Die Autorinnen bei PERRY RHODAN – Teil zwei Eine Kolumne von Susan Schwartz über weibliche Charaktere

23. Dezember 2021

Susan Schwartz verfasste den Roman mit dem Titel »Im ewigen Krieg« und der Bandnummer 3144, der im November 2021 erschien; die Autorin war auch mit einem Artikel im Innenteil des Romans vertreten. Ihr Artikel beschäftigte sich mit den Autorinnen bei PERRY RHODAN und zählte zum PERRY RHODAN-Report.

Weil er so interessant ist, dokumentieren wir diesen Beitrag an dieser Stelle. Wegen seines Umfangs bringen wir ihn in zwei Teilen: Gestern kam der erste, heute folgt der zweite Teil.

 

Eine Frauenfigur zu entwerfen
Trotz – oder eher gerade wegen – Figuren wie Thora und Mory Abro oder der legendären Mirona Thetin, sah Marianne Sydow sich genötigt, in den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts einen Leserbrief zu schreiben, in dem sie die fortgesetzt stereotype Darstellung der Frauen kritisierte. Da sie sich im Verlag schon Verdienste erworben hatte, beauftragte Cheflektor Kurt Bernhardt sie damit, eine Frauenfigur zu entwerfen. Man war also durchaus nicht gegen Frauen, es hatte sich anscheinend nur nie ergeben, mal eine zu fragen, ob sie mitmachen möchte. Sydow schuf Jennifer Thyron, bekam ihre Chance und lieferte mit ihrem Debüt in Band 795 den ersten von einer Autorin verfassten Roman ab.

Zwischen 1976 und 1992 befand sich Sydow als einzige Frau im Team. Die Zeiten waren nicht einfach. Immer wieder musste sie sich behaupten und wurde sie in Frage gestellt.

Mir stellt sich dabei eine andere Frage: Weshalb gab es in diesen sechzehn Jahren nie eine zweite Frau, wenn man doch gar nicht so strikt dagegen war? Denn gerade in den Achtzigerjahren wuchsen weibliche Talente heran, die neue Facetten in die Science Fiction brachten.

Beinahe hätte es ab 1992 zwei Frauen im Team gegeben, jedoch stieg Marianne Sydow, nach länger vorausgegangenen und mittlerweile erheblichen Differenzen, nach 16 Jahren und 61 PERRY RHODAN-Romanen aus. Düstere Vorzeichen für jene neue Autorin, die im Frühjahr 1992 zu ihrer ersten Autorenkonferenz nach Rastatt berufen wurde.

Ich wusste zu dem Zeitpunkt allerdings nicht, dass das Autorenteam keinerlei Information über meinen Einstieg und Anwesenheit erhalten hatte. So verunsicherten mich die verwirrten Gesichter, als ich forsch mitteilte: »Hi, ich bin die Neue«. Keine sehr schöne Situation für beide Seiten zum Einstieg.

Die meisten aber fingen sich schnell: »Na gut, dann ist eben wieder eine Frau dabei, ist bestimmt gar nicht so schlecht, frisches und junges Blut.« Gewiss dachte der eine oder andere bei sich: »Kann die das auch? Schließlich kommt die überhaupt nicht aus dem Heftromanbereich.« Das stimmte!

Bis dahin hatte ich nur eigene Veröffentlichungen und im Januar davor mein erstes PERRY RHODAN-Taschenbuch abgeliefert. Vom Arbeiten nach Exposés, den Regeln und dem aktuellen Stand der Serie hatte ich nicht die geringste Ahnung. Aber ich nahm die Herausforderung an, mich als Frau zu behaupten.

Ich will am Rand bemerken, dass mich von allen Kollegen nur ein einziger bis zu seinem Tod gewissermaßen ignorierte, und das war Peter Griese. Warum, weiß ich nicht. Ich glaube, wir haben in den wenigen Jahren der Zusammenarbeit nicht mehr als zehn Worte miteinander gewechselt. Zu den anderen aber entwickelte sich rasch ein gutes bis sogar freundschaftliches Verhältnis, einige hatte ich ja schon vorher gekannt. Mit Ernst Vlcek war ich schon seit langem befreundet.

War es trotz der freundlichen Aufnahme leicht? Nein. Der allgemeine Ton war damals sehr ruppig, die Konferenzen waren keineswegs konfliktfrei. Als einzige Frau in der Herrenriege, einschließlich des Chefredakteurs und des Lektors, hatte ich jedoch nicht vor, mich einzufügen und an diesen Umgang anzupassen.

Ich schrieb anders als die anderen, ich dachte anders als die anderen, ich setzte andere Prioritäten als die anderen, und ich wollte auch einen anderen Ablauf für die Konferenzen. Dadurch eckte ich schon mal gegenüber neuen Kollegen an, deren Umgangsformen ich offen kritisierte. Manchmal hatte ich das Gefühl, gegen Wände zu laufen.

Natürlich gab es unbewusste und unbedachte chauvinistische Bemerkungen. Damals war das einfach noch so. Mir fiel es oftmals gar nicht auf, weil ich selbst einen patriarchalischen Vater gehabt hatte und mit Mädchen-Benimm-Büchern und Verhaltensregeln gegenüber Männern erzogen worden war. Nicht immer, aber manchmal, schwieg ich dazu einfach nur, weil man mir nicht nur einmal von diversen Seiten vorwarf, ich solle nicht so empfindlich reagieren oder gar öffentlich falsches Verhalten gegenüber Frauen kritisieren. Das Gefüge war sehr starr und trug teilweise noch den Muff der 1960er mit sich.

Das änderte sich erst, als eine neue Generation Autoren das Team bildete. Seit 2013 gibt es zwei Autorinnen im Team, die zudem mit anderen Aufgaben wie der Leserkontaktseite und den Risszeichnungen betraut wurden. Nach meiner Rückkehr 2017 sind es derzeit also drei Frauen. Die regelmäßig im Heft erscheinende Rubrik FanSzene wird ebenfalls von einer Frau betreut.

Was zudem sehr positiv ist: In den Miniserien und sonstigen Spin-Offs kommen seit Jahren weitere Autorinnen zum Zuge, die die Serie in die Zukunft führen. Ich sehe das als Erschließung neuer Zielgruppen und dadurch Sicherung des Fortbestands.

Sind Frauen bei PERRY RHODAN im Jahr 2021 also selbstverständlich geworden? Aber gewiss!

Perry Rhodan 3144: Im ewigen Krieg
Susan Schwartz
PERRY RHODAN DIGITAL
ISBN/EAN: 9783845361444
1,99 €
(inkl. MwSt.)
Download
In den Warenkorb
Perry Rhodan 3144: Im ewigen Krieg
Susan Schwartz
Pabel Moewig Verlag KG
ISBN/EAN: 9999900006605