»Wie eine zweite Liebe« Eine Kolumne von Hermann Ritter

20. Juli 2015

PERRY RHODAN NEO ist für mich eine Art zweite Liebe. Heute noch erinnere ich mich an PERRY RHODAN als meine erste Liebe, was Heftromane betraf. Ich habe nachher viele andere Serien versucht, aber bis auf eine Ausnahme (»Erde 2000« – und das kann man heute vielleicht als Jugendsünde verstehen) bin ich nirgends so kleben geblieben wie bei PERRY.

Ich muss sechs oder sieben Jahre alt gewesen sein, als ich mit meiner Mutter und meinem kleinen Bruder Urlaub am Mondsee machte. Mein Vater konnte damals nicht mitfahren. Aber er hatte für jeden Tag einen Umschlag mit Münzgeld vorbereitet – alles Ausbeute seiner geschäftlichen Auslandsreisen. Jeden Tag erhielten wir zwei einen anderen Umschlag mit anderen Münzen.

Und so marschierten wir brav jeden Tag mit Mama auf die Bank, um unsere Reichtümer umzutauschen. Manchmal war es einfach nur deutsches Geld, das wir in Schillinge tauschten. Es waren aber an manchen Tagen jugoslawische Münzen, chinesische Geldscheine, Dollar und Cents, eine Pfundnote, ein wenig Kleinkram und diverse andere Währungen, die wir umtauschen konnten.

Mit dem Geld zogen wir im Schwimmbad an den Kiosk. Oft war nach einem Eis noch genug Geld übrig, um stöbern zu gehen. Da gab es unter dem Tisch einen Kasten mit PERRY RHODAN-Comics. Die kaufte ich dann. Und verschlang sie begeistert, wobei die üppigen, erotisierenden Illustrationen damals an mir vorbeigingen – aber die Mutanten und Außerirdischen fesselten mich.

Wenige Jahre später verbrachte ich die Urlaube prinzipiell im Garten meiner Großmutter, bei schönem sommerlichem Wetter in der Hängematte liegend. Links war der Stapel mit den ungelesenen Heftromanen, rechts der Stapel mit den gelesenen. So fräste ich mich auf der Straße nach Andromeda vorwärts, um viel später und viel älter bei den Betschiden anzukommen.

Schriftstellerisch bekam ich bei PERRY RHODAN keinen Fuß auf den Boden. Humoristisch erklärte ich das immer damit, dass meine erste verkaufte Kurzgeschichte in der dritten Auflage von REN DHARK erschienen war – einem klaren Konkurrenzprodukt. In Wirklichkeit war es so, dass Klaus N. Frick und ich unsere Freundschaft nicht dadurch auf die Probe stellen wollten, dass er meine Romane redigieren (und ich seine Vorgaben auseinandernehmen) müsste.

Ach, damals waren wir so. Ich schrieb dann mehr aus Verlegenheit eine STELLARIS-Kurzgeschichte, es folgten zwei Heftromane für PERRY RHODAN-Action und eine Pause, denn es gab einfach keine Angebote.

Nein, ganz so war es nicht. Ich habe brav für »den Verlag aus Rastatt« gearbeitet, aber eben nicht als Schriftsteller.

Dann kam PERRY RHODAN NEO. Die Idee gefiel mir von Anfang an gut – und nicht nur, weil ich als alter DC-Comic-Fan die »Crisis on Infinite Earths« lesend mitverfolgt hatte und den Neustart vieler Serien sehr gut gemacht fand. Nein, NEO war eine coole Idee und schön gemacht. So stieg ich früh ein (NEO 13) und verfasste immerhin vier Prozent der ersten hundert Romane. Damit wäre ich zwar von den Prozentwerten nicht in den Bundestag eingezogen, aber ich hätte es in das Europäische Parlament geschafft.

Was kann man über NEO sagen? Du bist eine verdammt coole Sau. Viele Ideen, viele Entwürfe sind wirklich mutig. Jetzt bleibt abzuwarten, ob du dich am Markt durchsetzt. Aber selbst wenn NEO bei Band 100 eingestellt worden wäre – damit hättest du bekannte deutsche Science Fiction-Serien nummernmäßig hinter dir gelassen. Du hättest gezeigt, dass ein »Relaunch« (schlimmes Wort) funktioniert. Und ja, du hättest vielen Lesern schöne Stunden beschert. Mir ja.

Und ja, ich will es nicht damit enden lassen. Man wird sehen ...

Hermann Ritter