Stadt, die Große Halle des Volkes, der Präsident des Chinesischen Blocks, der Himalaya und dann …

Nach meiner kurzen Corona-Krise mit NEO 229 flossen die Kapitel diesmal nur so aus mir heraus. Vor allem die Beziehung zwischen Hannah und Thomas entwickelte sich nach meiner eigenen Einschätzung vielversprechend. Natürlich durfte zwischen den beiden nichts passieren, denn da gibt es ja noch eine gewisse Jessica Tekener, die zwar aktuell als tot gilt, aber dennoch immer noch großen Raum in Toms Denken einnimmt.

Außerdem war für Hannah ganz eindeutig nur ein Soloauftritt vorgesehen. Ein grandioser Soloauftritt, ganz ohne Frage, aber eben doch nur ein Soloauftritt. Trotzdem war ich überrascht, wie wunderbar die beiden Figuren miteinander harmonierten.

Wer mich etwas besser kennt, der weiß, dass ich mich in meinen Romanen sehr viel lieber mit Personen beschäftige als mit Raumschiffen und deren Technik. Ich liebe Menschen und ihre vielfältigen Interaktionen. Wie sie miteinander umgehen, sich gegenseitig beeinflussen, sich entwickeln und verändern.

Und ich genieße es, mit der Schilderung ihres Verhaltens und ihrer Dialoge untereinander Emotionen zu erzeugen. Wenn zum Beispiel der emotional geschilderte Tod eines Conrad Deringhouse den ein oder anderen Leser zu Tränen rührt, macht mich das wirklich stolz und glücklich.

Hannah und Thomas wurden für mich sehr schnell zum literarischen Traumpaar. Ihre gegenseitige Zuneigung, ihr Respekt vor dem jeweils anderen, die im Hintergrund leise knisternde Erotik, die jedoch nie zum Tragen kommt – das alles hat sich auf jeder Seite gut und richtig angefühlt. Zeitweise hatte ich gar nicht mehr das Gefühl, einen PR-Roman zu schreiben. Und das wertete ich als gutes Zeichen.

Mitte Juni setzte ich schließlich das Wort »ENDE« unter das Manuskript. Ein bisschen traurig war ich schon, denn das nächste Exposé sah mit Band 239 wieder ein Staffelende vor, also jede Menge kosmische Zusammenhänge und Auflösungen. Aber ich war auch froh, denn ich hatte ein echt gutes Gefühl. Das hat nicht unbedingt etwas zu sagen, wenn es um die Einschätzungen eines Klaus N. Frick geht, ist aber zumindest ein erster Indikator. Das Privileg der Erstlektüre genoss ohnehin ein ganz anderer: mein Freund und Mitexpokrat Rainer Schorm.

Und der zeigte sich zu meiner großen Freude sehr zufrieden. Wie schon zuvor mit Michael H. Buchholz habe ich auch mit Rainer eine Art imaginäre Übereinkunft geschlossen. Wir dürfen uns alles sagen. Wenn uns das Geschreibsel des jeweils anderen nicht gefällt, sprechen wir das offen und ehrlich aus. Niemand fühlt sich deshalb beleidigt. Das ist in unserem Job verboten.

Wir wissen, was wir können – wir wissen aber ebenso, dass ein guter Text durch klares und kritisches Feedback stets noch besser werden kann. Von einem professionellen Lektorat gar nicht erst zu reden …

Also überarbeitete ich alles noch einmal, berücksichtigte Rainers Kommentare und Anmerkungen, und schickte das Ergebnis schließlich »raus an Klaus«, wie wir intern gern zu flachsen pflegen …

Zwei Wochen später (wie immer war die Leseliste des Chefredakteurs lang, und mein Roman würde ja erst Anfang September erscheinen) die finale Erleichterung: Auch Klaus war mit meiner Arbeit einverstanden! »Der Roman ist grundsätzlich genauso geworden, wie ich mir das vorgestellt habe, schrieb er mir. Er ist unterhaltsam, Hannah ist eine weitestgehend glaubhafte Figur, und die Beschreibungen von Terrania und Köln sind sehr gut geworden, finde ich.« Zu dieser Zeit steckte ich schon wieder mitten in der Arbeit an NEO 239. Gefreut habe ich mich trotzdem sehr.

Alles weitere liegt nicht mehr in meiner Hand. Gegen den größten und wichtigsten Kritiker ist nämlich jeder Autor machtlos: die Leser.

Ich finde es großartig, dass man ein Experiment wie »Die Himalaya-Bombe« in einer Serie wie PERRY RHODAN NEO wagen kann. Wie ich überhaupt die konzeptionellen und schriftstellerischen Freiheiten dort immer wieder aufs Neue genieße. Und wenn der Roman nun auch noch den ein oder anderen Neuleser ködert, wäre das natürlich toll.

Falls ihr also wie ich ebenfalls Freunde habt, die sich der größten Science-Fiction-Serie der Welt bislang erfolgreich verweigert haben: Hier ist eure Chance! Schenkt ihnen NEO 234 – und schreibt mir unbedingt, ob es geklappt hat!

Zum Schluss noch eine Anmerkung zur Schreibweise des Begriffs »Himalaya«. Wir sind uns durchaus bewusst, dass der DUDEN die Schreibung mit »j« – also »Himalaja« – empfiehlt. Dass wir uns trotzdem anders entschieden haben, liegt an der schlichten Tatsache, dass die Variante mit »y« im Netz massiv überwiegt. Googelt einfach mal nach beiden Versionen. Ihr werdet überrascht sein …

 

Perry Rhodan Neo 234: Die Himalaya-Bombe
Rüdiger Schäfer
PERRY RHODAN DIGITAL
ISBN/EAN: 9783845354347
3,49 €
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Perry Rhodan Neo 234: Die Himalaya-Bombe
Rüdiger Schäfer
Pabel Moewig Verlag KG
ISBN/EAN: 9999900005912